Freitag, 14. September 2018

3 wichtige Schritte auf dem Weg zu innerer Ruhe


In letzter Zeit habe ich sehr häufig zwei Sätze von Menschen gehört. Zum einen „Ich möchte einfach nur ankommen.“ und zum anderen „Ich möchte einfach nur glücklich und zufrieden sein.“ Beide Sätze verfolgen im Grunde den Wunsch nach innerer Ruhe, doch oftmals wird dieser Wunsch verknüpft mit Dingen im Außen. Einige versuchen, beispielsweise im Urlaub zur Ruhe zukommen, wenn der Arbeitsalltag für eine kurze Zeit aufhört. Andere versuchen, zur Ruhe zu kommen, indem sie eine erfüllende Zeit mit bestimmten Menschen verbringen. Wieder andere versuchen zur Ruhe zu kommen, indem sie Yoga, Tai Chi, Meditation oder sonstige Praktiken ausüben. Doch was heißt denn letztendlich zur Ruhe kommen?

Die Ruhe, die die meisten kennen, ist jene Ruhe, die eintritt, wenn die Geräusche aufhören oder wenn sie einfach einmal ihre Ruhe haben im Sinne von nichts tun müssen bzw. keinen vermeintlichen Verpflichtungen nachkommen müssen. Und doch ist es interessant, dass es viele Menschen gibt, die allein diese Ruhe, die durch äußere Umstände erzeugt wird, kaum lange aushalten können. So finden sie meist sehr schnell wieder etwas, das sie tun können. Sie lesen ein Buch, gehen zum Sport, oder verabreden sich mit Freunden. Es ist schon fast ein Paradox. Viele Menschen sehnen sich in diesen hektischen und turbulenten Zeiten nach Ruhe, doch kaum ergeben sich dafür die äußerlichen Bedingungen, verfallen sie doch wieder in eine andere Art des Tuns. Das liegt meist daran, dass die äußerliche Ruhe erst die tatsächliche, innere Unruhe zutage fördert. Wenn es im Außen still wird, dann lärmen schnell zig Gedanken, Erinnerungen und Emotionen in vielen Menschen umher.

Jiddu Krishnamurti, der ein bedeutender indischer Philosoph und Theosoph war, hat es in seinem Buch „Einbruch in die Freiheit“ sehr schön beschrieben:

„Das Leben, das wir im Allgemeinen führen, kennt kaum ein Alleinsein. Selbst wenn wir allein sind, wird es bedrängt von so vielen Einflüssen, so vielem Wissen, so vielen Erinnerungen und Erfahrungen, von so viel Angst, Elend und Konflikt, dass unser Geist immer stumpfer, immer gefühlloser wird und in eine monotone Routine verfällt. Sind wir jemals allein? Oder tragen wir alle Lasten von gestern mit uns herum?

Es gibt eine recht hübsche Geschichte von zwei Mönchen, die von Dorf zu Dorf wandern und dabei einem jungen Mäd­chen begegnen, das am Flussufer sitzt und weint. Einer der Mönche geht zu ihr und sagt: »Schwester, worüber weinst Du?« Sie antwortet: »Sehen Sie das Haus dort drüben auf der anderen Seite des Flusses? Ich kam heute am frühen Morgen herüber und hatte keine Mühe, den Fluss zu durchwaten; aber nun ist das Wasser angestiegen, und ich kann nicht mehr zurück; es ist kein Boot da.« - »Oh«, sagt der Mönch, »das ist gar kein Pro­blem«, und er hebt das Mädchen auf, trägt es über den Fluss und lässt es auf der anderen Seite zurück. Die beiden Mönche gehen zusammen weiter. Nach zwei Stunden sagt der andere Mönch: »Bruder, wir haben ein Gelübde abgelegt, niemals eine Frau zu berühren. Was Du getan hast, ist eine furchtbare Sünde. War es nicht ein Vergnügen für Dich, ein aufregendes Ereignis, eine Frau zu berühren?« Der andere Mönch erwidert: »Bereits vor zwei Stunden habe ich sie hinter mir gelassen, Du aber trägst sie immer noch mit Dir herum.«
Genau das tun wir. Wir schleppen ständig unsere Lasten mit uns herum; wir geben sie nie preis, wir lassen sie nie hinter uns. Nur wenn wir einem Problem unsere volle Aufmerksamkeit zu­wenden und es augenblicklich lösen - es nicht auf den näch­sten Tag, auf die nächste Minute mit hinübernehmen -‚ dann ist innere Abgeschiedenheit da. Dann sind wir, selbst wenn wir in einem überfüllten Hause leben oder in einem Bus sitzen, inner­lich allein. Und dieses Alleinsein verrät einen frischen Geist, ei­nen 'unschuldigen‘ Geist.

