Mittwoch, 10. Dezember 2014

Die Illusion des Konsums - oder: Eine etwas andere Art von Weihnachtsgeschenken…



In der Vorweihnachtszeit drängt sich eine Frage auf, die zwar unterjährig auch relevant ist, jedoch im Dezember an Brisanz gewinnt: Wie neurotisch ist unsere Gesellschaft?

Es scheint als verfalle die moderne Gesellschaft in den 4 Wochen vor Weihnachten in einen Kauf- und Konsumrausch, der seinesgleichen sucht. In allen Geschäften glitzert und funkelt es und an jeder Ecke werden die Menschen mit Werbung, Weihnachtsliedern und Kaufangeboten beschallt. Die Reizüberflutung in den Städten ist unvergleichlich und trägt in der ohnehin schnelllebigen Zeit einmal mehr zum Stress der Menschen bei. Das Leben vieler Menschen ist ein einziger schneller, gestresster Irrsinn geworden, beginnend bei einem stressigen Job, über Freizeitstress (schließlich müssen die meisten am Wochenende mit Freizeitaktivitäten den Stress kompensieren, der sich unter der Woche angesammelt hat) und nun kommt auch noch das Weihnachts-Geschenke-Dilemma dazu.

Kürzlich sah ich an einem alten, weit-gereisten VW Bus an der Ampel einen interessanten Aufkleber: „No shoes, no shirt, no worries“. Was wäre, wenn wir uns darauf wieder besinnen würden und weniger mehr wäre? Fülle ist nur bis zu einem gewissen Grad gesund ist und zwar gesund für die Erde. Wie vielen Menschen ist beispielsweise tatsächlich bewusst, dass aktuell die Ressourcen von 2,5 Planeten verbraucht werden, obwohl wir nur diesen einen schönen Planeten haben? Wie viele Personen haben Kenntnis darüber, dass jeden Tag tausende, wenn nicht gar Millionen Tiere elendiglich verrecken, weil  sie Plastikmüll aus dem Meer fressen, in der Annahme es seien bunte Fische? Und das alles aufgrund der neurotischen Habgier und Ignoranz der modernen Gesellschaft, die zur Weihnachtszeit wieder einen Höhepunkt erreicht.  (Falls Sie das noch nicht gehört haben, schauen Sie sich dieses kurze Youtube Video an:http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=0ZCNRzQ0IH4 ).

Der ein oder andere mag jetzt denken, dass dies ja nun nicht gerade ein besinnliches Thema zur Weihnachtszeit ist. Doch was, wenn es genau das Thema ist, um sich wirklich auf den Ursprung zu besinnen? Die Menschen wünschen sich gegenseitig be-SINN-liche Weihnachtstage. Doch was ist dieser SINN?

Einige mögen sagen, der Sinn ist, traditionell einem lieben Menschen mit einem Geschenk eine Freude zu machen, um an den Ursprung der Weihnachtsgeschichte zu erinnern. Doch wie viele Menschen zermartern sich jedes Jahr aufs Neue den Kopf darüber, was sie ihrem Mann, ihrer Frau, Tante Trudi, oder Oma Else und den 3 Freunden schenken sollen? Letztendlich wird alles gekauft, was es zu haben gibt: Handtaschen, Smartphones, Trockenhauben, Toaster, Kleidung, massenhaft Plastik-Spielzeug, Schmuck, Kitsch-Kram und Verlegenheitsgeschenke. Der Konsum ist eine Gesellschafts-Neurose geworden. Die Medien haben es geschafft, die Masse der Gesellschaft glauben zu machen, sie müssten bestimmte materielle Dinge besitzen, um „in“ oder „hip“ zu sein, anerkannt zu werden und – in Bezug auf Weihnachten – den gesellschaftlichen Norm zu entsprechen und dazu zu gehören (getreu dem Motto „Zu Weihnachten macht man halt Geschenke. Das ist nun mal so.). Doch genau das ist eine der größten Lügen überhaupt. Den eigenen Wert über materielle Dinge zu definieren, ist eine Illusion, eine künstliche Abhängigkeit. Nicht selten wird insbesondere zur Weihnachtszeit sogar die Liebe an dem Wert des Geschenkes der Person gemessen, die es macht. Konsum ist nichts anderes als eine Möglichkeit, die persönliche Taubheitsschwelle möglichst hoch zu halten, um nicht fühlen zu müssen, was tatsächlich auf der Erde, oder auch in der eigenen Beziehung los ist bzw. um wahre Intimität und Nähe zu vermeiden. Es scheint diesbezüglich eine einzige Verwirrung in der Gesellschaft zu herrschen.  

