Wie
viele Mitarbeiter gehen morgens hochmotiviert zur Arbeit? Gehören Sie dazu? Gehen
Sie jeden Morgen motiviert durch die Tür Ihres Unternehmens und freuen sich
darauf, das zu tun, was an Ihrem Arbeitsplatz auf Sie wartet? Motivation ist
ein Thema, das immer wieder auf den Tischen der Personalabteilungen,
Vorgesetzten und Mitarbeiter landet, denn oftmals fehlt es an Motivation. Ist
die Mission, durchweg für zufriedene und motivierte Mitarbeiter zu sorgen, gar
ein Hirngespinst? Ist es eine unmögliche Mission?
Was
ist denn Motivation überhaupt? Laut Wikipedia bezeichnet Motivation „das auf emotionaler und neuronaler
Aktivität (Aktivierung) beruhende Streben des Menschen nach
Zielen oder wünschenswerten Zielobjekten. Motivation steigert die Handlungsbereitschaft und ist somit eine
„Triebkraft“ für Verhalten.“ Aha. Soweit die offizielle
Definition.
Da
könnte man ja meinen, das in einem Unternehmen nur genug Anreize geschafft
werden müssten, um die Motivation der Mitarbeiter und damit die Leistungsbereitschaft
hoch zu halten. Nur funktioniert das irgendwie nicht so ganz. Wie sonst ließe
es sich erklären, dass Unternehmen, die ihren Mitarbeitern ausgezeichnete
Sozialpakete inklusive großartiger Gehälter anbieten, nur bedingt dauerhaft motivierte
Mitarbeiter haben?
Es
könnte an dem hierarchischen Denken unserer modernen Gesellschaft liegen. Daran,
dass die Menschen nach Zielen oder Dingen streben, die der Norm unserer
Gesellschaft entsprechen: Geld, Anerkennung, Macht, Prestige (mein Haus, mein
Auto, meine Jacht).
In
Unternehmen geht Motivation sehr oft einher mit Manipulation. Sie kennen das
Bild vom Hasen, dem die Karotte an einer Angelschnur vor die Nase gehalten
wird, damit er rennt. Doch er sieht die Karotte nur, ohne sie tatsächlich zu
erreichen. Wäre keine Karotte sichtbar, würde er nicht rennen. In Unternehmen
ist es nicht anders. Die vielen „Goodies“, die Annehmlichkeiten, die
Mitarbeiter erhalten, sind nichts anderes als eine Manipulation, damit die
Mitarbeiter überhaupt den Job machen. Angefangen beim Gehalt, über großzügige
Fortbildungsmaßnahmen, Firmenwägen, Kinderbetreuung, bis hin zu gesponsorten Abteilungs-
oder Firmenausflügen während der Arbeitszeit. Der Vielfalt der Motivationsfaktoren
sind keine Grenzen gesetzt.
Diese
Goodies werden oftmals schon als selbstverständlich von den Mitarbeitern angesehen,
ja sie gehören regelrecht zur „Verhandlungsmasse“, bevor der Mitarbeiter sich
überhaupt für ein Unternehmen entscheidet. Die spannende Frage lautet daher
also: Wie viele Mitarbeiter würden dem Job, den sie heute machen, auch morgen
noch nachgehen, wenn diese Motivationsfaktoren wegfielen? Wer würde tatsächlich
seinen Job weiter ausführen, wenn er nur noch die Hälfte des Gehaltes bekäme
und die Urlaubstage auf 10 schrumpfen würden? Autsch…diese Frage tut weh, denn
plötzlich wird offensichtlich, dass noch eine andere Komponente ins Spiel
kommt.
Dauerhafte
Motivation kann nicht allein durch externe, in Aussicht gestellte Faktoren
hervorgelockt werden. Oder wieso, denken Sie, sind zahlreiche wohlhabende und
anerkannte Menschen, die scheinbar alles erreicht haben, trotzdem depressiv,
unglücklich oder gelangweilt?
