Sonntag, 12. Dezember 2010

Wenn es in der Stillen Nacht zuhause mal so richtig kracht…

Bald ist Weihnachten. Freuen Sie sich auch schon auf ein paar ruhige, harmonische Tage mit Ihrem Partner oder Ihrer Familie? Gerade vor Weihnachten scheinen die Menschen noch gehetzter zu sein, als das restliche Jahr. Die Kaufhäuser sind überfüllt, jeder ist auf der Suche nach dem richtigen Geschenk, es ist ein Schieben und Drängeln in der Stadt und es scheint, als sei alles nur noch auf Konsum ausgerichtet. Wie schön, wenn dann endlich Weihnachten ist und der Stress für einige Tage aufhört. Doch das ist leichter gesagt als getan. Denn kaum sind die Weihnachtsgeschenke organisiert und die festlichen Tage beginnen, gibt es die nächste Herausforderung: Die Familie, der Partner, die Oma, die Onkel und Tanten, die Geschwister und alle anderen Lieben, die so um uns herum schwirren. Da kann die harmonische, besinnliche Stille Nacht schon einmal zu einem Desaster werden.

Interessanterweise wünschen sich die meisten Menschen, dass sie ein friedliches und harmonisches Weihnachtsfest verleben. Wieso also kracht es zu Weihnachten dann so häufig?

Es beginnt schon im Vorfeld. Sobald die Adventszeit eingeläutet ist, bauen wir diese Erwartung auf, dass alles schön besinnlich, harmonisch, friedlich sein soll. Wir malen uns aus, wie schön es wäre, friedlich unter dem Tannenbaum mit all den Geschenken zu sitzen und uns mit Partner und Familie einfach zu freuen. Nun ist das aber mit den Erwartungen so eine Sache. Erwartungen und Annahmen sind prädestiniert dafür, nicht erfüllt zu werden, denn diese treffen wir still und heimlich, um uns eine Welt zu erschaffen, wie wir sie gerne hätten. Wir erwarten z. B. dass sich unser Partner riesig freut, wenn er unser Geschenk öffnet, oder dass er zuvorkommend ist, wenn wir gemeinsam am festlich gedeckten Tisch sitzen. Vielleicht erwarten wir auch von unserer Familie, dass sich z. B. die Kinder wenigstens an diesem Abend nicht raufen, Tante Elfi nicht wieder mit ihrer Krankengeschichte anfängt und Onkel Paul nicht wieder muffelig ist. Wenn alle unsere Erwartungen erfüllt würden, ja dann wären wir wirklich glücklich.

Viel Erfolg damit! Erwartungen werden in den wenigsten Fällen erfüllt. Und nicht nur das, ERWARTUNGEN KILLEN BEZIEHUNG. Wenn Sie Ihre Beziehung zu Ihrem Partner und zu Ihrer Familie auf Erwartungen und Annahmen aufbauen, können Sie nicht wahrhaftig in Beziehung sein. Eine Erwartung ist nichts anderes als Wunschdenken und damit versuchen Sie, eine andere Person nach Ihren Vorstellungen zu manipulieren. Sie sind nicht mehr offen dafür, wenn etwas anderes passiert, denn Sie schauen nur darauf, ob Ihre Erwartung erfüllt wird oder nicht.

Wird sie nicht erfüllt, dann fühlen wir uns verletzt, verärgert, unzulänglich, traurig oder genervt, was wiederum dazu führt, dass wir – bewusst oder unbewusst – Groll gegen die andere Person hegen. Das passiert übrigens nicht nur zu Weihnachten, sondern das ganze Jahr über. Passiert dies mehrmals und sprechen wir nicht mit der Person, die diesen Groll in uns auslöst, so sammeln wir persönliche Rabattmarken oder Grollpunkte und kleben diese in unser imaginäres Rabattmarken-Heftchen. Haben wir für die Person dann genug Rabattmarken oder Grollpunkte gesammelt, holen wir aus, um die richtig große Prämie zu kassieren. Wir benutzen unsere Rabattmarken, um zu beweisen, dass wir Opfer sind und von dem anderen betrogen oder verletzt wurden, dass der andere dumm und wir überlegen sind, oder dass wir Recht haben und der andere Unrecht. Nur eins steht fest: „ENTWEDER DU HAST RECHT, ODER DU BIST IN BEZIEUNG!

Wenn Sie stattdessen keinerlei Erwartungen haben oder Annahmen treffen, dann können Sie im JETZT präsent sein und mit dem sein, was gerade da ist. Kürzlich fragte mich jemand: „Ja, aber wenn ich jetzt zu Weihnachten von meinem Partner etwas geschenkt bekomme, was ich total scheußlich finde, dann bin ich nun mal sauer, was soll ich denn da machen.“ Ich stellte folgende Gegenfrage: „Warum denkst Du, schenkt Dein Partner Dir überhaupt etwas?“

Wir sehen oftmals nur das Vordergründige. Wir werden in unserer Gesellschaft dazu erzogen, dass eine Person daran gemessen wird, was sie hat oder tut. Sie wissen schon: mein Haus, mein Auto, meine Jacht. Jemand in einer Vorstandsposition wird als „besser“ angesehen, als jemand, der am Postschalter arbeitet.

