Montag, 15. Juli 2019

Welche Rollen spielst Du in Deinem Leben?


Hast Du Dir einmal überlegt, wie viele Rollen Du in Deinem Leben spielst? Du wirst jetzt vielleicht sagen: „Wieso? Ich bin ich. Es gibt nur diese eine Rolle.“ Tatsächlich ist es jedoch so, dass wir im Leben meist mehrere Rollen einnehmen, ohne, dass wir uns dessen bewusst sind und dann als diese Rolle bzw. mit dieser spezifischen Identität agieren. Dabei vergessen wir sehr schnell, dass es noch etwas anderes gibt: Unser Sein, unser inneres Wesen, unsere Essenz. 

Viele Menschen definieren sich meist über Rollen, von denen sie meinen, dass sie ihnen zuträglich sind, z. B.:

·         Der professionelle Mitarbeiter/Chef
·         Der super Sportler
·         Der erfolgreiche Held
·         Der/die Coole
·         Etc.

Viele Menschen schlüpfen beispielsweise jeden Tag in die Rolle des professionellen Mitarbeiters. Sie unterstreichen das oftmals dadurch, dass sie – wie beim Theater das Kostüm –einen Anzug mit Krawatte anziehen bzw. einen Rock mit Blazer. Dieses Outfit steht für Professionalität, Seriosität und Eleganz. Entsprechend verhalten sich die Menschen dann. Doch ist das authentisch? Entspricht ihnen das?

Die Rollen können jedoch auch ganz anderer Art sein. Selbst aus folgenden Beispielen ziehen manche Menschen einen Nutzen:
·         Der Rebell
·         Der Loser
·         Die / der Betrogene/Verlassene
·         Das Opfer
·         Etc.

In eine Rolle zu schlüpfen ist nicht gut und nicht schlecht. Die Frage ist, ob Du in der angenommenen Rolle jeweils authentisch bist und Du authentisch in Kontakt treten kannst.
Mache Dir einmal folgendes bewusst: Wenn Du Dich mit einer Rolle identifizierst, dann limitierst Du Dich selbst und wirst unlebendig. Es ist so, als würdest Du die vielen bunten Facetten Deines Seins, Deines inneren Kerns ausblenden und nur noch auf eine Möglichkeit fokussieren. Du bist nicht mehr wirklich authentisch.

Ich war kürzlich auf einer Veranstaltung mit ca. 80 Personen, wo die unterschiedlichsten Rollen sehr schön sichtbar wurden. Da war der Mann, ca. 55 Jahre, der durch seine Marken-Garderobe versuchte zu vermitteln, dass er viel Geld hat und damit per se schon wichtig ist. Dann gab es das junge Mädel, ca. 25 Jahre, die grell-pink geschminkt war, das passend grell-pinke kurze Kleid dazu trug und versuchte eine unnahbare Schönheit darzustellen. Dann gab es die Frau, ca. 50 Jahre alt, die in die Rolle geschlüpft war, alles im Griff zu haben und mit allen Wassern gewaschen zu sein.
Doch was steckte letztendlich dahinter? Ein Mann, der berufliche Sorgen hatte, eine junge Frau, die unsicher war und sehr wenig Selbstwert hatte und eine reife Frau, die gerade gesundheitlich massive Probleme hatte und dies alles andere als im Griff hatte.

Jiddu Krishnamurti, ein indischer Philosoph und Autor, schreibt in seinem Buch „Einbruch in die Freiheit“: „Wir alle haben ein Bild von dem, was wir zu sein glauben oder was wir unserer Meinung nach sein sollten, und dieses Leitbild, diese Vorstellung hindert uns ganz und gar daran, uns so zu sehen, wie wir tatsächlich sind.“

Doch warum tun viele Menschen das? Die Motivation, in eine Rolle zu schlüpfen, kann sehr unterschiedlicher Natur sein. Hier sind einige Motivations-Hintergründe:

·         Von anderen Anerkennung bekommen
·         Von sich selbst ablenken
·         Die eigenen Gefühle nicht fühlen müssen
·         Keine Verantwortung für das eigene Leben übernehmen müssen
·         Die eigenen Themen und Muster nicht anschauen müssen
·         Opfer der Umstände bleiben können
·         Sich selbst besser fühlen
·         Sich über andere stellen und damit nicht angreifbar sein
·         Der Norm der Gesellschaft entsprechen / „Reinpassen“
·         Nicht aus dem Rahmen fallen oder erst Recht aus dem Rahmen fallen (beides ist möglich. Letzteres ist meist verbunden mit der ersten Motivation)
·         Den Erwartungen anderer entsprechen
·         Angst, sich authentisch verletzlich zu zeigen
·         Angst, tatsächlich gesehen zu werden (das kann sehr intensiv sein)
·         Den eigenen, auferlegten Erwartungen entsprechen
·         Sich sicher fühlen
·         Macht ausüben
·         Etc. 

Experiment: Wie oft nimmst Du Rollen an und warum?

Schritt 1:

Lasse einmal die letzten 3 Tage Revue passieren. Wo warst Du überall, mit wem hattest Du Kontakt? Welche Rollen hast Du angenommen? Mache Dir das einmal bewusst. Du nimmst mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eine andere Rolle an, wenn Du mit Deinen Freunden unterwegs bist, als Du annimmst, wenn Du mit Deinem Chef sprichst. 


Schritt 2:
Schreibe nun einmal auf, welche Motivation jeweils dahinter steckte, die jeweilige Rolle anzunehmen. Sei radikal ehrlich.
·         Wo versuchst Du, etwas darzustellen?
·         Warum tust Du das?
·         Was wäre, wenn Du bestimmte Rollen nicht mehr annehmen würdest?
·         Was wäre, wenn Du Dich authentisch, menschlich, verletzlich zeigen würdest?
·         Was ist Deine größte Angst dahinter? 

Wir nehmen jeden Tag tatsächlich mehrere Rollen an, ohne es zu merken. Wenn Du Dir des Mechanismus nicht bewusst bist, dann kann es sehr leicht passieren, dass Du nicht authentisch Deinen Weg gehst, sondern Dich anpasst, eine Rolle einnimmst, die Deinem Sein nicht entspricht und damit in Deinem Leben und Beziehungen Lebendigkeit und Tiefe einbüßt. 

Stattdessen hast Du jedoch auch ein Sein, eine Essenz, Dir innewohnende Qualitäten, die Dich ausmachen, die Deine Authentizität ausmachen. Daher beantworte einmal folgende Fragen:

·         Wie wollen sich diese Qualitäten ausdrücken?
·         Wie möchte sich Dein Sein ausdrücken?
·         Passt dies zu den Rollen, die Du annimmst?
·         Oder spielst Du immer wieder Rollen, die Dir gar nicht entsprechen?
·         Wo blüht Dein Sein auf?
·         Was inspiriert Dich?
·         Wo und wann fühlst Du Dich lebendig und echt?
·         Wie authentisch bist Du tatsächlich?

Es ist fast schon ein Paradox in der modernen, schnell-lebigen Gesellschaft: die Menschen sehnen sich nach mehr Kontakt und Authentizität, wenden jedoch unglaublich viel Energie dafür auf, einer oder mehrerer Rolle zu entsprechen und die dazugehörige Maske zu tragen. 

Möchtest Du Dich in Rollen verlieren, die Dir nicht entsprechen, oder ein authentisch, lebendiges Leben führen? Welche Rolle bist Du bereit, jetzt fallen zu lassen?

Herzliche Grüße,
Nicola