Es ist sehr wichtig, innere Abgeschiedenheit, inneren Raum zu haben; denn das bedeutet, in der Freiheit zu leben, unbelastet zu sein, zu wirken, schwerelos zu sein. Schließlich kann Güte nur im weiten Raum zur Blüte kommen, ebenso wie sich Tu­gend nur in der Freiheit entfalten kann. Wir mögen politische Freiheit haben, aber innerlich sind wir nicht frei, und darum ha­ben wir keine innere Weite. Keine Tugend, nichts Wertvolles kann ohne diesen weiten Raum in uns wirken oder wachsen. Raum und Schweigen sind notwendig, denn nur, wenn der Geist allein ist, unbeeinflusst, ungedrillt, nicht durch die unend­liche Vielfalt der Erfahrungen gebunden, kann er etwas völlig Neuem begegnen.“

Wie oft hattest Du im Außen Ruhe, warst vielleicht sogar allein in der Natur, doch in Dir haben die Gedanken gewütet? Vielleicht hast Du auch schon abends im Bett gelegen und konntest nicht einschlafen, weil die Gedanken in Deinem Kopf Karussell gefahren sind.

Um den inneren Punkt zu finden, an dem es einfach ruhig ist – unabhängig davon wie viele Menschen um Dich herum sind, oder wie groß das Chaos sein mag – können 3 Schritte sehr hilfreich sein:

  1. Werde still
  2. „Bringe den Müll raus“
  3. Zentriere Dich und übe Dich in Achtsamkeit

Schritt 1: Werde still
Wie oft bist Du wirklich still? Wie oft bis Du in einem Zustand, in dem Du nichts tust? Du nimmst Dir einfach Zeit für Dich und sitzt beispielsweise in einem bequemen Stuhl, liegst auf der Couch oder sitzt auf einer schönen Wiese und machst….NICHTS. Du sitzt einfach nur da. Ganz gleich, ob Du mit offenen oder geschlossenen Augen da sitzt oder liegst, Du bist nur da, wo Du bist. Kein Buch, kein Smartphone, kein Picknick, gar nichts. Du tust nichts, Du bist einfach.

Viele Menschen nehmen sich im Alltag viel zu wenig Zeit dafür, weil sie unentwegt beschäftigt sind und es scheinbar so viele Dinge zu erledigen gibt. Vielleicht gibt es auch eine Stimme in Dir, die sagt „Ich kann doch nicht nichts tun!“ Die spannende Frage ist „Wieso nicht?“ Die moderne Gesellschaft ist extrem auf Leistung gedrillt. Wenn jemand nichts tut, ist er ein Taugenichts, oder Lebenskünstler. Die Krux an der Sache ist bloß, dass Du den Punkt der inneren Ruhe nur sehr schwer finden kannst, wenn Du aus dem Leistungs-Ding nicht zwischendurch bewusst aussteigst und aus dem Tun-Modus rauskommst. Das erste Experiment könnte also darin bestehen, dass Du Dir jeden Tag 15-30 Minuten Zeit nimmst, in denen Du nichts tust.

