Montag, 15. Juni 2015

NEW WORK: Die 3 entscheidenden Komponenten für Evolution



In letzter Zeit nimmt eine Bewegung Fahrt auf, die sich mit neuen Arbeitsweisen und neuen Unternehmensstrukturen beschäftigt. Weltweit gibt es immer mehr Menschen und Initiativen, die die Vision verfolgen, eine neue, für die Menschen und die Erde tragfähige Art des Arbeitens und Wirtschaftens zu etablieren. Dazu gibt es bereits großartige und inspirierende Praxisbeispiele von einzelnen Geschäftsführern und Teams, die mutig vorangehen. Sei es die Firma Semco in Brasilien, die u. a. freie Arbeitszeiten und Offenlegung der Gehälter praktiziert, die Firma Gravity Payments in USA, deren CEO Dan Price auf Kosten seines hohen Managergehaltes seinen Mitarbeitern einen Mindestlohn von 70.000 Dollar pro Jahr garantiert oder die Farbenwerke Wunsiedel in Deutschland, die sich zu einer Netzwerkorganisation wandeln, in der jeder Mitarbeiter sich nur noch entsprechend seiner Talente und Inspiration den Aufgaben widmet, die er vollverantwortlich und gerne macht. Es gibt noch viele weitere Firmen, die mutig vorangehen. Eines ist ihnen gemein: sie alle sind Pioniere.

So beeindruckt viele Menschen von diesen innovativen Praxisbeispielen auch sind,  so oft werden jedoch auch Stimmen laut, die sagen: „Ja, das geht bei denen, aber bei uns in der Firma oder in einem anderen Konzern ist das doch gar nicht möglich.“ Eine sehr beliebte und bequeme Ausrede, um Veränderung von vornherein zu verhindern und die gewohnten Bahnen nicht zu verlassen. Vielen ist dabei nicht bewusst, dass Evolution 3 entscheidende Komponenten beinhaltet:

  1. Nichtwissen
  2. Regeln brechen
  3. Schnelles Lernen

1.   Nichtwissen
Aus dem Nichtwissen heraus zu agieren bedeutet, tatsächlich keine Ahnung zu haben, wie es geht. Dieser Aspekt an sich scheint völlig absurd, da in der modernen Gesellschaft der Fokus stark auf Kontrolle und Sicherheit liegt. Die Jahreszahlen, der Gewinn, der Marktanteil, die Versicherungen, alles wird genau geplant. Ein Manager, der keine Antwort auf Fragen hat, auf Kontrolle der Mitarbeiter verzichtet oder keine Ahnung hat, wie sich ein Projekt entwickeln wird, wird schnell als unprofessionell und nicht zurechnungsfähig abgestempelt. Das Patriarchat hat die Menschen gelehrt, es sei besser und absolut notwendig, die Dinge im Griff zu haben, zu wissen wie etwas geht, kein zu hohes Risiko einzugehen und jederzeit eine professionelle Figur zu machen.

Diese Aspekte stehen Evolution jedoch entgegen. Evolution funktioniert nicht mit Kontrolle, Sicherheit, Netz und doppeltem Boden. Oder dachten Sie Galileo Galilei hätte gewusst, wie seine Reise verlaufen würde, als er sich auf den Weg machte zu schauen, ob er am Ende der flachen Erdscheibe tatsächlich mit seinem Schiff über die Kante fällt? Evolutions-Pioniere sind bereit, nicht zu wissen. Menschen mit der Vision, dass ein anderes Arbeiten im Dienst der Menschen und der Erde möglich ist, sind bereit, voranzugehen ohne zu wissen, wie es geht. Die Vision ist in dem Fall wichtiger, als „gut“ auszusehen und von allen akzeptiert und gemocht zu werden.

Um im Nichtwissen stehen zu können, ist eines allerdings entscheidend: Sie müssen mit Ihrer Angst vertraut sein und sie in Besitz genommen haben. Wenn Angst für Sie nicht okay ist, dann werden Sie keinen wagemutigen Schritt in eine völlig neue Richtung machen oder bahnbrechende neue Ideen vorschlagen und ausprobieren.

Angst ist eines von vier großen Gefühlsterritorien (Wut, Freude, Traurigkeit und Angst), die uns im Leben dienen. Angst ist mit den anderen drei Gefühlen zusammen ein zielsicheres Navigationssystem, das Sie durch das Leben und durch Veränderung leitet. Die gängige Meinung über Angst ist jedoch, dass sie schlecht und zu vermeiden ist. Sie ist schwach, negativ, blockierend, gefährlich, lässt Sie als Feigling dastehen, ist unprofessionell und ganz sicher keine Eigenschaft eines kompetenten Mitarbeiters oder Managers. Ein Irrglaube, der über Jahrzehnte in unseren Köpfen genährt wurde (denken Sie nur einmal darüber nach, dass 90% der Medien-Werbungen subtile Angstbotschaften benutzen, um die Menschen zu manipulieren und klein zu halten).

