Kennen Sie Menschen, die gelegentlich JA sagen,
aber innerlich eigentlich NEIN meinen? Waren Sie womöglich selbst schon einmal
in der Situation, dass Sie JA gesagt haben, obwohl Sie mit etwas nicht wirklich
einverstanden waren?
Hier ein simples Beispiel: Stellen Sie sich vor
eine Gruppe von 6 Freunden hat sich zum Abendessen in der Stadt verabredet,
ohne vorher die Lokalität festzulegen. Am vereinbarten Treffpunkt beginnt eine
wilde Ideen-Sammlung und schnell steht fest, dass drei Leute gerne zum
Italiener möchten, während die andere Hälfte lieber zum Asiaten möchte. Oh-Ha!
Was nun? 2 Positionen mit jeweils wirklich guten Argumenten. Letztendlich
stellt sich heraus, dass einer der 3 Asiaten-Befürworter eigentlich indifferent
ist und durchaus auch zum Italiener gehen würde. Somit wird kurzerhand das
Mehrheitsprinzip angewandt, die 2 verbleibenden Asiaten-Fans überstimmt und die
Meute bricht Richtung Italiener auf.
Nun könnte man meinen, dass die Mehrheit ja für den
Italiener gestimmt hat und damit alles gut ist. Doch ist es das tatsächlich?
Der Mehrheitsentscheid ist Gang und Gäbe in unserer Gesellschaft. Wer ist
dafür, wer ist dagegen. Zack, die Mehrheit gewinnt. Ich gewinne – Du verlierst,
lautet das beliebteste Spiel.
Im Beispiel „gewinnt“ die Gruppe, die für den
Italiener ist. Nun wird es spannend: Was ist mit den 2 Personen, die lieber zum
Asiaten wollten und nun als Schlusslichter der Gruppe hinterher trotten?
Ertragen sie die Entscheidung oder akzeptieren sie diese? Wie sieht es aus mit
diversen Gegebenheiten oder Situationen in der Partnerschaft, dem Job, in der
Freizeit mit Freunden, mit dem Nachbarn? Es ist eine Frage, die alle
Lebensbereiche betrifft. Ertragen Sie
Entscheidungen, Gegebenheiten, Situationen? Oder akzeptieren Sie sie voll und
ganz.
Lassen Sie uns einmal schauen, was der Unterschied
ist.
Wenn Sie etwas akzeptieren, dann:
·
sind Sie in Ihrer Kraft.
·
sind Sie im Hier und Jetzt präsent mit dem was ist.
·
sind Sie ein JA.
·
können Sie kreativ sein und in Aktion treten .
·
können Sie verantwortlich agieren.
·
können Sie neutral sein.
·
können Sie spielerisch sein.
·
sind Sie flexibel.
·
sind Sie zentriert.
·
können Sie den nächsten Schritt gehen.
·
Können Sie die nächste Entscheidung treffen.
Wenn Sie hingegen etwas ertragen, dann
·
sind Sie in der Opferrolle; Sie sind das Opfer der
Umstände.
·
sind Sie innerlich ein Nein.
·
bauen Sie unbewusst Groll auf.
·
zerstören Sie Nähe und Vertrautheit.
·
sind Sie nicht authentisch.
·
verhalten Sie sich angepasst.
·
vergeuden Sie Ihre Energie und Kraft.
·
sind Sie in Abwehr-Position.
·
machen Sie andere für die Umstände verantwortlich.
·
können Sie keine klaren Entscheidungen treffen.
·
stecken Sie im Sumpf fest.
·
sind sie unflexibel und starr.
Das Wort birgt es schon in sich: ER-TRAGEN. Sie
tragen etwas, das Sie nicht wollen. Es ist wie eine Last. Wie viele Menschen
kennen Sie in Ihrem Umfeld, die im Job, in der Familie, ja sogar in ihrer
Freizeit verschiedenste Dinge ertragen? Wenn Sie etwas ertragen, dann sind Sie
innerlich gegen das, was gerade passiert. Und genau das ist der kraftzehrende
Akt: Sie kämpfen innerlich gegen etwas, das für Sie nicht in Ordnung ist und grummeln
– mal mehr, mal weniger – vor sich hin.
