Dienstag, 19. Januar 2021

Was ist jetzt gerade die Notwendigkeit in Deinem Leben?

Hast Du Dir schon einmal die Frage gestellt, welche echte Notwendigkeit es aktuell in Deinem Leben gibt? Wir machen oft Pläne oder haben Träume, doch das, was Dich tatsächlich vorwärts bringt, ist die Notwendigkeit. Eine Notwendigkeit unterscheidet sich maßgeblich von Plänen, Wünschen und Vorsätzen. Bei Plänen und Wünschen ist es schön, wenn Du sie realisieren kannst. Sie sind sozusagen „nice to have“. Zudem sind sie in der Regel auf eine längere Zeitspanne ausgelegt und damit auf die Zukunft gerichtet (z. B. "Ich möchte X bis Ende des Jahres erreichen").

Eine Notwendigkeit hat hingegen einen ganz anderen Drall. Notwendigkeit hat eine Dringlichkeit und ist auf eine sehr kurze Zeitspanne ausgelegt, konkret auf das Hier und Jetzt. Es ist, als würde etwas von hinten drücken oder Dich anschieben. Eine Notwendigkeit zeigt sich in der Regel sehr deutlich. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um kleine oder große Themen handelt. Es kann sich um die Notwendigkeit handeln, einen Freund anzurufen, auf digitales Arbeiten umzusteigen, an einen bestimmten Ort zu fahren, gegenüber Kollegen Klartext zu reden, oder die Blumen zu gießen.

Für viele Menschen schwingt bei dem Wort Notwendigkeit allerdings eine gewisse Schwere mit. Das ist nicht verwunderlich, denn das enthaltene Wort NOT zeugt in der Regel von schwierigen Zeiten. Notwendigkeit wird oft mit Pflicht verbunden. Doch Notwendigkeit ist nicht schwer; im Gegenteil. Es ist nämlich ein weiteres Wort enthalten, und zwar das Wort WENDIG. Damit kommen wir zu dem eigentlichen Punkt, in dem die Magie der Notwendigkeit liegt. Wendig zu sein, bedeutet, sich immer wieder neu zu erfinden. Es bedeutet, die Umstände ganz neutral so zu nehmen, wie sie sind und dann bei Bedarf wendig einen rechtwinkligen Haken zu schlagen, um weitergehen zu können. Notwendigkeit ist nicht-linear. Sie lädt Dich zu Abenteuer, Spiel und neuen Horizonten ein. Notwendigkeit kommt auch nicht aus dem Verstand. Sie kommt aus einer anderen Quelle. Wenn eine Notwendigkeit da ist, hast Du eine innere Gewissheit, was getan oder nicht getan werden muss. Dann bewegst Du Dich genau in die notwendige Richtung, ohne groß darüber nachzudenken. Du lässt Dich von der Notwendigkeit bewegen.

 

Die Tücken im Alltag

Was jedoch im Alltagstrott häufig passiert ist, dass wir die Notwendigkeit gar nicht wahrnehmen oder sie unterdrücken, weil sie uns möglicherweise aus unserer Komfortzone oder aus unserem intellektuellen Tagesablauf herausbringen würde. Was passiert wenn Du Deine Komfortzone verlässt? Angst kommt auf. Denn außerhalb Deiner Komfortzone hast Du keine Kontrolle. In solchen Situationen schaltet sich der Verstand gerne ein und versucht, die Situation wieder in den Griff zu bekommen. Wenn Du also eine Notwendigkeit spürst, die Dich an den Rand Deiner Komfortzone bringt, versucht der Verstand gerne, zu argumentieren und Gründe zu suchen, ob der nächste Schritt jetzt wirklich angemessen ist, oder Du ihn nicht vielleicht doch noch einmal überdenken solltest. Die Geschichten und Argumentationen, die der Verstand sich zusammenreimt, hängen direkt mit Deiner Komfortzone zusammen, d. h. mit Deinen eigenen Glaubenssätze, Deiner Erziehung, der Kultur, in der Du aufgewachsen bist, etc. - kurzum: Deine Weltanschauung und Überlebensstrategie. Es können kleine Sätze sein, die Dich hindern, den nächsten notwendigen Schritt zu gehen, z. B. „Das kann ich doch jetzt nicht machen!“ oder „Was sollen denn die anderen denken“ (die Familie, der Partner/die Partnerin, die Nachbarn, die Freunde, die Kollegen usw.) oder auch der Satz „Ich weiß doch gar nicht, wie das geht und ob ich das kann.“ Wir sind in der modernen Gesellschaft darin trainiert, uns zu erklären und unsere Handlungen logisch und nachvollziehbar erscheinen zu lassen. Wenn Du etwas nicht erklären kannst, dann wirst Du schnell als unseriös, unlogisch oder verrückt erklärt. Das genau ist jedoch die Krux, denn Notwendigkeit ist nicht-linear und lässt sich nicht immer erklären.