Ich lade Sie zu einem Experiment ein:

Teil 1:
Schreiben Sie einmal alle Erwartungen auf, die Sie an Ihren Partner oder an Ihre Familie und Freunde haben, sei es jetzt zur Weihnachtszeit oder generell. Machen Sie eine wirklich detaillierte Liste. Wenn Sie die Liste erstellt haben, überprüfen Sie einmal, wie viele Grollpunkte Sie schon gesammelt haben, weil die eine oder andere Erwartung einmal oder mehrmals nicht erfüllt wurde. Sprechen Sie dann mit Ihrem Partner oder der Person, an die Sie eine Erwartung haben, darüber.

Teil 2:
Schauen Sie einmal hinter die Haben-Tun-Maske und sehen Sie, was das SEIN der Person ausmacht. Dazu schauen Sie mit Ihren energetischen Augen in die Augen der anderen Person und sagen ihr, was Sie in ihr sehen. Dabei geht es nicht darum zu sagen „Du hast schöne Haare“ oder „Dein Pulli gefällt mir“. Es geht um die Seins-Eigenschaften. Gehen Sie mit Ihrem Gegenüber wahrhaftig in Kontakt und schauen Sie ihm in die Augen. Sie werden überrascht sein, was Sie in den Augen einer Person alles lesen können. Machen Sie dieses Wertschätzungs-Experiment einmal 3 Minuten lang mit Ihrem Partner, Ihrer Freundin, Mutter, dem Nachbarn, dem Kollegen oder auch dem muffeligen Onkel Paul. Sie werden erstaunt sein, wie das Ihre Beziehung zu dieser Person ändert. Sehen Sie das Wesen der anderen Person anstatt ihre Box, ihr Ego oder ihre Weltanschauung.

Um auf das Beispiel des scheußlichen Geschenks zurückzukommen, sehen Sie die Wertschätzung, die dahinter steckt, das liebevolle, große Herz, das eine Seins-Eigenschaft Ihres Partners sein könnte. Wenn Sie der anderen Person egal wären, würde sie Ihnen gar kein Geschenk machen, geschweige denn Zeit mit Ihnen verbringen.

„Ja, aber wenn ich mit dem Geschenk nun mal nichts anfangen kann? Dann wäre es doch ehrlicher zu sagen, dass ich es scheußlich finde und umtauschen möchte.“ Ja, und: Es gibt auch so etwas wie TIMING. Wenn Sie ein scheußliches Geschenk erhalten, dann können Sie zunächst einmal „Vielen Dank“ sagen und damit den anderen dafür wertschätzen, dass er an Sie gedacht hat. Wenn Sie das Geschenk dann umtauschen möchten, erspüren Sie den richtigen Moment, um dieses delikate Thema anzusprechen. Eine Möglichkeit, es dem anderen „beizubringen“ wäre dann anstatt zu sagen: „Ich finde es doof!“ eher wertschätzende Worte zu verwenden. Seien Sie ein JA für den anderen, anstatt ein NEIN. In einer ruhigen Minute nach dem Auspacken oder besser noch am nächsten Tag könnte sich das z. B. so anhören: „Ich möchte mich nochmals bei Dir dafür bedanken, dass Du mir ein Geschenk gemacht hast. Ich schätze es sehr, dass Du an mich gedacht hast. Und ich schätze es, dass Du Dir Gedanken gemacht hast, was mir gefallen könnte. Meinen Geschmack zu treffen ist nicht ganz leicht und ich muss zugeben, dass, obwohl ich Deine Geste so sehr schätze, die Trockenhaube (der Pullover, die Socken, das Buch….) leider nicht meinen Geschmack trifft. Wie wäre es daher für Dich, wenn wir nach Weihnachten gemeinsam etwas anderes aussuchen und uns dabei einen tollen Nachmittag machen?“

Seien Sie einfach ein JA für die Menschen um Sie herum und bleiben Sie erwartungsfrei im JETZT. Sehen Sie die Essenz, die in jedem Menschen und in jedem Augenblick steckt. Und: lassen Sie sich nicht von Onkel Pauls und Tante Elfis Drama-Geschichte an den Haken nehmen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen von Herzen ein besinnliches Weihnachtsfest.

Ihre Nicola Nagel


Sonntag, 14. November 2010

Stell Dir vor, es gibt kein Problem...

Ja, was dann? Was machen Sie, wenn es kein Problem gibt?