Da ist der Spruch auf dem VW Bus doch ein ernst zu nehmender neuer Ansatz „No shoes, no shirt, no worries“. Keine Schuhe, kein Shirt, keine Sorgen. Kein Konsum, keine Sorgen. Kein Geschenkwahn, keine Sorgen. Verstehen Sie das bitte nicht falsch, es geht nicht darum einer anderen Person keine Freude mehr in Form eines Geschenkes zu machen. Doch es geht einerseits um die Freude, die von Herzen kommt, nicht um die Pflicht und einen hausgemachten Gesellschaftsdruck. Andererseits geht es um die Sinnhaftigkeit der Geschenke.

Wie könnten be-SINN-liche Weihnachtstage aussehen, wenn Konsum nicht mehr im Vordergrund stünde? Was wäre die Besinnung auf den Ursprung? Es würde nicht mehr um die materiellen Geschenke gehen, sondern um das, was sich dahinter verbirgt: Wertschätzung, Respekt, Liebe, Nähe, Gemeinschaft. Es würde darum gehen, eine nährende Zeit mit lieben Menschen zu verbringen und die Wertschätzung für diese Menschen zum Ausdruck zu bringen. Anstatt dies über haufenweise gekaufte Geschenke auszudrücken (wenn diese Geschenke überhaupt ein Ausdruck dessen sind), gäbe es noch eine ganze Menge anderer Optionen. Sie könnten beispielsweise Wertschätzung, Möglichkeiten, Miteinander Sein und Zeit schenken. Wie würde das aussehen?


Wertschätzung schenken
In unserer Gesellschaft geht es fortwährend darum, was eine Person tut (z. B. welche Position sie im Job sie einnimmt) oder was eine Person hat (das neueste Smartphone, das schicke Auto, die Designer-Schuhe, etc.). Die Seins-Qualitäten einer Person werden meist völlig ignoriert. Doch es ist das Sein, das eine Person wirklich ausmacht. Wertschätzung  bezieht sich auf genau diese Seins-Qualitäten. Sie wertschätzen eine Person, indem Sie deklarieren, wie eine Person in ihrem Wesenskern IST. Wir sind es gewohnt zu sagen, dass jemand einen schönen Pulli trägt oder einen schicken Haarschnitt hat. Das hat jedoch nichts mit Wertschätzung des Seins zu tun. Das Sein hungert nach Nahrung, denn die wenigsten Menschen fühlen sich in ihrem Wesen gesehen. Dabei ist es so einfach. Sie können Wertschätzung in verbaler Form oder in Schriftform schenken.

Wenn sie die verbale Form wählen, dann setzen Sie sich der ausgewählten Person gegenüber (kein Tisch oder andere Gegenstände in der Mitte). Bevor Sie beginnen, klären Sie die Person über Ihr spezielles Wertschätzungs-Geschenk auf, indem Sie z. B. sagen „Ich habe ein ganz spezielles Geschenk für Dich. Ich würde Dir gerne Wertschätzung schenken….“ Bitten Sie die andere Person einfach nur zuzuhören und zu versuchen, das Geschenk anzunehmen. Dabei ist es sinnvoll, wenn Sie beide eine offene Körperhaltung haben und weder die Arme noch die Beine verschränken, damit Ihre Wertschätzung wirklich in der anderen Person landen kann.

Wenn Sie sich gegenüber sitzen, schauen Sie der Person in die Augen. Das kann bereits sehr intensiv sein. Atmen Sie einfach weiter. Wertschätzung kommt nicht aus Ihrem Verstand. Sie sehen die Seins-Qualitäten vielmehr in den Augen der anderen Person. Fangen Sie dann an zu sprechen, bevor Sie denken. Beginnen Sie beispielsweise mit „Was ich an Dir schätze, ist…“ und ergänzen Sie dann den Satz. Oder sagen Sie „Du BIST eine Frau/ein Mann mit viel….“ Sagen Sie, wie die Person in ihrem Kern IST. Vielleicht ist die Person sehr kreativ, oder Sie schätzen die Tiefe und Weisheit, die sie in sich trägt, oder die Person ist in ihrem Kern wie ein bunter Schmetterling, der die Menschen in seinem Umfeld mit Leichtigkeit begeistert. Malen Sie mit Ihren Worten die Seins-Qualitäten der Person aus. Machen Sie das für 3-5 Minuten (oder auch länger). Ihr Verstand funkt möglicherweise dazwischen und meint nach 2 Sätzen, dass es genug ist. Hören Sie nicht auf Ihren Verstand! Ihr Herz hat sehr viel mehr zu sagen und Sie können die Seins-Eigenschaften wirklich in den Augen der anderen Person ablesen. Vertrauen Sie darauf.

