Freitag, 15. September 2017

Der Wolf im Schafspelz – Hast Du Klarheit über Deine Schattenseiten?



Ein entscheidender Aspekt, welche Art von Leben Du kreierst hängt davon ab, ob Du Klarheit und Bewusstheit über Deine sogenannten hellen Prinzipien und vor allem auch Deine Schattenprinzipien hast. Wenn Deine Absichten noch so nobel sind und Du ein erfülltes Leben leben möchtest, so könnte dies herausfordernd werden, wenn Deine unbewusste Schattenseite – Dein innerer Schweinehund - Dein Leben weiterhin untergräbt, indem er z. B. unbewusst gegen andere Menschen und Situationen ankämpft, bewertet, sogenanntes niederes Drama mit Streits, Rechtfertigungen, Jammern und Beschuldigungen anzettelt, manipuliert, arrogant ist, Dich selbst klein macht, in Konkurrenz geht oder sich rächen will.

Jack Kornfield und Joseph Goldstein sprechen in ihrem Buch Einsicht durch Meditation – Die Achtsamkeit des Herzens statt von Schattenprinzipien von sogenannten Nah-Feinden, d. h. Kräften, die den noblen Qualitäten wie Liebe, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut und damit einem verantwortlichen Leben entgegenstehen. In ihrem Buch haben sie diese 4 hellen Prinzipien, die entscheidend für ein nährendes Leben und Miteinander sind, näher betrachtet:

Nah-Feinde sind Zustände, die jenen Qualitäten sehr nahe kommen und deshalb leicht mit ihnen zu verwechseln sind, obwohl sie den Originalen ihrem Wesen nach eher entgegengesetzt sind.

Der Nah-Feind der Liebe
Der Nah-Feind der Liebe ist das Anhaften. Anhaften tarnt sich als Liebe. Ich sage: „Ich werde dich lieben, wenn du mich auch liebst.“ Das ist eine Art Händler-Liebe. Dabei denken wir im Grunde: „Ich werde diesen Menschen lieben, solange er sich nicht verändert. Ich werde dieses Ding lieben, wenn es so ist, wie ich es haben möchte.“ Doch das ist nicht Liebe sondern Anhaften. Es besteht ein großer Unterschied zwischen Liebe, die zulässt, respektiert und wertschätzt, und Anhaften, das festhält, fordert und in Besitz zu nehmen versucht. Wenn wir Anhaften mit Liebe verwechseln, so trennt uns das in Wahrheit von unserem Gegenüber. Wir haben das Gefühl, wir bräuchten diesen anderen Menschen, um glücklich sein zu können. Anhaften ist auch der Grund, weshalb wir unsere Liebe nur bestimmten Menschen anbieten und andere davon ausschließen.

Wahre Liebe ist ein universelles, nicht unterscheidendes Gefühl
(Anmerkung für mehr Klarheit: es ist ein helles Prinzip) der Fürsorge und Verbundenheit. Wir können sogar Menschen in diese Liebe einbeziehen, die wir überhaupt nicht mögen oder von denen wir keine gute Meinung haben. (…)

Der Nah-Feind des Mitgefühls
Der Nah-Feind des Mitgefühls ist das Mitleid. Statt die Offenheit des Mitgefühls zu empfinden, sagt das Mitleid: „Oh, wie dieser arme Kerl dort leidet!“ Mitleid schafft eine Spaltung zwischen uns selbst und den anderen; es ist mit einem Gefühl der Distanz und des Abstands von Leiden der anderen verbunden, als ginge es uns selbst anders als ihnen. Mitgefühl hingegen erfährt das Leiden der anderen als Spiegelung des eigenen Schmerzes … Mitgefühl ist die sanfte Bereitschaft des Herzens, auf die eigenen Leiden oder auf die anderer zu antworten, ohne Groll oder Aversion.

Der Nah-Feind der Mitfreude
Mitfreude ist die Fähigkeit, sich über das Glück anderer zu freuen. Der Nah-Feind dieser Eigenschaft ist das sich-messende Vergleichen – das Gefühl, dass unsere Erfahrung uns einem anderen überlegen beziehungsweise unterlegen macht oder uns ihm gleichstellt. Diese Kraft treibt uns dazu, uns im Vergleich mit jemand anderem zu beurteilen. Wir spalten uns und messen, bewerten und bestätigen uns in Bezug auf das Leben eines anderen Menschen. Schon das Vergleichen selbst ist, ganz abgesehen von den Schlüssen, die wir daraus ziehen, eine Quelle des Schmerzes und der Selbsttäuschung. … Mitfreude schließt alle ein, die Glück genießen und bringt uns in Kontakt mit ihnen. Ihr Wohlergehen ist unser eigenes.

Der Nah-Feind des Gleichmuts
Der Nah-Feind des Gleichmuts ist Gleichgültigkeit oder Gefühllosigkeit. Diese Eigenschaft kann sich auf uns selbst, auf unsere Familie, unsere Arbeit oder auf die Probleme der Welt beziehen. Die Stimme der Gleichgültigkeit sagt: „Wen kümmert’s? … Was macht es denn schon aus? Es ist doch ohnehin alles vergänglich!“ Dies ist die Stimme der Furcht vor der Verpflichtung, der es schwerfällt, eine spirituelle Praxis oder eine Beziehung aufrechtzuerhalten oder kontinuierlich einer Arbeit nachzugehen… Gleichgültigkeit kann uns zeitweilig zu einem trügerischen Gefühl des Friedens verhelfen. Dies ist jedoch eine nicht-fürsorgliche Einstellung und ein Rückzug von der Erfahrung; sie schneidet uns von der Lebensenergie ab. Wahrer Gleichmut ist kein Rückzug, sondern eine ausgewogene Öffnung für alle Aspekte des Lebens, ein Engagement für die Ganzheit des Lebens, das mit Fassung und geistiger Ausgeglichenheit einhergeht, ein weises Anerkennen der Natur aller Dinge.