Neulich war ich Zeugin einer beispielhaften Situation, wie sie sich leider nur allzu oft in unserem täglichen Leben abspielt. Ich bezeichne es gerne als den ganz alltäglichen Wahnsinn. Ich war unterwegs in einer Stadt, wo ich ein Hotelzimmer gebucht hatte. Als ich im Hotel ankam, standen 3 Gäste an der Rezeption und es schien zunächst alles friedlich. Mit einem Mal jedoch entstand aus dem Nichts heraus eine unglaubliche Diskussion zwischen den 3 Gästen und der Dame an der Rezeption. Es ging darum, dass die 3 Gäste zu einer Reisegruppe von 10 Personen gehörten, die 3 Doppelzimmer, 1 Dreibettzimmer und 1 Einzelzimmer bestellt hatten. Die Dame an der Rezeption erklärte ihnen, dass ein Doppelzimmer bereits bezogen sei und somit noch 2 Doppelzimmer, 1 Dreibettzimmer und ein 1 Einzelzimmer zu vergeben seien. Aufgrund der unterschiedlichen Formulierung gingen die Gäste nun davon aus, dass es ein Zimmer zu wenig gab und beschuldigten die Rezeptionsdame, falsch reserviert zu haben. Ich betrachtete die Diskussion aus 2 Meter Entfernung und war fasziniert, denn alle sprachen vom Gleichen und trotzdem suhlten sie sich in einem Problem. Plötzlich schauten mich alle an. Ich sagte „Hallo! Möchten Sie Klarheit?“ Vier entgeisterte Augenpaare schauten mich an und ich hörte schließlich ein „Ja!“. Ich fragte also die Gäste, wie viele Zimmer sie bestellt hatten. „Fünf“, war die Antwort. Schließlich fragte ich die Rezeptionsdame, wie viele Zimmer sie für die Reisegruppe reserviert hatte und wie viele davon bereits bezogen seien. „Fünf und davon ist eines bereits bezogen.“ Also stellte ich die gewagte Frage: „Wo ist dann das Problem?“ Totenstille. Es gab keins. Kaum waren jedoch einige Sekunden der Stille verstrichen, in der alle einfach friedlich miteinander sein konnten, sagte einer der Gäste: „Ja dann ist doch alles gut. Warum regen Sie (Rezeptionsdame) sich denn so auf?“ Und schon ging es von vorne los mit einer neuen Diskussion.

Sie lachen jetzt vielleicht und sagen „Oh je, wie können die nur so ein Problem kreieren, wenn keines da ist.“ Aber mal ehrlich, Hand auf’s Herz: Kennen Sie so etwas aus Ihrem Alltag nicht auch? Passiert es Ihnen gelegentlich, dass Sie mit jemandem über ein Problem diskutieren und hinterher gar nicht mehr wissen, wo eigentlich das Problem war? Oder passiert es Ihnen sogar, dass Ihnen jemand anderes von einem Problem erzählt und Sie meinen, es lösen zu müssen? Seien Sie ehrlich. Wie oft übernehmen Sie ein Problem von Ihrem Partner, ihrer besten Freundin, ihrem Kind, ihren Eltern, ihrem Chef, oder ihrem Kollegen? Wie oft machen Sie ein Problem einer anderen Person zu Ihrem eigenen und verpulvern damit Ihre wertvolle Energie und Zeit?

Probleme sind nicht einfach da. Probleme haben immer einen Besitzer. Eine unglaubliche Leichtigkeit kann in Ihrem Leben Einzug halten, wenn Sie sich bewusst machen, wer eigentlich ein Problem hat. Es gibt drei Varianten:

1) ICH HABE EIN PROBLEM
Wenn Sie erkennen, dass Sie ein Problem haben, dann können Sie damit machen, was Sie wollen. Sie können es lösen, sie können es wunderbar ausschmücken oder verdrängen. Sie können um Hilfe bitten oder es alleine lösen. Vor allem aber können Sie es so lange behalten wie Sie wollen. Sie können sich tage- oder wochenlang darin suhlen und anderen vorjammern, wie schlecht es Ihnen geht, oder Sie können Verantwortung übernehmen und es in kürzester Zeit lösen und dann einfach zur nächsten Herausforderung übergehen. Es liegt ganz bei Ihnen, was Sie mit dem Problem machen.

2) DER ANDERE HAT EIN PROBLEM
Jetzt wird es schon spannender, vor allem wenn eine Person in unserem näheren Umfeld ein Problem hat. Wir sind oft sehr schnell versucht, dem anderen zu helfen. Wir wollen doch nur das Beste für ihn. Vergessen Sie es! Wenn Sie einer Person helfen, ohne dass sie darum gebeten hat, dann retten Sie diese Person. Retten ist das Anbieten von ungefragter Hilfe und das ist gegenüber der Person, die ein Problem hat, absolut respektlos. Damit signalisieren Sie der Person unbewusst, dass sie das Problem selbst nicht lösen kann und Sie es deswegen für sie tun. Eltern retten gerne ihre Kinder: „Komm mal her, den Pullover zieht man doch anders an!“. Und in einer Beziehung rettet der eine Partner gerne den anderen: „Schatz, lass mal. Ich drehe die Glühbirne schon rein.“

Hier ist ein neuer Ansatz:
Wenn Sie erkennen, dass jemand anderes ein Problem hat, dann lassen sie ihn sein Problem haben. Für Sie bleibt in dem Moment nichts mehr zu tun. Oftmals treffen wir diese Unterscheidung nicht. Machen Sie sich klar, dass die andere Person hart für ihr Problem gearbeitet hat. Jedes Problem ist die Aufforderung, im Leben zu lernen und sich dadurch weiterzuentwickeln. Wenn Sie jetzt das Problem der anderen Person lösen, dann muss diese sich ein neues Problem erschaffen, um das zu lernen, was sie zu lernen hat. Das ist der Effekt, wenn jemand immer wieder die gleichen Situationen im Leben anzieht. Das passiert so lange, bis er oder sie das Problem endlich angeschaut und gelöst hat.

Was einige Menschen, die ein Problem haben, sehr gerne machen, ist die stolze Präsentation des Problems. Haben Sie das schon einmal erlebt? Sie treffen sich mit einem Freund und das erste, was er macht ist, er holt sein Problem aus der Glasvitrine. Sobald er dann unsere ungeteilte Aufmerksamkeit hat, fängt er an, sein Kunstwerk zu präsentieren, es auszuschmücken und zu erweitern, sodass es den ganzen Raum einnimmt („Stell Dir vor, was mir passiert ist….“). Die größte Genugtuung erhält er durch die Bewunderung und Anteilnahme von uns. Und wehe wir zeigen keine Wertschätzung für das Problem.