Wenn Sie mit mehreren Menschen Weihnachten verbringen, können Sie alle in diese Wertschätzungs-Geschenk-Runde einbinden und Zweier-Teams bilden. Schlagen Sie vor, dass sich jeweils 2 Personen gegenüber setzen und jeder den anderen für 3-5 Minuten wertschätzt (dann ist es sinnvoll, dass Sie auf die Zeit achten und nach 3  oder 5 Minuten alle gleichzeitig die Rollen wechseln lassen). Sobald eine Runde vorbei ist, lassen Sie die Personen noch eine Minute still miteinander sitzen, damit die Wertschätzung – die sie möglicherweise noch nie in der Form gehört haben – sacken kann.

Sie können die Übung alternativ auch als gesamte Gruppe machen. Dazu würden Sie im Kreis sitzen und jeweils ganz laut gemeinsam den Namen einer Person rufen, damit diese wach und präsent ist. Dann gibt die ganze Gruppe gleichzeitig dieser Person Wertschätzung. Nach 3-5 Minuten lassen Sie eine Glocke ertönen und der Name der nächsten Person wird gerufen.

Sie werden überrascht sein, welch besinnlicher und nährender Raum sich dadurch für alle Beteiligten öffnet. Dieses Experiment ist nicht nur für diejenigen nährend, die Wertschätzung bekommen, sondern auch für die, die Wertschätzung geben.

Falls Ihnen die verbale Form von Wertschätzung zu gefährlich ist, können Sie auch einen Brief formulieren, in dem Sie die entsprechende Person wertschätzen. Diesen können Sie dann schön verpackt überreichen.


Möglichkeiten schenken
Eine weitere, sehr nährende Form von Geschenk ist das sogenannte Möglichkeits-Sprechen. Das funktioniert zu Weihnachten besonders gut, wenn Sie mindestens zu dritt sind. Eine Person sitzt den beiden anderen in einem Stuhl gegenüber. Sie eröffnen diese Möglichkeits-Geschenk-Runde, indem Sie zunächst den Kontext dafür setzen und erklären, dass es beim Möglichkeits-Geschenk darum geht, dass die Einzelperson um konkrete oder allgemeine Möglichkeiten bittet. Dies geschieht durch die Konkrete Formulierung „Bitte gebt mir Möglichkeiten.“ (das wäre allgemein) oder „Bitte gebt mir Möglichkeiten in Bezug auf….“ (die Einzelperson würde hier ein konkretes Thema wählen). Dadurch entsteht eine Notwendigkeit im Raum und die beiden anderen Personen können beginnen, in diese Notwendigkeit hineinzusprechen (durch die ausgesprochene Notwendigkeit „retten“ Sie die andere Person nicht). Für die Sprecher gilt lediglich: Nicht denken! Sie sprechen als Raum für die sogenannten Hellen Prinzipien. Ihr Verstand und Ihr Ego treten in den Hintergrund. Sie sprechen das aus, was sie als Impuls bekommen, ohne dass Ihr Verstand das ganze vorher editiert. Um zu einem „Raum“ zu werden, schnipsen Sie mi Ihren Fingern und stellen Sie sich vor, dass Sie eine Blase um sich herum haben, die den Raum darstellt. Dies ist am Anfang eventuell etwas schwierig. Wenn Sie beispielsweise den Impuls bekommen zu sagen „Geh in den Wald und füttere das Kaninchen“, dann könnte Ihr Verstand dazwischen funken und Ihnen erzählen, dass das überhaupt keinen Sinn ergibt. Sagen Sie es trotzdem. Die Person, die um Möglichkeiten gebeten hat, kann damit garantiert etwas anfangen. Manchmal kommen Botschaften als Bilder verschlüsselt. Geben Sie der Person 3-5 Minuten Möglichkeiten.

Eine humorvolle Alternative dazu ist – und das ist möglicherweise für den ein oder anderen zu Beginn einfacher – dass Sie einen bestimmten Charakter annehmen. Sobald die Einzelperson die Bitte um Möglichkeiten gestellt hat, stehen Sie und der zweite Sprecher auf, drehen sich einmal um sich selbst und sowie Sie sich hinsetzen, schlüpfen Sie in die Rolle des ersten Charakters, der Ihnen in den Sinn kommt. Das kann eine berühmte Person sein, der Nachbar, eine Fantasie-Figur,  ein Tier, was auch immer. Sie nehmen das erste, was auftaucht. Kommt Ihnen z. B. Donald Duck in den Sinn, dann stellen Sie sich bei der Einzelperson kurz vor, sobald Sie sitzen: „Hallo mein Name ist Donald Duck“. Dann sprechen Sie aus diesem Charakter, indem Sie Mimik, Gestik und Stimme dieses Charakters annehmen. Wichtig ist, Ihren Impulsen zu folgen und diese ungefiltert auszusprechen.