Wenn Du der Notwendigkeit folgst, kann es durchaus passieren, dass Du Dinge tust, die für Außenstehende oder auch für Dich selbst in dem Moment keinen Sinn ergeben oder überraschend sind. Im Nachhinein wirst Du allerdings meist sehr klar sehen, warum Du genau diesen Schritt in dem Moment gegangen bist. Beispielsweise habe ich eines Abends, als ich mit meinem Mann eine Skitour plante und wir mit Kartenmaterial und Lawinenlagebericht beschäftigt waren, plötzlich aus einer Notwendigkeit heraus, gesagt: „Ich muss mein 3-tägiges Präsenz-Training online geben!“ Die Notwendigkeit hat mich von hinten regelrecht angeschoben. Ich hatte eigentlich Urlaub und war darauf gar nicht vorbereitet. Doch es war klar, dass dies der nächste Schritt ist und ich es sofort tun muss. Also habe ich mich den Schub der Notwendigkeit genutzt, mich hingesetzt, innerhalb von 10 Minuten die Struktur für das Training aufgeschrieben und nach weiteren 2 Wochen war das Training mit Videos und Übungsblättern online. Das war, kurz bevor der 1. lange Corona Lockdown kam.

 

Bewusst im Nichtwissen stehen

Im Nichtwissen zu stehen, ist ein weiterer Aspekt, den die Notwendigkeit mit sich bringt. In einer Gesellschaft, in der Wissen großgeschrieben wird, kann das beängstigend sein und erfordert Mut. Doch genau das ist Evolution: die Fähigkeit im Nichtwissen zu stehen und trotzdem den nächsten Schritt zu machen. Es ist somit entscheidend, dass Du – um der Notwendigkeit uneingeschränkt folgen zu können - mit dem Gefühl der Angst vertraut bist, um in diesem Nichtwissen stehen zu können. Viele Menschen haben Angst vor der Angst. Angst ist für viele negativ, lähmend und macht Dich entscheidungs-unfähig. Doch das ist eine veraltete Sichtweise, die Dir nicht hilft. Fakt ist: Angst ist Angst. Ein großartiges Gefühl, das Dich kreativ, präsent und wach sein und Dich Neues ausprobieren lässt. Angst zeigt Dir, dass Du Dich in neues Gebiet begibst bzw. Dich außerhalb Deiner Komfortzone bewegst. Du kannst der Angst vertrauen und sie bewusst nutzen.

 

Eine weitere wichtige Unterscheidung ist, dass Notwendigkeit nichts damit zu tun hat, dass Du aus einer Überlebensangst oder der Erwartung anderer Menschen heraus meinst, Du solltest oder müsstest etwas tun. Wenn beispielsweise Deine Eltern von Dir erwarten, dass Du jedes Wochenende anrufst oder zum Kaffeetrinken kommst und Du versuchst diese Erwartung zu erfüllen, dann kommt das nicht aus einer Notwendigkeit, sondern aus einer Pflichterfüllung, die Du Dir selbst auferlegt hast. Möglicherweise wäre die Notwendigkeit eher jene, dass Du beginnst, Grenzen zu setzen und aufhörst, Dir das Leben von anderen diktieren zu lassen. Ein anderes Beispiel: wenn Du meinst, einem Trend folgen zu müssen, weil er gerade in aller Munde ist und Deine Freunde dem Trend auch folgen, dann folgst Du nicht der Notwendigkeit, sondern einem Herdentrieb. Es geht also immer wieder darum zu prüfen, worin die Notwendigkeit für Dein Leben jetzt gerade besteht.

Es kann durchaus sein, dass sich die Notwendigkeit durch andere Menschen zeigt, z. B. wenn Dich jemand um Hilfe bittet. Doch auch da gilt es zu prüfen, ob es sich um eine tatsächliche Notwendigkeit handelt oder die andere Person Dich bittet, weil sie selbst zu faul ist.