Noch einmal Hand auf’s Herz: wie oft haben Sie selbst schon ihre Probleme anderen präsentiert um Mitleid oder Zuneigung einzuheimsen?

Jetzt höre ich einige schon empört sagen: „Ja, Moment mal, ich muss dem anderen doch helfen. Ich kann doch nicht einfach nichts tun und die kalte Schulter zeigen.“ Ja, Sie haben absolut Recht und es gibt einen Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl. Ein verantwortlicher, mitfühlender Weg mit Problemen anderer umzugehen, ist ihnen zuzuhören. Und zwar nur das! Keine Lösungsvorschläge, keine Diskussion, keine Ratschläge. Seien Sie einfach nur mit dem anderen und hören Sie ihm zu.

„Ja und wenn der andere mich bittet, ihm zu helfen?“, fragen Sie sich jetzt vielleicht. Das ist ein sehr guter Punkt. Wenn der andere Sie um Hilfe bittet, entsteht eine neue Situation. Wenn er Sie bittet, haben Sie ein Problem und können wieder entscheiden, was Sie damit machen. Sie können zustimmen, ihm zu helfen, oder Sie können nein sagen. Dann retten Sie auch nicht, denn der andere hat Sie um Hilfe gebeten.

Ich ertappe mich oft, dass ich eine ganz einfache Lösung für ein Problem einer anderen Person sehe, sie aber nicht respektlos retten möchte. In dem Fall höre ich erst einmal nur zu und frage, nachdem die Person mit dem Erzählen fertig ist: „Möchtest Du eine Möglichkeit haben?“ Erst wenn sie darauf hin „Ja“ sagt, lege ich die Möglichkeit dar.

So, das waren jetzt 2 Varianten des Problembesitztums. Ich habe ein Problem, oder der andere hat ein Problem. Was denken Sie ist die dritte Möglichkeit?

Wenn ich diese Frage gelegentlich stelle, höre ich oft als Antwort „WIR haben ein Problem.“ BIEP! Diese Illusion muss ich Ihnen leider nehmen. Es gibt kein „WIR“, wenn es um Verantwortung geht. Entweder habe ich ein Problem und muss es lösen, oder der andere. Die Floskel „wir haben ein Problem“ finden Sie besonders häufig in Unternehmen. Kennen Sie das? Sie sitzen in einem Meeting, das Problem wird präsentiert und dann heißt es: „Ja, dann müssen wir das lösen.“ Wenn ich in solch einem Meeting anwesend bin, ist meine erste Frage: „Wer ist wir?“ Ehrlich, „wir müssen es lösen“ ist gleichbedeutend mit „keiner übernimmt die Verantwortung“. Es gibt kein „Wir“ wenn es um Verantwortung geht.

Das als kleiner Exkurs. Wir waren jedoch bei der dritten Möglichkeit des Problembesitztums. Die dritte Variante lautet:

3) ES GIBT KEIN PROBLEM
Ja, können Sie sich das vorstellen? Das ist die Zeit, die Gesellschaft der anderen einfach zu genießen. Kein Problem zu haben ist unser ursprünglicher Seins-Zustand. Tibetanische Mönche nennen diesen Zustand „Grundlegendes Gutsein“. Was passiert jedoch, wenn es kein Problem gibt? Es entsteht Nähe, Verbundenheit, Vertrautheit und Intimität. Oft verweilen wir nicht lange an dem Ort, wo es kein Problem gibt, denn dieser Zustand kann sehr intensiv werden. Um zu große Intensität zu vermeiden ist unser Gremlin (das kleine Monster in jedem von uns, das z. B. kleine Witze über andere reißt) sehr findig. Er kann sofort ein Problem aus dem Nichts erzeugen, zu jeder Zeit und ohne Grund. Für den Gremlin ist ein Zustand ohne Problem ein echtes Problem. Der Gremlin liebt es, Nähe und Vertrautheit zu zerstören.

Ich möchte Sie gerne zu zwei Experimenten einladen:

Experiment 1:
Wenn Sie sich das nächste Mal in einer Problemsituation befinden, beobachten Sie die Situation einmal von außen, so als würden Sie ein Augenpaar seitlich außerhalb Ihres Kopfes positionieren und sich selbst und die Situation mit Abstand betrachten. Schauen Sie genau hin und machen Sie sich bewusst, wer gerade das Problem hat. Haben Sie ein Problem? Hat jemand anderes ein Problem? Oder gibt es gar kein Problem? Hat Ihr Gremlin vielleicht nur schnell ein Pseudo-Problem aus dem Hut gezaubert, um zu viel Nähe mit der anderen Person zu vermeiden? Machen Sie sich jederzeit das Problembesitztum klar, egal ob Sie mit Ihrem Partner diskutieren, Ihr Chef Sie anblökt oder die Kinder gerade brüllen, weil Sie das Eis nicht bekommen (in dem Fall ist es z. B. das Problem des Kindes, das lernen muss, Ihre Grenze zu akzeptieren. Es ist NICHT ihr Problem, also lassen Sie das Kind toben und halten Sie den Wutanfall aus).