Das bringt uns direkt zum zweiten Schritt, denn wenn Du nichts tust und es im Außen ruhig ist, dann könnten zahlreiche Gedanken in Dir hochkommen. Das heißt, Du bist äußerlich zwar im still, doch Dein Verstand arbeitet innerlich womöglich auf Hochtouren.

Schritt 2: Bringe den Müll raus
Das Denken hat im alltäglichen Leben eine übermäßige Bedeutung gewonnen. Einerseits hat das Denken eine Bedeutung für unsere tägliche Arbeit, bei der es mit Sorgfalt, Logik und Vernunft angewendet werden muss. Andererseits produziert der Verstand auch unentwegt Gedanken, die wir mit Gefühlen oder alten Emotionen anreichern, dann zu Meinungen, Vorurteilen oder Geschichten formen, von denen wir dann auch noch meinen, sie seien real. Krishnamurti beschreibt dieses Denken als „jenes Denken, das ohne jeden Wert ist.“ Doch was tust Du damit?

Im Film „Der Pfad des friedvollen Kriegers“ gibt es eine Szene, die sehr treffend beschreibt, was man mit dem Denken, das ohne jeden Wert ist, am besten macht. In dieser Szene sagt der alte, weise Mann Sokrates zum jungen Studenten Dan „Bring den Müll raus!“ Darauf entgegnet Dan: „Bring den Müll doch selber raus!“ Sokrates schaut ihn an und sagt: „Ich meine aber den Müll in Deinem Kopf“.

Es geht also darum den Gedankenmüll aus dem Kopf rauszubringen, um die Tür zu innerer Ruhe zu öffnen. Wie geht das? Es beginnt damit zu beobachten, was Du denkst. Du wirst sozusagen zum Beobachter Deines Denkens, Deines Verstandes. Sobald Du beginnst zu beobachten, schaffst Du eine Lücke zwischen Dir und Deinem Verstand. Oftmals meinen wir, wir sind unsere Gedanken oder unser Verstand. Doch dem ist nicht so. Wir sind nur so verklebt mit unserem Denken, unseren Meinungen und Geschichten, dass wir zumeist gar nicht auf die Idee kommen, einen Schritt zur Seite zu machen und festzustellen, dass wir nicht unser Verstand sind.

Der Verstand ist ein praktisches Werkzeug, dessen wir uns bedienen können, wenn wir ihn wirklich brauchen. Gleichzeitig geht es jedoch darum, wirklich darauf zu achten, was Du für Gedanken produzierst, die nicht nützlich sind. Wie oft erschaffst Du beispielsweise nicht nur in Echtzeit-Situationen mit anderen Menschen, sondern in Deinem Verstand sogenanntes niederes Drama, befindest Dich also in einer zähen Täter-Retter-Opfer-Dynamik? Wie oft führst Du innerlich mit Leuten Gespräche und „zeigst es ihnen“ oder beurteilst die Handlungen anderer? Gedanken, die nicht dienlich sind, entziehen Dir in der Regel eine Menge Energie. Das Resultat ist meist, dass Du müde oder erschöpft bist und vor allem keine Klarheit mehr hast. Dann verstrickst Du Dich in Deinen Gedanken und kannst nur noch in einem monotonen, bekannten Alltagstrott funktionieren, anstatt innere Klarheit über den nächsten Schritt zu bekommen.

Krishnamurti beschreibt es so: „Wenn Du den Wunsch hast, etwas klar zu sehen, muss der Geist sehr ruhig sein, ohne Vorurteile, ohne Geschwätz, ohne Zwiegespräch, ohne Vorstellungen und Bilder – das alles muss beiseite getan werden, damit man schauen kann.“

Es könnte schmerzhaft sein, Dir einzugestehen, wann, wie oft, mit wem und worüber Du im niederen Drama bist, recht haben willst, kämpfst, jammerst oder Dich rechtfertigst. Es könnte genauso schmerzhaft sein, zu beobachten, wie oft Du die Probleme anderer zu Deinen eigenen Problemen machst und stunden- oder tagelang darüber nachdenkst. Doch genau dieser Schmerz ist es, der notwendig ist, damit  Veränderung passieren kann. Es beginnt damit, Dein Denken zu beobachten und aus diesen Mechanismen auszusteigen. 