AKZEP-TANZ hingegen hat in der Tat etwas mit Tanz
zu tun. Wenn Sie eine Gegebenheit voll und ganz akzeptieren, d. h. innerlich
bejahen und sagen können „Ja, okay es ist wie es ist, das ist jetzt die
Situation“, dann wird Ihr Agieren zu einem spielerischen Tanz mit dem, was ist.
Sie bleiben flexibel, spontan, kreativ. Doch wie kommen Sie zu Akzeptanz?
Lassen Sie uns an dieser Stelle mit den beiden
folgenden Experimenten weitermachen.
Experiment 1:
Was ertragen Sie?
Schreiben Sie einmal auf, welche Dinge oder
Situationen Sie in Ihrem Leben ertragen. Das können kleine oder große Dinge
sein. Angefangen beim Nachbarn, der zu laut Musik hört, Sie jedoch aus
Höflichkeit und Toleranz lieber nichts sagen, bis hin zum Job, der Sie
eigentlich alles andere als erfüllt, der aber sehr lukrativ ist und die Miete,
das Auto und den nächsten Urlaub sichert. Es geht wie gesagt um Gegebenheiten
oder Situationen, bezüglich derer Sie lieber nichts sagen, jedoch auch nicht
einverstanden sind. Was ertragen oder dulden Sie?
Experiment 2:
Welchen Nutzen haben Sie davon?
Uuuh, jetzt wird es herausfordernder. Denn jetzt
geht es darum, dass Sie schonungslos ehrlich aufschreiben, welchen Nutzen Sie
davon haben, etwas zu ertragen, zu erdulden. Ihr Gremlin (Sie wissen ja, dieses
kleine Monster in jedem, der innere Schweinehund) könnte zum Beispiel den
großen Nutzen haben, Nähe und Vertrautheit zu zerstören, authentischen Kontakt
zu vermeiden, Rache zu üben, das arme Opfer zu spielen, das ja doch nicht
bekommt, was es will. Oder er könnte den großartigen Grund erfinden, dass im
Leben eben nicht alles so einfach ist und rund läuft, insbesondere nicht für
Sie und dass Sie eben einfach gewisse Dinge ertragen müssen. Tolle
Opfergeschichte! ER-TRAGEN… Manche Menschen ziehen den herrlichen, versteckten
Nutzen daraus, dass andere Personen in ihrem Umfeld sehen, wie vermeintlich stark
sie sind und sie dadurch Anerkennung bekommen, getreu dem Motto „Schaut her,
was ich alles zu ertragen habe bzw. ertragen kann!“
Seien sie wirklich ehrlich. Ihr Gremlin wird diese
Übung hassen. Das ist okay. Geben Sie ihm ein Stück Schokolade oder einen
Kaffee, damit er für diese Übung etwas zu fressen hat und Sie nicht von dem
Experiment abhält. Oder geben Sie ihm die interessante Aufgabe, Ihnen
mindestens 5 seiner Schattenabsichten zu nennen, wenn Sie etwas in Ihrem Leben erragen.
Die entscheidende Frage ist oftmals, wie Sie dahin
kommen, dass Sie Veränderungen oder Gegebenheiten akzeptieren können.
Insbesondere bei spontanen Veränderungen ist es
entscheidend, die verschiedenen Phasen des Veränderungsprozesses* zu
durchlaufen. Es handelt sich um insgesamt 5 Phasen, die mit jeweils einem
Gefühl verbunden sind. Lassen Sie uns einmal zu dem Restaurant-Beispiel
„Italiener vs. Asiate“ zurückkehren und die 5 Phasen betrachten:
1.
Phase 1: Verleugnung – Angst
Verleugnung ist meist die erste Phase bei Veränderung. Die 2 Personen,
die zum Asiaten wollen, könnten das z. B. wie folgt ausdrücken: „Was? Oh nein! Ihr
wollt doch nicht im Ernst zum Italiener, oder?“ Das dahinter steckende Gefühl
ist Angst. Angst, dass das, was sie sich vorgestellt haben, zusammenbricht und
nicht mehr relevant ist, übergangen wird oder sie ihre Position verlieren
könnten.
2.