Wie
die offizielle Definition sagt, ist Motivation das Streben des Menschen nach
Zielen oder wünschenswerten Zielobjekten. Hierbei gibt es jedoch einen großen
Unterschied, ob es Ego-gesteuerte Ziele sind, oder solche die von Herzen
kommen. Ego-gesteuerte Ziele führen nur temporär zur Motivation. Das Ego meint,
etwas erreichen oder besitzen zu „müssen“. Sie haben vielleicht schon Menschen
sagen hören „Wenn ich das erst erreicht
habe, dann bin ich zufrieden und glücklich“ oder „Wenn ich die Position habe,
dann habe ich mein Ziel erreicht“. Doch diese Ego-gesteuerte Motivation verhält
sich genauso, wie das emotional getriebene Shopping-Syndrom. Kennen Sie das?
Sie hatten einen stressigen Tag, oder sind nicht so gut drauf und versuchen
sich zu aufzuheitern oder abzulenken, indem Sie sich sagen „ich gönne mir etwas“.
Daraufhin gehen Sie shoppen, kaufen eine Hose, Bluse, Handy, oder sonst etwas,
von dem Ihr Ego meint, dass es schön wäre zu haben. In dem Moment, wo Sie es
kaufen, freuen Sie sich. Ihre Laune ist kurzfristig oben. Alles ist gut. Doch
kaum sind sie zuhause, wird das Objekt der Begierde zur Gewohnheit. Sie haben
es ja. Die Motivation sinkt wieder.
Anders
ist es bei Zielen, die aus einer tiefer liegenden Quelle gespeist werden. Nicht
von dem Verstand, nicht von dem Ego, nicht von dem Gedanken „Schneller, weiter,
höher, noch mehr“. Die Quelle dieser Ziele heißt „Inspiration“. Da wo
Inspiration ist, passiert Motivation von alleine. Da rennt der Hase von selbst,
ohne dass er eine Möhre vor der Nase baumeln hat. Motivation steigert die
Handlungsbereitschaft? Bei Inspiration handeln Sie einfach, da muss nichts
gesteigert werden, weil Sie für etwas brennen. Wenn Sie inspiriert sind, haben
Sie Ideen, sind im Fluss und haben eine Grundfreude an dem, was Sie tun, selbst
wenn es zwischendrin einmal eine Aufgabe zu erledigen gibt, die nicht so
spannend ist.
Doch
Inspiration ist in der Arbeitswelt leider nicht Standard. Die meisten arbeiten
heute für ein Unternehmen, weil sie sich der Illusion von Sicherheit hingeben.
Für ein „gutes“, stabiles Unternehmen zu arbeiten, das am Markt etabliert ist
und auch noch zahlreiche soziale Annehmlichkeiten bietet, wird als sicher
eingestuft. Der Mitarbeiter fühlt sich sicher, weil er jeden Monat sein Gehalt
bekommt und ihm ja scheinbar nichts passieren kann, solange er einen
einigermaßen guten Job macht. Doch genau das ist die Krux. Die Motivation, für
das Unternehmen zu arbeiten, basiert in dem Fall auf einer Illusion, auf dem
Schein der Sicherheit. Darauf, dass „man einen sicheren Job hat“. Nur ehrlich,
was ist heutzutage schon sicher? Schauen Sie sich große, scheinbar stabile
Konzerne an, die plötzlich ganze Standorte schließen. Es gibt keine Sicherheit.
Die einzige Sicherheit, die es im Leben gibt, ist, dass wir alle irgendwann
einmal sterben. That’s it. Das ist die einzige Sicherheit, die wir haben. Doch
das Streben nach Sicherheit – und damit sind wir wieder beim Streben – ist interessanterweise
der Motivator Nummer eins. Die Mitarbeiter wollen es gut, bequem und sicher
haben im Leben. Deswegen sind auch Change Management Prozesse immer so
nerven-aufreibend, denn – Oh Schreck – plötzlich gerät die vermeintliche
Sicherheit ins Wanken.
Hinter
dem Streben nach Sicherheit steckt schlicht und ergreifend Angst. Angst ums
nackte Überleben. Die Annehmlichkeiten, die in Unternehmen als
Motivationsfaktoren angeboten werden, spielen also maßgeblich mit dem Faktor
„Sicherheit“ bzw. nutzen die unbewusste Angst der Mitarbeiter, um sie zu
manipulieren.