Die Nah-Feinde sind Methoden, mittels derer wir uns aus Furcht vom Leben abtrennen.

(Quelle: Jack Kornfield und Joseph Goldstein, Einsicht durch Meditation – Die Achtsamkeit des Herzen, Arbor Verlag)

Anders gesagt: Nah-Feinde – also Schattenprinzipien – führen zu Resultaten, die einem erfüllten, verantwortlichen Leben entgegenstehen. Doch wir lernen nichts über die sogenannten Schattenprinzipien, obwohl wir ständig davon umgeben sind und die meisten von uns spätestens in der Schule mit dem Schattenprinzip der Konkurrenz und des Bewertens aufgewachsen sind. Da insbesondere diese beiden Schattenprinzipien allgegenwärtig sind, meinen wir, es sei normal zu bewerten, zu kämpfen und zu konkurrieren. Beispielsweise basiert die ganze Wirtschaft, das gesamte Finanzsystem auf dem Schattenprinzip der Konkurrenz, des sich Messens, des Bewertens.

Experiment: Den Nah-Feinden auf die Schliche kommen
Um den Nah-Feinden auf die Schliche zu kommen, ist es hilfreich, dass Du Dir einmal ganz authentisch eingestehst, wo diese in Deinem Leben wirken. Nimm Dir einfach einmal ein weißes Blatt Papier und schreibe jeweils folgende 4 Fragen mit etwas Abstand auf:
  1. Wo, bei wem und in welchen Situationen verhältst Du Dich angepasst und anhaftend?
  2. Wo wendest Du Dich von anderen ab oder sperrst die Ohren zu, weil es ihnen schlecht geht?
  3. Wann und in Bezug auf wen bist Du neidisch?
  4. Gegenüber welchen Situationen und Menschen bist Du gleichgültig? Wo hast Du eine Egal-Haltung eingenommen?

Dann schreibe unter jeder Frage aufrichtig Deine Antwort bzw. liste die verschieden Punkte auf. Allein diese Fragen zu beantworten wird Dir einen Schlüssel geben, warum möglicherweise die Dinge in Deinem Leben noch nicht so laufen, wie Du sie Dir wünschst, obwohl Du vordergründig noble Absichten hast.

Wenn Du diese Übung machst, geht es auch nicht darum, Dich selbst dafür zu geißeln, dass diese Schattenprinzipien bzw. Nah-Feine möglicherweise in Deinem Leben aktiv sind. Wenn Du Dich in Selbstgeißelung wiederfindest, zieh in Betracht, dass auch das ein Schattenprinzip ist. So wie Du die Schattenprinzipien mit anderen Menschen anwendest, kannst Du sie genauso auch in Bezug auf Dich selbst anwenden. Es geht bei Dieser Übung vielmehr darum, Deine Bewusstheit zu schärfen. Je mehr Bewusstheit Du über wirkende Schattenprinzipien und die schmerzhaften Konsequenzen in Deinem Leben bekommst desto mehr wird es Dir gelingen, einen anderen Weg einzuschlagen und sogenannte helle Prinzipien in Deinem Leben wirken zu lassen. Wir leben in einer Dualität, d. h. wir tragen beide Seiten in uns, eine helle Seite und eine dunkle Seite. Die Frage ist, welche Seite die Oberhand hat. Es ist dabei nicht mit einer einmaligen Entscheidung getan. Vielmehr ist es eine Moment zu Moment Entscheidung für den Rest Deines Lebens.

Vielleicht hast Du schon einmal die Geschichte von dem alten Cherokee Indianer und seinem Enkel gehört.

Ein alter Cherokee Indianer lehrt seinen Enkel über das Leben:
“Ein Kampf findet in mir statt,” sagte er zu dem Jungen. “Es ist ein schrecklicher Kampf zwischen zwei Wölfen.“
“Einer ist böse – er is Ärger, Neid, Sorge, Bedauern, Gier, Arroganz, Selbstmitleid, Schuld, Groll, Minderwertigkeit, Lügen, falscher Stolz, Überlegenheit, Selbstzweifel und Ego.“
Der andere ist gut – er ist Freude, Frieden, Liebe, Hoffnung, Gelassenheit, Demut, Freundlichkeit, Güte, Empathie, Großzügigkeit, Wahrheit, Mitgefühl und Vertrauen.“
“Dieser gleiche Kampf findet auch in Dir statt – und in jeder anderen Person auch.”
Der Enkelsohn dachte darüber eine Minute nach und fragte seinen Großvater: „Welcher Wolf wird gewinnen?“
Der alte Cherokee Indianer antwortete: „Der, den Du fütterst.“

Es ist also notwendig, dem inneren Schweinehund auf die Schliche zu kommen. Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Das ist ein universelles Gesetz. Welchen Wolf fütterst Du?

Beste Grüße,
Nicola Nagel


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