Phase 2: Empörung – Wut
Nachdem der erste Schock verdaut wurde, kommt der Zustand der Empörung. Ein innerer Mechanismus springt an, der Sie die eigene Position verteidigen lässt. Es kommt u. U. zur Diskussion und die eigene Position wird mit Argumenten untermauert. Die Asiaten-Fans könnten z. B. sagen: „Oh man, immer muss es der Italiener sein. Das nervt. Beim Italiener waren wir doch neulich erst.“
Nachdem der erste Schock verdaut wurde, kommt der Zustand der Empörung. Ein innerer Mechanismus springt an, der Sie die eigene Position verteidigen lässt. Es kommt u. U. zur Diskussion und die eigene Position wird mit Argumenten untermauert. Die Asiaten-Fans könnten z. B. sagen: „Oh man, immer muss es der Italiener sein. Das nervt. Beim Italiener waren wir doch neulich erst.“
3. Phase 3: Verhandlung – vermischte
Gefühle
Das ist die Phase in der Sie, wenn Sie Ihre Position gefährdet sehen,
einen Kompromiss vorschlagen. Genauer gesagt ist es der Gremlin, der mit
cleveren Mitteln versucht „faule“ Kompromisse ins Spiel zu bringen, sodass die
andere Person auch nicht gewinnt. Im Restaurant-Beispiel könnten die
Befürworter des asiatischen Restaurants z. B. sagen: „Hey, wieso gehen wir
nicht einfach mal ganz woanders hin, zum Beispiel zum Afghanen? Da waren wir
noch nie!“ In dieser Phase sind oftmals verschiedene Gefühle vermischt.
4.
Phase 4: Gram – Traurigkeit
In der vierten Phase erkennen Sie, dass Sie Ihre Position aufgeben
müssen. Das damit einhergehende Gefühl ist Traurigkeit. Im Falle des
Restaurants ist das die Erkenntnis, dass die Mehrheit zum Italiener möchte. Es
ist die traurige Erkenntnis, dass Sie das, worauf Sie sich vielleicht so sehr
gefreut haben, nicht bekommen.
5.
Phase 5: Akzeptanz – Freude
Schließlich gelangen Sie zur Phase der Akzeptanz. Das damit
zusammenhängende Gefühl ist Freude. Doch genau diese Phase birgt die größte
Herausforderung. Die Falle die in dieser Phase lauert, ist die sogenannte
vermeintliche Akzeptanz. Das bedeutet, dass Sie zwar „Jaja“ sagen, doch
innerlich nicht wirklich zustimmen. Es ist eine Pseudo-Akzeptanz. Und Sie sind garantiert
in der Pseudo-Akzeptanz, wenn Sie innerlich weiter wütend sind, oder diese
netten Stimmen in Ihrem Kopf Sätze plappern wie „Oh man, das nächste Mal gehe
ich alleine essen. Immer das gleiche.“
Um zur wahren Akzeptanz zu gelangen, ist es entscheidend,
dass Sie sich klar machen, was Sie tatsächlich wollen und was Ihre wahre, helle
Absicht ist, nicht Ihre sogenannte Gremlin Schattenabsicht. Sie werden
vielleicht lachen, doch die wenigsten Menschen sind in der Lage zu sagen, was
sie wollen.
Experiment 3: Was
wollen Sie wirklich?
Schauen Sie sich noch einmal die Liste aus
Experiment 1 an. Das sind die Dinge, die Sie in Ihrem Leben aktuell ertragen.
Nun schreiben Sie auf, was Sie stattdessen tatsächlich wollen. Legen Sie los
und lesen Sie erst weiter, wenn Sie Ihre Liste erstellt haben.
…
Haben Sie alles aufgeschrieben? Nun zählen Sie
einmal folgendes:
·
Wie viele Punkte haben Sie, die eine Negierung
enthalten? (Also z. B. „Ich will keinen Streit mehr mit meinem Mann um das
Aufräumen der Garage“ oder „Ich will nicht ständig mit meinem Chef diskutieren
müssen“).