Wie
wäre es, wenn ein anderes Spiel gespielt würde? Wenn es nur noch inspirierte
Mitarbeiter gäbe, die freiwillig für ein Unternehmen arbeiten und nicht weil am
Ende des Monats ein schickes Gehalt rauspurzelt oder sie in der Hierarchie
weiterkommen? Wie schafft es ein Unternehmen, die Inspiration seiner
Mitarbeiter zu wecken bzw. zu fördern?
Inspiration
kommt von „lat. inspiratio =
Beseelung, Einhauchen von „spiritus“ = Leben, Seele, Geist“ (Definition
Wikipedia). Ein inspirierter Mitarbeiter ist also eine Person, der Leben
eingehaucht wird oder – in unternehmens-deutsch gesprochen - die von der
Unternehmensvision begeistert bzw. beseelt ist, diese mitträgt und lebendig bei
der Sache ist. Gefährliche Frage: Wie viele Leute, insbesondere in großen
Konzernen, fristen ein tristes Dasein, machen einen „9 to 5 job“ und schlafen
vor sich hin?
Was
ist die Vision Ihres Unternehmens? Kennen Sie diese überhaupt? Ist die Vision
für alle Mitarbeiter klar? Oftmals ist eine Vision dem Top Management klar,
wird jedoch nicht unbedingt klar und verständlich an die Mitarbeiter
kommuniziert. Wenn die Mitarbeiter nicht im Boot sind, nicht wissen, was ihr
Beitrag zur Erreichung der Vision ist, oder die Vision gar komplett ablehnen,
tut sich das Unternehmen langfristig keinen Gefallen.
Neulich
fragte mich ein Geschäftsführer folgendes: „Wir wollen die Management-Strategie
in unserer kleinen Firma ändern. Es gibt einen Mitarbeiter, der bisher nicht
dafür zu haben ist. Wie kann ich den motivieren, die neue Strategie mitzutragen,
anstatt das Vorhaben zu bremsen?“ Veränderung bedeutet zunächst einmal
Ungewissheit. Die Mitarbeiter werden aus dem bisher Bekannten rausgerissen und
haben unbewusst Angst. Da Angst in unserer Gesellschaft wiederum als ein Gefühl
angesehen wird, das es zu vermeiden gilt (anstatt sie einfach kreativ zu
nutzen), ist es fast natürlich, dass Mitarbeiter auf Veränderungs-maßnahmen
zunächst mit Abwehr reagieren. Die gängige Meinung ist, dass es Angst zu
vermeiden gilt, weil sie blockiert, man als Angsthase bloßgestellt wird, als
unglaubwürdig und feige gilt und sie schlichtweg negativ ist. Das ist das, was
uns beigebracht wird.
Tatsächlich
ist Angst jedoch eine neutrale Kraft und Energie, die uns professionell dient
(wie übrigens die anderen Gefühle Wut, Freude und Traurigkeit auch. Mehr dazu
siehe Artikel „BUSINESS SPECIAL: Change
Management - Der Lava-Effekt: über verbrannte Erde und
Motivationsstarre“). Mit der Angst können wir in unbekanntes Gebiet gehen, kreativ und innovativ sein und Pläne machen. Genau das macht jemand, der inspiriert ist. Jemand der inspiriert und damit motiviert ist, lebt sein Potenzial, bringt seine Talente zum Einsatz ist kreativ und bereit über seine Grenzen hinaus zu gehen.
Motivationsstarre“). Mit der Angst können wir in unbekanntes Gebiet gehen, kreativ und innovativ sein und Pläne machen. Genau das macht jemand, der inspiriert ist. Jemand der inspiriert und damit motiviert ist, lebt sein Potenzial, bringt seine Talente zum Einsatz ist kreativ und bereit über seine Grenzen hinaus zu gehen.