Experiment 2:
Wie erwähnt kann ein Zustand ohne Problem sehr intensiv werden. Dieses Experiment dient dazu eine höhere Intensität im Miteinander aushalten zu können und dadurch eine neue Qualität in Ihren Beziehungen zu erlangen. Suchen Sie sich für dieses Experiment Ihren Partner aus oder eine gute Freundin bzw. einen guten Freund. Setzen Sie sich auf dem Boden oder auf dem Stuhl gegenüber. Es ist hilfreich, wenn nichts zwischen Ihnen steht. Setzen Sie sich so nah wie möglich zusammen, achten Sie jedoch drauf, dass sich Ihre Knie oder Hände nicht berühren. Suchen Sie sich ein Auge Ihres Gegenübers aus. Schauen Sie nun der Person 5 Minuten lang in das Auge. Schauen Sie direkt in die Pupille. Wechseln Sie nicht zwischen den Augen hin und her. Wir sind das nicht gewohnt. Oftmals schauen wir einer Person, die wir treffen auf die Stirn oder die Nase. Schauen Sie diesmal direkt in die Pupille. Sprechen Sie während der 5 Minuten nicht und lachen Sie auch nicht. Nach einigen Sekunden werden Sie vielleicht versucht sein, kurz wegzuschauen, oder Sie verspüren Angst aufgrund der großen Nähe. Nehmen Sie dies wahr, atmen Sie tief ein und aus und erliegen Sie nicht der Versuchung wegzuschauen. Halten Sie es aus. Wenn Sie diesen Punkt überwinden, werden Sie erstaunt sein, was sich Ihnen plötzlich offenbart und was Sie über die andere Person alles erfahren, ohne dass ein Wort gesprochen wird. Sie können die Person wahrhaftig sehen, wie sie ist, ohne die sonst übliche Maske. Bedanken Sie sich nach 5 Minuten bei Ihrem Gegenüber und tauschen Sie sich kurz über Ihre Erfahrungen aus. Verabreden Sie sich dann für die nächsten Tage, um das Experiment mehrmals zu wiederholen und spüren Sie, wie es für Sie „normaler“ wird, mit jemandem einfach zu sein, ohne ein Problem zu haben.

In diesem Sinne, genießen Sie es, einfach mal kein Problem zu haben.

Herzliche Seins-Grüße,

Ihre Nicola Nagel

www.viva-essenza.com

Freitag, 15. Oktober 2010

Bist Du noch nett oder lebst Du schon?

??? Wie bitte???


Ja, Sie haben richtig gelesen. Die Frage, die ich Ihnen heute stellen möchte lautet „Sind Sie noch nett oder leben Sie schon?“ Diese Frage ist zugegebenermaßen provokativ. Da werden einige Leser jetzt denken „Was soll das denn, ich bin nett UND lebe“.


Lassen Sie mich die Frage daher etwas anders formulieren: Wie authentisch sind Sie?


Neulich erzählte mir eine Bekannte, dass Sie am Abend bei geschätzten Freunden zum Essen eingeladen sei, aber überhaupt keine Lust habe hinzugehen. Sie sei den ganzen Tag so eingespannt, dass Sie abends einfach nur Zeit für sich haben wolle und ihr das Abendessen gar nicht passe. Sie habe schon keine Lust gehabt, als die Freunde sie anriefen, doch sie habe eben zugesagt. Ich fragte Sie, wieso Sie hinginge, wenn sie doch keine Lust habe. Darauf hatte Sie eine ganze Batterie an Gründen parat: Sie habe die Freunde lange nicht gesehen und es sei wirklich Zeit, dass sie mal vorbeischaue. Außerdem seien das wirklich sehr enge Freunde und die wolle sie nicht vor den Kopf stoßen. Und da war noch das geliehene Buch, das Sie endlich einmal zurück geben wollte.


Kennen Sie solche Situationen auch?


Lassen Sie uns einmal gemeinsam schauen, was es eigentlich bedeutet, authentisch zu sein. Es wird deutlich, wenn Sie sich überlegen, was für Sie im Leben ganz klar akzeptabel ist und was für Sie ganz klar inakzeptabel ist. Wenn sich eine Situation in Ihrem Leben ereignet, die für Sie akzeptabel ist und Sie ganz klar mit einem JA dahinter stehen, dann sind Sie authentisch. Gleiches gilt, wenn eine Situation für Sie nicht akzeptabel ist und Sie das mit einer klaren Grenze, einem NEIN untermauern und die Konsequenz ziehen. Dann sind Sie auch authentisch. Doch zwischen diesen beiden Bereichen AKZEPTABEL und INAKZEPTABEL gibt es diesen großen Bereich, den ich gerne als „Nebel“ bezeichne. Das ist der Bereich, in dem Sie innerlich ein NEIN spüren, aber mit einem JA reagieren oder ganz klar ein JA spüren und ein NEIN zum Ausdruck bringen. Oft verhalten wir uns so, als ob wir Dinge akzeptieren würden, obwohl wir sie eigentlich nicht akzeptieren. Das ist die sogenannte falsche Akzeptanz. Wenn wir so handeln, als ob wir etwas akzeptieren, was wir eigentlich nicht akzeptieren, sind wir nicht authentisch.