Schritt 3: Zentriere Dich und übe Dich in Achtsamkeit
Sobald Du den gröbsten Müll rausgebracht hast, wirst Du merken, dass Du mehr und mehr Energie zurück bekommst. Der dritte Schritt besteht nun darin, Dich in Achtsamkeit zu üben, welche Gedanken, Geschichten und Meinungen Du weiterhin produzierst und zwar in jedem Augenblick, jetzt und jetzt und jetzt…

Achtsamkeit ist nicht das gleiche, wie Konzentration. Konzentration ist Fokussierung, ist Ausschließung. Achtsamkeit ist hingegen umfassendes Gewahrsein und schließt nichts aus. Doch oftmals sind wir so mit unseren Gedanken beschäftigt, den kleinen und großen Problemen des Alltags, unseren Plänen oder sogar ehrgeizigen Bestrebungen, dass wir die Achtsamkeit verlieren.

Achtsamkeit hat etwas zu tun mit unmittelbarer Gegenwärtigkeit. Diese hast Du beispielsweise, wenn sich in Deinem Zimmer eine Schlange befindet. Du überwachst jede ihrer Bewegungen, Du bist hellwach, Du reagierst überaus empfindlich auf das leiseste Geräusch und jede noch so kleine Regung, die sie macht. Du bist komplett im Jetzt. Ein solcher Zustand der Aufmerksamkeit ist geballte Energie. In dieser Gegenwärtigkeit reagiert Dein Wesen augenblicklich. Du denkst nicht. Gleiches kannst Du bei Kampfsportarten wie Judo oder Aikido beobachten.

Nun willst Du sicherlich keine Schlange im Raum haben, um in den achtsamen Modus zu kommen. Das ist auch nicht notwendig. Achtsamkeit hat sehr viel damit zu tun, ob Du zentriert und geerdet bist, oder nicht. Wenn Du zentriert bist, bist Du präsent im Hier und Jetzt und kannst wahrnehmen, was ist. Wie zentrierst Du Dich? Stell Dich einmal mit beiden Beinen und leicht gebeugten Knien schulterbreit hin, die Füße flach auf den Boden. Dein physisches Zentrum hält Deinen Körper nun im Gleichgewicht. Es befindet sich in der Höhe der Gürtelschnalle in der Mitte des Körpers.

Wir haben noch ein weiteres Zentrum, das sogenannte energetische Zentrum, das zunächst die Größe einer Grapefruit hat und beweglich ist. Nachdem Du den Text bis hierher gelesen hast, was meinst Du, in welchem Körperteil das energetische Zentrum bei den meisten Menschen tagsüber liegt? Richtig, im Kopf, weil wir unentwegt denken. Schau, wo Dein energetisches Zentrum gerade ist und dann benutze Deine Absicht, um es auf das physische Zentrum zu legen. Wenn physisches und energetisches Zentrum aufeinanderliegen, bist Du zentriert. Dann kann Dich nichts umhauen. Du bist präsent im Jetzt. Genau das ist der Modus, den Du brauchst, um die Lücke zwischen Dir und Deinem Verstand zu machen, um Deine Gedanken zu beobachten und achtsam den Müll rauszubringen bzw. gar keinen neuen Müll mehr zu produzieren.

Es gibt sicherlich noch weitere Aspekte, die dienlich sind, um den Punkt in Dir zu finden, an dem es still ist, an dem einfach alles in Ordnung ist, an dem Du komplett klar bist und der innere Lärm aufhört. Doch diesen 3 Schritten wirst Du auf dem Weg immer wieder begegnen.

Viel Freude beim Experimentieren!
Nicola

GIB DEINEM LEBEN EINE NEUE RICHTUNG!
www.viva-essenza.com