Wenn Angst auf Basis dieses parasitären Irrglaubens für Sie nicht okay ist, werden Sie nicht in der Lage sein, sich pionierhaft in evolutionäres Neuland zu begeben. Dann wird die Angst Sie besitzen und dafür sorgen, dass Sie aufgrund möglichen Gegenwinds, Konflikten oder Kontrollverlust auf Ihrem bekannten Platz bleiben, weil es für Sie zu gefährlich ist, bisherige, längst überholte Regeln zu brechen. Mit dem Glaubenssatz Angst sei negativ und unprofessionell, werden Sie Ihre Komfortzone nicht verlassen und somit vermeiden im Unternehmen möglicherweise gefährliche Fragen zu stellen, auf Missstände hinzuweisen, verrückte Ideen auszuprobieren und Ihre Vision einer neuen Arbeitsweise zu verfolgen.

Die interessante Frage ist: Wenn es sich um einen Irrglauben handelt, was ist Angst stattdessen? Ziehen Sie einmal in Betracht, dass Angst (wie die anderen drei oben genannten Gefühle auch) neutrale Energie und Information ist, die Ihnen dient. Wie könnte Ihnen Angst unter dieser neuen Annahme dienen? Was könnten Sie mit Angst sinnvoll tun? Mit Angst können Sie beispielsweise:

  • Kreativ werden
  • Innovativ sein
  • Verrückte oder bahnbrechende Ideen entwickeln
  • Neues Gebiet betreten und erforschen
  • Planen / vorsichtig sein
  • Wachsam und aufmerksam sein
  • Sich konzentrieren
  • Neugierig sein
  • Präzise sein
  • Gefährliche Fragen stellen
  • Fehler machen
  • Nichtlinear vorgehen
  • Improvisieren
  • Gefahren wittern / Risiken abschätzen

Ist Angst vor diesem Hintergrund nützlich? Ja, auf jeden Fall! Machen Sie sich bewusst, dass Angst nur Angst ist, ein hilfreiches Gefühl, das Ihnen dient.

Wenn Angst für Sie okay ist und Sie Ihre Angst in Besitz nehmen (z. B. indem Sie in einem sicheren Trainingsumfeld einmal 100% maximale Angst in Ihrem Körper spüren und feststellen werden, dass Sie größer sind als die Angst), dann können Sie pionierhaft vorangehen, Ihre Komfortzone verlassen und Ihrer Inspiration folgen, ohne zu wissen, was Sie erwartet oder wie etwas geht.

Evolution beinhaltet Nichtwissen. Evolution entsteht aus dem Nichtwissen. Was bedeutet das konkret? Wenn Sie eine brillante, innovative Idee haben, wie neues Arbeiten funktionieren könnte, dann müssen Sie nicht wissen, wie es genau geht. Es ist nicht notwendig, im Vorfeld bereits die Meilensteine in einem Projektplan niederzuschreiben, alle Details zu kennen oder gar zu wissen, wie sich die Idee bzw. das Projekt entwickeln wird. Entscheidend ist vielmehr, dass Sie sich der Vision verpflichten. Der Rest ergibt sich automatisch.

Bedarf es dafür Mut? Ja, durchaus. Doch machen Sie sich bewusst, dass Mut nicht das Ausbleiben von Angst ist. Mut ist die Entscheidung, dass etwas anderes wichtiger ist, als die Angst.


2.   Regeln brechen
Um eine gesunde und tragfähige Arbeitsweise in Unternehmen initiieren zu können, ist es notwendig, Regeln zu brechen und neue Unterscheidungen zu treffen. Regeln, Annahmen und Unterscheidungen sind Teil des Unternehmenskontextes, die als gegeben betrachtet werden und meist nicht mehr hinterfragt werden.

Evolution in Unternehmen beinhaltet jedoch vor allem auch, neue, verrückte Ideen vorzuschlagen bzw. auszuprobieren. Das kann bereits bei kleinen Dingen beginnen. Ihre Meetings dauerten in der Vergangenheit beispielsweise viel zu lange und die Teilnehmer waren oftmals während dessen mit anderen Dingen beschäftigt? Dann entfernen Sie für das nächste Meeting einmal alle Tische und Stühle aus dem Raum, sodass die Leute in einem offenen Kreis stehen. Lassen Sie sich überraschen, wie schnell und effektiv das Meeting sein wird. Wenn Sie vorher Angst spüren ist das angemessen, denn Sie betreten Neuland (vorausgesetzt, Sie haben solch ein Meeting noch nie gemacht). Sie können nicht wissen, wie die Kollegen reagieren werden, was sie von Ihnen halten werden, ob Sie möglicherweise für verrückt erklärt werden, etc. Haben Sie jedoch die oben genannte neue Sichtweise in Bezug auf Angst verinnerlicht, können Sie sich – sobald Sie Angst spüren – bewusst machen:„Ah! Ich spüre Angst. Angst ist Angst. Nur das. Sie zeigt mir, dass ich jetzt gerade etwas völlig Ungewohntes ausprobiere.“ Dann vertrauen Sie im nächsten Schritt dieser Angst und gehen einfach mutig weiter.