·
Wie viele Punkte haben Sie, die andere Menschen
einbeziehen? (Z. B. „Ich will, dass mein Nachbar leiser Musik hört“ oder „Ich
will, dass mein Partner mehr klare Grenzen gegenüber den Kindern setzt.“)
Gut, hier die Auflösung: Alle Punkte, die in die
beiden soeben genannten Kategorien fallen, sagen NICHTS darüber aus, was SIE
wollen. Stattdessen sagen diese Punkte aus, was Sie nicht wollen, bzw. was Sie wollen, dass andere Leute tun. Es ist erstaunlich, dass viele
Menschen ad hoc Schwierigkeiten haben, das auszudrücken, was sie selbst wollen.
Formulieren Sie diese Punkte nun so um, dass sie
genau aussagen, was Sie wollen. Z. B. „Ich möchte mehr Harmonie in meiner
Partnerschaft“, oder „Ich möchte mehr Teamwork in der Firma“, oder „Ich möchte
eine nette Nachbarschafts-Beziehung“ oder „Ich möchte mehr Klarheit und Grenzen
in der Familie“.
Klarheit darüber zu haben, was Sie wollen, ist der
erste Schritt, um aus dem „Ich-Ertrage-Es-Opfer-Modus“ heraus zukommen. Wenn
sie wissen, wo Sie hin möchten, können Sie im zweiten Schritt klar sehen, wo
Sie in Aktion treten müssen. Sie kommen
vom „Wollen“ ins „Tun“. Vielleicht ist es an der Zeit Grenzen zu setzen, oder
Entscheidungen zu treffen. Seien Sie authentisch. Bleiben Sie nicht in der
vermeintlichen Akzeptanz, im Ertragen hängen, nur um zu vermeiden, Grenzen zu
setzen oder klare Entscheidungen zu treffen. Wie viel Zeit wollen Sie noch
vergeuden mit dem Ertragen von Situationen? Wie viel unbewussten Groll wollen
Sie noch aufbauen? Etwas zu ertragen schürt unbewusst das Aufbauen von Groll. Nutzen
Sie stattdessen Ihre Wut bewusst, um in Aktion zu treten oder Grenzen zu
setzen. Wenn Sie mehr Harmonie in der Partnerschaft wollen, denn spiegelt Ihnen
das Universum genau das wieder, nämlich die Erfahrung von „es wollen, aber
nicht haben“. Können Sie akzeptieren, dass Sie im Augenblick keine Harmonie in
der Partnerschaft haben? Und wenn ja, was tun Sie im nächsten Schritt, um
verantwortlich die helle Absicht von Harmonie in Ihre Partnerschaft zu bringen?
Der Gremlin ist clever. Er liebt es etwas zu er-tragen,
um jammern zu können, um ja keine Verantwortung übernehmen zu müssen, oder um
Beziehung durch Groll zu zerstören. Welche Schattenabsichten sind beim
Er-TRAGEN am Werk und um welche hellen Absichten geht es Ihnen tatsächlich? Im
einfachen Beispiel des Restaurants könnten Sie zum Beispiel die Frage stellen:
„Worum geht es wirklich?“ Geht es darum Recht zu haben und Ihren Willen
durchzusetzen und es zu ertragen, wenn es dann doch zum Italiener anstatt zu
Ihrem Asiaten geht (unverantwortliche Schattenabsicht)? Oder geht es Ihnen
tatsächlich darum, gemeinsam mit Freunden essen zu gehen
(verantwortliche Helle Absicht)? Was wollen Sie wirklich? Und wenn letzteres
Ihre helle Absicht wäre, wie leicht wäre es dann, die Wahl für das Italienische
Restaurant voll und ganz zu akzeptieren, um verantwortlich Gemeinschaft mit
Freunden zu kreieren?
Hat (akzep-)TANZEN oder (er-)TRAGEN in Ihrem Leben
die Oberhand? Tanzen oder Tragen, Authentizität oder Farce, Kreieren oder
Feststecken, es liegt in Ihrer Hand.
In diesem Sinne herzlich tanzende Grüße,
Ihre Nicola Nagel
*
Die 5 Phasen zur Anpassung an Veränderung stammen ursprünglich von Elisabeth
Kübler-Ross und wurden im Rahmen des Possibility Managements abgewandelt und
auf andere Themenbereiche übertragen.