Nehmen Sie sich einmal einen Moment Zeit und beantworten Sie für sich ganz ehrlich folgende Fragen:

  • Wie oft antworten Sie auf die Frage "Na, wie geht's?" mit dem kleinen Wörtchen "Gut", obwohl Sie innerlich mit einem privaten oder beruflichen Problem kämpfen?
  • Wie oft lächeln Sie freundlich, obwohl Ihnen gar nicht nach Lächeln zumute ist?
  • Wie oft geben Sie einfach nach, um des lieben Friedens willen?
  • Wie oft sagen Sie JA und meinen eigentlich NEIN?
  • Wie oft handeln Sie auf eine bestimmte Art und Weise, weil "man es halt so macht"?
  • Wie oft verhalten Sie sich angepasst, damit sich andere wohl fühlen? Wie oft versuchen Sie die Erwartungen anderer zu erfüllen, obwohl Sie viel lieber etwas machen würden, was Sie erfüllt und Ihnen Freude bereitet?
  • Wie oft schlucken Sie Dinge herunter, die eigentlich gesagt werden müssten?

Na, konnten Sie sich an die eine oder andere Situation erinnern, wo Sie nicht authentisch waren? Normalerweise sind wir nicht ehrlich zu uns selbst oder anderen in Bezug auf unsere falsche Akzeptanz. Wir sind nicht authentisch in Bezug auf unsere Inauthentizität.


Gestern
sprach ich mit einem Bekannten, der mir ein schönes Beispiel gab, was passieren kann, wenn wir nicht authentisch sind. Er hat einen Freund, der alles dafür tut, um ein Bild zu erschaffen, das die Leute glauben lässt, er sei ein sehr erfolgreicher, großzügiger Geschäftsmann, der sein Leben im Griff hat. Um seinem vermeintlichen Erfolg Nachdruck zu verleihen, redet er ununterbrochen und überrollt sein Gegenüber regelrecht mit Worten. Die Wahrheit sieht jedoch ganz anders aus: Er ist alles andere als erfolgreich, fährt lieber mit einem Oldtimer durch die Gegend und ist geizig. Das einzige, was er mit seiner Inauthentizität erreicht ist, dass die Menschen einen Bogen um ihn machen und Groll gegen ihn hegen, weil er ein falsches Spiel spielt. Er ist ziemlich einsam.


Es muss jedoch nicht immer so offensichtlich sein, dass jemand nicht authentisch ist. Es ist vor allem auch die subitle Inauthentizität, die uns unserer Energie beraubt. Wenn wir nicht authentisch sind, schneiden wir uns von unserem eigenen Sein ab. Das kostet nicht nur Kraft sondern macht uns auf Dauer auch unglücklich.


Und jetzt? Wenn wir erforschen, wo wir nicht authentisch sind, wenn wir also authentisch in Bezug auf unsere Inauthentizität werden, geschieht etwas Besonderes in unserer Kommunikation und unserem Verhalten. Unsere Beziehung zu uns selbst und zu anderen Menschen gewinnt eine neue Qualität. Wir können also anfangen, authentisch in Bezug auf unsere Inauthentizität zu werden. Es gibt jedoch eine gute und eine schlechte Nachricht:


Die gute Nachricht ist, dass Sie einen Detektor für Inauthentizität haben. Dieser mag vielleicht etwas eingerostet sein, doch Sie können ihn durch ein bisschen Übung wieder aktivieren. Er sitzt in Höhe des Brustbeins und Sie können ihn sich wie eine Nadel vorstellen, die auf einer Anzeige von links bis rechts ausschlagen kann. Im Ruhezustand zeigt die Nadel auf den Wert Null (=authentisch) und wenn sie bis ganz rechts ausschlägt, erreicht sie den Wert 100% (=absolut inauthentisch). Der Detektor funktioniert jedoch nicht mit dem Verstand. Inauthentizität, insbesondere die sehr subtilen Formen, nehmen Sie mit Ihrem Sein war. Sie können sofort spüren, wenn Ihr Gegenüber nicht authentisch ist. Probieren Sie das einmal aus und „scannen“ Sie mit ihrem Detektor die Menschen, denen Sie begegnen auf Inauthentizität.


Haben Sie schon einmal mit einer Person gesprochen und Sie wussten einfach intuitiv, dass sie lügt? Ja, genau so fühlt es sich auch an, wenn jemand nicht authentisch ist. Sie wissen es einfach dank Ihres Detektors. Und ganz direkt gesagt: Inauthentizität ist nichts anderes als Lügen. Sie belügen sich selbst und andere, wenn Sie nicht authentisch sind.


Die schlechte Nachricht ist, dass Sie zwar schnell die Inauthentizität anderer wahrnehmen können, jedoch nicht die eigene. Oft sind wir so eingefahren in unseren Verhaltensweisen, dass wir gar nicht merken, wann wir inauthentisch sind. Um sich dessen wieder mehr bewusst zu werden, lade ich Sie zu folgendem Experiment ein:


Der erste Teil des Experiments besteht darin, dass Sie sich 3 Personen in ihrem engen Umfeld aussuchen, denen Sie vertrauen und mit denen Sie gerne Zeit verbringen. Treffen Sie sich jeweils mit einer Person und stellen Sie ihr folgende Fragen:

  • Wann war ich in Deinen Augen nicht authentisch?
  • Woran erkennst Du, dass ich nicht authentisch bin?
  • Wie fühlt es sich für Dich an, wenn Du merkst, dass ich nicht authentisch bin?

Bitten Sie die Person dann darum, Ihnen in Zukunft sofort Rückmeldung zu geben, wenn sie wahrnimmt, dass Sie nicht authentisch sind.