Genauso wie für das kleine Beispiel mit der neuen Raumanordnung können Sie Angst für größere, evolutionäre Ideen nutzen. Viele großartige Ideen, die einen echten Unterschied in Unternehmen machen würden, werden von Mitarbeitern nicht angebracht aus Angst davor, was der Chef oder die Kollegen von ihnen halten werden oder gar aus Angst davor, ihren Job zu verlieren. Der alte Irrglaube über Angst und darüber, dass Regeln in jedem Fall zu befolgen sind, sitzt tief in unseren Zellen. Es ist jedoch höchste Zeit, eine neue Richtung einzuschlagen und den Weg für neues Miteinander, andere Kommunikations- und Verhaltensformen, neue tragfähige Werte und neue Führungs- bzw. Nicht-Führungsmodelle zu ebnen.

Welche Regeln sind es in Ihrem Unternehmen, die veraltet, nicht zielführend, destruktiv und demotivierend sind und dringend einer Änderung bedürfen? Welche inspirierenden Ideen haben Sie stattdessen?

3.   Schnelles Lernen
Wie bereits erwähnt, bedingt Evolution Nichtwissen. Niemand weiß, wie die Unternehmen der Zukunft genau aussehen werden. Das ist schon allein deswegen nicht möglich, weil jedes Unternehmen andere Mitarbeiter hat, die alle anders ticken und es somit kein einheitliches Konzept gibt. Es gibt kein Patentrezept, wie eine tragfähige Arbeitsweise in Zukunft aussehen wird. Umso wichtiger ist es, Dinge  auszuprobieren, um für das eigene Unternehmen den optimalen Weg zu finden.

Pioniere, Edgeworker, Impuls- und Ideengeber, die ihre Vision einer neuen Arbeitswelt verfolgen, sind bereit, ihre Komfortzone zu verlassen. Im übertragenen Sinne sind sie bereit, zu sterben. Sie fürchten sich nicht davor, Fehler zu machen. Im Gegenteil, sie sind bereit Fehler zu machen, da Fehler für sie nicht negativ, sondern einfach nur glasklares Feedback auf dem Weg der Evolution sind.

Sie praktizieren sogenanntes Schnelles Lernen, das aus 3 Schritten besteht:
  1. GO! => Sie haben eine brillante Idee, gehen los und probieren die neuen Möglichkeiten aus.
  2. Feedback => Sobald Sie losgegangen sind, erhalten Sie unmittelbar Feedback. Dies kann entweder GO! („Das funktioniert!“) oder BEEP! („Das hat nicht funktioniert!“) sein. Machen Sie sich bewusst, dass es tatsächlich nur diese beiden Arten von Feedback gibt. Wenn Sie etwas Neues ausprobieren und ein BEEP! erhalten, bedeutet dies lediglich, dass etwas nicht funktioniert hat. Es ist neutrales Feedback über die Vergangenheit. Gehen Sie dann einfach zum dritten Schritt des schnellen Lernens über.
  3. SHIFT! Haben Sie ein BEEP! erhalten, ist dieser dritte Schritt entscheidend. Verändern Sie etwas und gehen Sie dann wieder los und probieren etwas anderes aus.

Schnelles Lernen ist entscheidend, wenn Sie Neuland betreten. Die Effektivität dieses 3-Stufen-Prozesses ist dabei abhängig von Ihrer Sicht auf Feedback. Ist Feedback für Sie Kritik, negativ, oder gar ein persönlicher Angriff, so werden Sie steckenbleiben. Schnelles Lernen funktioniert nur, wenn Sie Feedback als Gold betrachten und als klaren Indikator dafür, was es auf dem Weg der Evolution zu verändern gilt. Beim Erforschen und Etablieren einer neuen, tragfähigen Arbeitsweise ist es notwendig, das schnelle Lernen in den Alltag integrieren und permanent Feedback von Kollegen einzuholen.

Erinnern Sie sich: Mut nicht das Ausbleiben von Angst ist. Mut ist die Entscheidung, dass etwas anderes wichtiger ist, als die Angst. Die Zeit des Wandels in Unternehmen ist bereits angebrochen. Es ist dringend notwendig, alte, nicht mehr dienliche Strukturen, Regeln und Vorgehensweisen über Bord zu werfen und neue, inspirierende und tragfähige Möglichkeiten zu etablieren. Was ist Ihre Vision in Bezug auf neues Arbeiten? Wann beginnen Sie?

Herzlich visionäre Grüße,
Ihre Nicola Nagel


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Tipp: Mehr zu neuer Feedback-Kultur, schnellem Lernen und vielen evolutionären Aspekten hinsichtlich neuer Unternehmensführung und Arbeitsweise finden Sie im Buch „Edgeworker: Leadership war gestern – Es ist Zeit für die Führungs-(R)Evolution!“ von Nicola Nagel und Patrizia Servidio


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