Die
Frage wäre in dem konkreten Fall also im ersten Schritt, was inspiriert den
Mitarbeiter grundsätzlich für die Firma zu arbeiten? Und im zweiten Schritt
wäre die Frage, welches Potenzial und welches besondere Talent des Mitarbeiters
würden durch die neue Management-Strategie zum Tragen kommen? Sobald er klar
erkennen kann, dass sein Talent gefragt ist und vor allem auch offenkundig
WERTGESCHÄTZT wird, ist er inspiriert die Veränderung auch mitzutragen.
Oftmals
ist genau das die Schwierigkeit bei Change Management Prozessen. Die
Mitarbeiter haben kein klares Bild, wo sie bei der Veränderung bleiben, was das
für ihr Potenzial und ihre Talente bedeutet. In welcher Firma wird da schon
ausdrücklich Wert drauf gelegt? Meist wird eine neue Zielrichtung vom
Top-Management vorgegeben und durchgezogen. Alle anderen haben hinterher zu
kommen. Doch es gilt, die Mitarbeiter ins Boot zu holen und nicht mehr nur
Zahlen und Profite im Visir zu haben. Die Mitarbeiter sind das Kapital einer
Firma, ihre Inspiration ist der Garant für Erfolg. Und die kann nur auflodern,
wo es eine Unternehmens-Vision gibt, für die es sich zu arbeiten und zu leben
lohnt und die ermöglicht, dass die individuellen Talente zum Einsatz kommen.
Die
Wertschätzung der individuellen Talente ist unabdingbar um die Inspiration von
Mitarbeitern zu fördern. Und ich spreche hier von aufrichtiger Wertschätzung
und nicht von Manipulation. Manipulation wäre so etwas wie „Müller, das haben
sie aber toll gemacht. Wir sollten uns über eine Gehaltserhöhung unterhalten.“
Damit sind Sie wieder bei den „externen“ Motivationsfaktoren, der Karotte und
dem Hasen. Es geht auch nicht darum, zu sagen „Sie haben aber eine schicke
Krawatte“ oder „Die neue Frisur steht Ihnen gut.“ Aufrichtige Wertschätzung
bedeutet, die Talente und damit Seins-Eigenschaften eines Mitarbeiters
wertzuschätzen. Wenn Sie Seins-Eigenschaften wertschätzen, dann sagen Sie wie
jemand IST, z. B. „Sie sind ein Mensch mit sehr viel Feingefühl. Ich schätze
es, wie Sie die Kollegen in kritischen Situationen einfangen.“
Aufrichtige
Wertschätzung ist selten geworden in unserer Gesellschaft und vor allem in Unternehmen. Kürzlich erst sagte mir ein
Top-Manager, er könne Wertschätzung gar nicht richtig annehmen, er könne das
kaum aushalten und würde das immer schnell abtun. Ja, wir sind es nicht mehr
gewohnt, dass wir als Person, als Mensch in unserem Sein wertgeschätzt werden.
Doch in dem Moment, in dem Sie jemanden in seinem Sein wertschätzen, geben Sie
ihm zu verstehen, dass Sie ihn sehen. Und als Mensch mit Potenzial und Talent
wirklich gesehen zu werden, inspiriert (übrigens sowohl den Geber als auch den
Empfänger).
Ob
ein Mitarbeiter inspiriert ist von einem Projekt, oder generell von seiner
Arbeit, können Sie übrigens an den Augen erkennen. Wenn jemand wirklich
inspiriert ist, dann brennt er förmlich für etwas und diese Flamme, diesen
Funken sehen Sie in den Augen. Es wäre also spannend morgen einmal mit dem
„Blick für die Flamme“ in die Firma zu gehen. Oder fragen Sie gelegentlich in
der Kaffee-Küche ihre Mitarbeiter und Kollegen einmal „Wofür brennen Sie? Was
inspiriert Sie?“ Die Menschen lieben es in der Regel über das zu sprechen,
wofür Sie brennen, doch welche Firma interessiert das heutzutage? Läuten Sie
eine neue Ära ein. Holen Sie die Mitarbeiter und Kollegen ab und ermöglichen
Sie, dass der „Spiritus“ damit in Ihrem Unternehmen durch die Büros und Gänge
fliegt.
(Autorin:
Nicola Nagel)
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