 

Notwendigkeit ist klar & präzise

Ein weiterer wichtiger Aspekt: Notwendigkeit hat nichts mit Bedürftigkeit zu tun! Wenn wir noch einmal das Thema Beziehung nehmen und Du beispielsweise meinst, es sei notwendig, dass Dein*e Partner*in Dir immer wieder beweist, dass er/sie Dich liebt, dann agierst Du aus einer Bedürftigkeit heraus und suchst die Liebe im Außen. Das hat aber nichts mit Notwendigkeit zu tun. Für Dich kann es sich möglicherweise so anfühlen, als sei das für Dein Überleben absolut notwendig, doch letztendlich handelt es sich in diesem Fall um eine alte Wunde aus der Kindheit oder einer alten Beziehung. Notwendigkeit IST einfach. Sie ist nicht klebrig, nicht bedürftig, nicht jammernd und nicht bittend. Notwendigkeit ist klar, präzise, hat Fokus und Richtung.

Die Notwendigkeit hat zudem die Eigenschaft, dass sie größer wird, je mehr Du sie ignorierst. Wenn es in Deiner Beziehung beispielsweise kriselt und Du die offensichtliche Notwendigkeit übergehst, Dinge mit Deine*r Partner*in zu klären, dann verschärft sich die Situation zunehmend, sodass Ihr Euch irgendwann vielleicht gar nichts mehr zu sagen habt oder nur noch streitet und Euch irgendwann trennt oder einer von Euch krank wird.

 

An die Notwendigkeit wieder andocken

Umso wichtiger ist es, wieder zu beginnen, der Notwendigkeit zu vertrauen und sie zu nutzen. Wie machst Du das? Nun es ist wie ein Muskel, den Du wieder trainieren kannst. Entscheidend dafür ist, dass Du inne hältst und still wirst. Es ist notwendig, dass Du Dein Gedankenwirrwarr loslässt und Deinem Verstand sagst, dass er kurz Pause hat.

Anschließend stellst Du die Frage: "Was ist jetzt die Notwendigkeit?" oder "Was ist jetzt der nächste Schritt?" oder "Was ist jetzt als nächstes dran?". Dann hältst Du erneut inne und wartest auf den Impuls der Notwendigkeit. Dadurch kommst Du ins Hier und Jetzt anstatt - wie bei Plänen und Wünschen - in der Zukunft unterwegs zu sein und alles mit Deinem Verstand zu analysieren. In der Zukunft hast Du keine Kraft. Du hast nur Kraft im Hier und Jetzt.

Es kann durchaus passieren, dass die Notwendigkeit ab und zu darin besteht, gerade nichts zu tun und keinen Schritt vorwärts zu gehen. Vertraue dem. Stelle in regelmäßigen Abständen einfach erneut die Frage.

Dieses Vorgehen ist übrigens auch bestens geeignet, wenn Du eine Vision verwirklichen möchtest. Du musst nicht jetzt bereits wissen, wie es geht oder wie alle Schritte bis zum Ziel aussehen. Es geht immer nur um den nächsten Schritt. Denn wer weiß, wie die Umstände übermorgen oder in 4 Wochen sind? Was machst Du, wenn Du jetzt schon alles geplant hast und die Umstände sich dann verändern? Dann kannst Du Deine Pläne wieder über den Haufen werfen. Wenn Du stattdessen der Notwendigkeit folgst, hast Du zwar die Vision vor Augen, machst jedoch immer nur den notwendigen nächsten Schritt.

Das Spannende ist: wenn Du der Notwendigkeit vertraust, kommst Du in Fluss. Dann bist Du automatisch immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Wenn Du der Notwendigkeit vertraust, bewegst Du Dich, bevor Du weißt, wie etwas geht. Du machst einfach den nächsten Schritt, der dran ist und nutzt Deine Angst bewusst, um im Nichtwissen zu stehen. Wenn Du der Notwendigkeit vertraust und Schritt für Schritt voran gehst, können sich ungeahnte neue Möglichkeiten auftun, mit denen Du nicht gerechnet hast.

Bist Du bereit, der Notwendigkeit wieder zu vertrauen und Dich von ihr bewegen zu lassen?

Herzliche Grüße,
Nicola


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