Der zweite Teil des Experiments besteht darin, dass Sie beginnen sich selbst zu beobachten. Erforschen Sie den Inauthentizitäts-Mechanismus in sich. Wann sagen Sie JA, obwohl Sie NEIN meinen und umgekehrt. Spüren Sie in sich rein. Wann lächeln Sie jemanden an, weil sie es einfach so gewohnt sind? Sie werden erstaunt sein, wie gut der Mechanismus funktioniert, denn wir sind in unserer Gesellschaft dazu erzogen worden, bestimmten Regeln zu folgen und Bildern zu entsprechen.


Angenommen, Sie haben jetzt die Entscheidung getroffen, ab sofort nur noch authentisch zu sein, also ja zu sagen, wenn Sie ja spüren und nein zu sagen, wenn Sie nein spüren. Dann gibt es da noch diese kleine Falle genannt GRÜNDE!


Lassen Sie uns noch einmal das Beispiel der Freundin nehmen, die zum Abendessen eingeladen war. Sie rief mich am nächsten Tag an und erzählte mir freudig, sie habe das Abendessen kurzfristig abgesagt und einen wunderbaren, entspannten Abend für sich genossen. Ich fragte sie, was sie den Freunden gesagt habe. Sie antwortete, sie habe ihnen mitgeteilt, sie könne nicht kommen, weil sie noch einiges an Hausarbeit zu tun und für den nächsten Tag etwas vorzubereiten hätte. BIEP! – INAUTHENTISCH!


Wenn Sie sich einen Grund einfallen lassen, um Ihr eigentlich authentisches Gefühl oder ihre authentische Entscheidung zu „legalisieren“, dann sind Sie nicht authentisch. Wenn Sie kleine Notlügen, Ausflüchte oder Gründe heranziehen, um Ihr JA oder NEIN zu „rechtfertigen“, sind Sie nicht authentisch. Und mal ehrlich: wenn ihr Gegenüber einen funktionierenden Detektor für Inauthentizität hat, merkt er sowieso, dass es ein fadenscheiniger Grund ist.


Sie sehen also, es lohnt sich gar nicht, diese anstrengende Maske der falschen Akzeptanz aufrecht zu halten. Spüren Sie stattdessen in sich hinein, finden Sie heraus, was Sie wirklich möchten und handeln Sie dann verantwortlich authentisch.


Authentisch herzliche Grüße,


Ihre Nicola Nagel


Sonntag, 12. September 2010

Bleiben Sie entspannt – Stressmanagement im Alltag

Der Sommerurlaub war so schön und entspannend. Und jetzt ist er wieder da, der Alltag mit seinem Stress. Also rein in die Mühle der Verpflichtungen und mit etwas Glück vielleicht noch zwei, drei Tage von dem letzten Urlaub zehren. Und dann?

Kürzlich blickte ich auf einen Bergsee und staunte, wie bei aufkommendem Wind einige Surfer über das Wasser flitzten. Sie hatten eine ungeheure Geschwindigkeit drauf und schossen regelrecht wie Pfeile über den See. In dem Moment wurde mir bewusst, dass genau diese Geschwindigkeit das Leben der Gesellschaft prägt. Es scheint, als würde das Leben von Tag zu Tag schneller, als würden wir uns fast selbst überholen. In unserer hochtechnisierten Zeit, wo der Tag nach wie vor nur 24 Stunden hat, leisten die Menschen mehr als jemals zuvor und sind zusätzlich noch einer totalen Reizüberflutung durch z. B. Medien, Lärm u. ä. ausgesetzt. Die Anzahl der Personen mit Stress- oder gar Burnout-Syndrom steigt stetig. Es ist sogar schon normal, gestresst zu sein.

Im Urlaub versuchen die meisten sich vom Alltag zu „erholen“. Lassen Sie das einmal sacken. Viele Menschen versuchen in 6 Wochen Urlaub im Jahr sich vom Stress der restlichen 46 Wochen zu erholen. Das ist doch eigentlich absurd, oder? Da stimmt doch das Verhältnis nicht ganz.

Die gute Nachricht: Sie können dieses Verhältnis für sich persönlich ändern. Die schlechte Nachricht: Niemand anderes kann ihnen dabei helfen. Die Verantwortung liegt allein bei Ihnen. Sind Sie bereit für dieses Experiment?

Was ist Stress überhaupt, wie fühlt er sich an? Basierend auf persönlicher Erfahrung und der Erfahrung von Klienten lautet die Antwort oftmals, Stress sei zehrend, ermüdend, auslaugend, mache energielos oder gar aggressiv. Gestresste Personen fühlen sich oft gehetzt, sind schlecht gelaunt, weil sie keine Zeit mehr für sich haben, funktionieren nur noch und fühlen sich wie ein Hamster im Laufrad.

Ich biete Ihnen eine neue Definition an: Stress ist unter anderem die Vermischung von 4 Gefühlen.

Es gibt nur 4 Gefühle: Wut, Traurigkeit, Freude und Angst. Dies sind grundlegende Gefühlsterritorien, die verschiedene Beschreibungen umfassen. Hass würde z. B. in das Territorium Wut gehören, während Nervosität in das Territorium Angst gehört. Und: sie sind ein Teil von uns. Sie gehen niemals weg, denn sie sind unser inneres Navigationssystem. (Buch Tipp: „Die Kraft des bewussten Fühlens“ von Clinton Callahan).