Die Einzelperson wird einen Haufen Möglichkeiten bekommen. Dieses Geschenk ist wertvoller, als es ein gekauftes Geschenk je sein könnte. Nach 3-5 Minuten wechseln Sie die Rollen und die nächste Person bittet um Möglichkeiten.


Miteinander Sein – Sitzen in Beziehung
Ein ganz anderes Geschenk, bei dem nicht gesprochen wird, ist das sogenannte „Sitzen in Beziehung“. Dazu setzen Sie sich Ihrem Partner oder einer anderen lieben Person nah gegenüber, achten jedoch darauf, dass Sie sich nicht berühren. Sie können entweder auf Stühlen oder auf dem Boden sitzen. Dann schauen Sie einander für 10 Minuten in die Augen, ohne etwas zu sagen. Es geht nicht darum zu Starren oder das Spiel zu spielen, wer zuerst blinzelt. Es geht darum, gesehen zu werden, sich sehen zu lassen und die andere Person wirklich zu sehen. Es ist eine Verbindung von Sein zu Sein, die keiner Worte bedarf. Es hilft, wenn Sie sich dabei auf ein Auge der anderen Person konzentrieren. Sie müssen nicht das ganze Gesicht oder beide Augen gleichzeitig im Blick haben. Das sorgt nur für eine unruhige Bewegung Ihrer Augen. Konzentrieren Sie sich auf ein Auge. Möglicherweise verschwimmt dabei sogar das Gesicht der anderen Person ein wenig. Es kann auch passieren, dass Sie dabei etwas fühlen, denn es kann bewegend sein, wirklich gesehen zu werden und die andere Person zu sehen.

Nach 10 Minuten beenden Sie das stille Sitzen in Beziehung und tauschen sich darüber aus, was Sie wahrgenommen haben.


Zeit schenken
Eine weitere interessante Möglichkeit ist es, Zeit zu schenken. Im stressigen Alltagsleben ist es oftmals schwierig, Zeit zu finden, die wirklich intensiv mit dem Partner oder mit Freunden genossen werden kann. „Ich habe keine Zeit“ ist ein viel benutzter Satz in unserer Gesellschaft.  Statt jedoch Opfer von Zeit und Umständen zu sein, wäre die Alternative, dass Sie zum Zeitmacher werden. Denn das sind Sie. Sie sind Zeitmacher! Wie Sie Ihre Zeit verbringen, ist grundsätzlich Ihre Entscheidung. Sie machen Zeit für die Dinge die Sie tun.  Wenn Sie beispielsweise meinen „keine Zeit“ zu haben, um mit Ihrer Frau oder Ihrem Mann einen schönen Tag in der Natur zu verbringen und ein romantisches Picknick zu machen, dann sind Sie Opfer der Zeit. Sie können jedoch genauso Zeit für solch einen schönen Tag machen, indem Sie diesen Tag im Kalender einfach blocken und keinem anderen Termin erlauben, diesen Tag zu zerstören.  Sie entscheiden, für wen oder welche Aktivitäten Sie Zeit machen. Werden Sie zum Zeitmacher und verschenken Sie Ihre kostbare Zeit an eine Person, die Ihnen am Herzen liegt.

Diese vier genannten Experimente sind eine Einladung, dem Geschenkwahn zu entrinnen und Weihnachten einmal anders zu gestalten, als bisher. Probieren Sie es einfach einmal aus. Ihr Ego wird möglicherweise ein Veto einlegen und Sie spüren vielleicht sogar Angst. Es ist angemessen Angst zu haben, wenn Sie diese Experimente machen, denn Sie betreten damit unbekanntes Gebiet. Sie wagen etwas, das Sie vielleicht noch nie gewagt haben. Nehmen Sie die Angst als Indikator dafür, dass sie einfach etwas Ungewohntes, Neues tun. Angst ist einfach nur Angst. Ein wertvolles Gefühl, das Ihnen dient. Lassen Sie nicht zu, dass die Angst Sie blockiert und Sie die Gelegenheit verstreichen lassen, nährende Erfahrungen zu machen.

Wirklich be-SINN-lich sind jene Momente, die unser Herz und unser Sein nähren. Lassen Sie diese nicht verstreichen, sondern kreieren Sie diese mutig. 

Besinnlich, wertschätzende Seins-Grüße,
Ihre Nicola Nagel


CREATING POSSIBILITIES!
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