In unserer Gesellschaft ist es jedoch nicht ok zu fühlen. Statt die Gefühle klar und präzise auszudrücken und sie als wertvolle Energie- und Informationsquelle zu nutzen, sind wir darin trainiert, Gefühle runterzuschlucken. Wut, Traurigkeit und Angst werden in der Regel als „negativ“ klassifiziert und Freude als „positiv“. Aber Vorsicht, wenn Sie den ganzen Tag voller Freude an ihrem Schreibtisch sitzen ist es auch wieder nicht ok. Ich bin da schon die wildesten Sachen gefragt worden: „Sag mal, ist was? Hast Du was geraucht? Bist Du auf Drogen oder hast Du nicht genug Arbeit?“. Alle 4 Gefühle werden schlichtweg als kindisch und unreif abgetan und sind bitteschön zu vermeiden. Eine weitverbreitete Tatsache, die mich persönlich übrigens traurig und auch wütend macht, weil genau das die Ursache von Stress und vielen anderen körperlichen Symptomen ist.

Das Experiment besteht darin wieder zu lernen, die 4 Gefühle bewusst wahrzunehmen, klar zu kommunizieren und sie verantwortlich als Navigationssystem zu nutzen. Das Entscheidende dabei ist, dass wir die Gefühle getrennt voneinander fühlen. Sobald wir sie vermischen, erhalten wir einen Gefühlsschleim, der uns wie ein Sumpf nach unten zieht. Vermischen Sie z. B. Wut und Traurigkeit, so erhalten Sie eine Depression. Traurigkeit und Angst miteinander vermischt beschert Ihnen das Gefühl von Isolation.* Stress hingegen fühlen Sie, wenn Sie alle 4 Gefühle gleichzeitig miteinander vermischen. Wenn Sie das dann noch über einen längeren Zeitraum machen, kommt es zum Burnout, zum mentalen Zusammenbruch.

Und so können Sie die Gefühle getrennt fühlen: Wenn Sie sich gestresst fühlen, oder merken, dass Stress aufkommt, halten Sie inne und nehmen Sie sich 5 Minuten Zeit für sich. Tun Sie so, als würden Sie mit Ihren Händen in Ihren Brustkorb greifen und ziehen Sie die Gefühle wie verschieden farbige Spaghetti auseinander. Dann beschäftigen Sie sich mit jedem Gefühl einzeln. Spüren Sie hin und sagen Sie z. B. : „Ich fühle mich ängstlich, weil…..“. Anschließend gehen Sie zum nächsten Gefühl und sprechen auch dieses wieder aus, z. B.: „Ich fühle mich wütend, weil….“. Machen Sie weiter, bis Sie alle Gefühle bewusst wahrgenommen und kommuniziert haben. Sie werden merken, dass Sie plötzlich unglaubliche neue Klarheit darüber bekommen, was Sie wirklich wollen und was für Sie womöglich nicht akzeptabel ist. Und Sie werden auch merken, dass es Ihre eigenen Gedanken sind, die den Stress erzeugen. Hier ein Beispiel: Ein Bekannter sagte neulich, er sei total gestresst. Ich erzählte ihm von den Gefühlen und er machte das Experiment. Er war wütend, weil er immer mehr Arbeit auf den Tisch bekam und noch eine Präsentation für eine sehr wichtige Vorstandsbesprechung vorbereiten musste. Er fühlte sich ängstlich, weil er befürchtete, die Präsentation vielleicht nicht fertig zu bekommen und in dem Vorstandsmeeting als unfähig dazustehen. Er fühlte sich traurig, weil er sich schon seit einigen Wochen keine Zeit mehr für sich genommen hatte. Und er fühlte sich froh, weil er am Abend seine Freundin traf. Er fühlte die Gefühle getrennt voneinander, hatte Klarheit, worum es eigentlich ging und konnte dann verantwortlich in Aktion treten, Entscheidungen treffen, Prioritäten setzen und eins nach dem anderen tun.

Dies ist ein weiterer hilfreicher Aspekt: Wenn Sie die Gefühle auseinander gezogen und getrennt voneinander gefühlt haben, handeln Sie verantwortlich und tun Sie eins nach dem anderen. Bleiben Sie präsent im JETZT. Wenn Sie sich Gedanken über die 10.000 Dinge machen, die Sie heute oder diese Woche noch alle erledigen wollen, dann geben Sie Ihre Energie und Kraft an die Zukunft ab. Grübeln Sie hingegen immer noch über etwas nach, was gestern oder letzte Woche war, dann geben Sie Kraft an die Vergangenheit ab. Bleiben Sie im JETZT, in diesem Moment präsent und machen Sie einfach nur den nächsten Schritt mit klaren Gefühlen.

Das war übrigens auch der Unterschied bei den Surfern, die in Lichtgeschwindigkeit über den See sausten. Sie waren voller Freude in jedem Moment präsent mit dem Wind, dem Surfbrett und dem Wasser und somit trotz hoher Geschwindigkeit ganz sicher nicht gestresst.

In diesem Sinne, bleiben Sie entspannt.

Alles Gute,
Ihre Nicola Nagel

*Anmerkung: Die Idee der vermischten Gefühle stammt aus dem Possibility Management nach Clinton Callahan. Für mehr Informationen zum Thema Gefühle empfehle ich Ihnen das Buch von Clinton Callahan „Die Kraft des bewussten Fühlens“.


www.viva-essenza.com