Dienstag, 13. Dezember 2011

Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Sie haben mehr als nur einen Körper…

Die Weihnachtszeit ist ja in ihrem Ursprung eine besinnliche Zeit. Da liegt es nahe, die moderne Konsum-Weihnacht einmal in den Hintergrund treten zu lassen und eine besinnliche, philosophische Frage zu stellen. Die Frage, die ich Ihnen heute stellen möchte, habe ich von dem deutschen Philosophen Richard David Precht geliehen und sie lautet: „Wer bin ich und wenn ja, wie viele?“

Haben Sie sich diese Frage gelegentlich schon einmal gestellt: „Wer bin ich eigentlich?“ Wer sind Sie, wenn Sie sich einmal aus den Griffen der modernen Gesellschaft befreien und sich nicht über das Haus, das Auto, den Job und die Familie definieren oder darüber, wie teuer die Weihnachtsgeschenke sind, die Sie einkaufen? Wer sind Sie dann in Ihrem Kern?

Die Antwort, die ich oftmals höre lautet zunächst: „…???...“ und nach einiger Zeit des Überlegens: „Naja, wenn ich mich nicht über das definiere, was ich tue oder habe, dann bin ich in erster Linie mein Körper.“ Aha. Und sonst? Die zweite Antwort lautet oft „Nun ja, ich habe auch einen Verstand“. Okay, und abgesehen davon? … Dann ist meist Sendepause.

Wie wäre es für Sie zu wissen, dass Sie nicht nur einen, sondern insgesamt 4 Körper haben? Ohohohohoh… da geht es schon los. Da höre ich schon einige sagen „WAS?“ oder „WIE?“ Doch damit sind wir auf einem prima Weg, denn schon stellt sich der ein oder andere die Frage „Wenn ich nicht nur mein physischer Körper bin, wer bin ich denn dann noch?“ Lassen Sie uns genau damit beginnen und einmal gemeinsam schauen, welche 4 unterschiedlichen Körper es gibt?

1. Der physische Körper:
Dies ist der offensichtlich bekannteste Körper. Er hat unter anderem Knochen, Muskeln, Sehnen, Organe und nutzt die 5 Sinne. Die Nahrung für den physischen Körper besteht aus Lebensmitteln, Flüssigkeit, Luft und Bewegung. Der physische Körper kann zudem - wie jeder der 4 Körper - Schmerz oder Ektase empfinden. Physischen Schmerz erleben Sie z. B. wenn Sie sich mit dem Hammer auf den Daumen hauen, wenn Ihnen übel oder schwindelig ist, das Licht zu grell oder die Musik zu laut ist. Physische Ekstase hingegen beinhaltet z. B. das Schlürfen eines cremigen Cappucinos in der Sonne, Tanzen, Bergsteigen, Yoga, Singen und ja, auch Orgasmus.

2. Der intellektuelle Körper:
Der zweite ist der intellektuelle Körper. Dies ist der Verstand mit seinen Gedanken, Ideen, Meinungen, Erwartungen und Glaubenssätzen. Auch dieser braucht Nahrung und kann Schmerz oder Ekstase empfinden. Intellektuelle Nahrung besteht unter anderem aus Büchern, Wissen, Gesprächen, einem Theaterbesuch oder Ideen und Plänen. Intellektueller Schmerz tritt auf, wenn Sie z. B. verwirrt sind, Ihr Portemonnaie nicht finden, nicht wissen, welcher Tag heute ist, oder einfach keine Lösung für ein Problem finden. Intellektuelle Ekstase stellt sich hingegen ein, wenn Sie – wie es meiner Mutter einmal passierte – Ihr Portemonnaie mit den Einkäufen im Kühlschrank wiederfinden, sich erinnern, welcher Tag heute ist oder die Lösung für ein Problem finden.

3. Der emotionale Körper:
Dieser Körper ist das Herz mit seinen Gefühlen (derer es nur 4 gibt: Wut, Traurigkeit, Freude und Angst). Die Nahrung, die dieser Körper braucht besteht z. B. darin, die Gefühle klar und authentisch mit jemandem auszutauschen, sich aufrichtig mitzuteilen und gehört zu werden. Emotionaler Schmerz tritt auf, wenn Gefühle unterdrückt, geleugnet oder vermischt werden. Emotionale Ekstase erleben Sie hingegen, wenn Sie Ihre Gefühle ungehindert mitteilen können und gehört werden, sowie die Energie und Information, die hinter den vier Gefühlen steckt, klar und verantwortlich nutzen.

4. Der energetische Körper:
Der vierte Körper ist der sogenannte energetische Körper. Es ist unser Sein, das Präsenz und Vision hat, sowie Zugang zur Vorstellungskraft. Auch dieser Körper braucht Nahrung, die z. B. darin besteht, sich in Gegenwart von geheiligten Artefakten oder an besonders kraftvollen Orten aufzuhalten. Auch eine bestimmte Art Stress, bei der Sie sich erst einer Sache verpflichten, bevor Sie wissen, wie es geht, nährt den energetischen Körper. Energetischer Schmerz tritt ein, wenn Sie sich z. B. ein Gefängnis aus Gründen erschaffen, um Ihrer Bestimmung nicht folgen zu müssen. Er beinhaltet auch armselige Führung, mangelnde Vision, Existenzangst, oder der Eindruck, auf dem falschen Weg zu sein. Energetische Ekstase hingegen erleben Sie zum Beispiel, wenn Sie Ihrer Bestimmung folgen, Sie präsent und in Kontakt mit jemandem sind, oder Sie „im Fluss“ mit dem Universum sind.

Was denken Sie, welcher der 4 Körper ist in unserer Gesellschaft am meisten ausgeprägt? Ganz genau, der intellektuelle Körper. Schon von klein auf wird uns eingetrichtert, dass es wichtig ist, möglichst viel zu wissen und Antworten parat zu haben. In der Schule, im Studium und auch später im Job stopfen wir immer mehr Wissen in uns hinein, sodass unser intellektueller Körper fett genährt ist, wie die Made, die sich im Speck suhlt.

Der physische Körper ist auch noch ein wenig genährt, denn schließlich essen die meisten von uns regelmäßig und Sport macht der ein oder andere auch.

Wie sieht es jedoch mit dem emotionalen und energetischen Körper aus? Nun, diese beiden Körper sind in unserer modernen Gesellschaft regelrecht verkümmert und verhungert. Es besteht somit ein massives Ungleichgewicht zwischen den 4 Körpern, sodass wir nicht in Balance und in unserer vollen Kraft sind.

Lassen Sie uns den Aspekt der 4 Körper noch etwas weiter ausdehnen. In der besinnlichen Weihnachtszeit geht es oft um das Thema Beziehung; die Beziehung zum Partner, zur Familie, zu Freunden und Verwandten. Wie viele Menschen malen sich aus, dass sie zur Weihnachtszeit einfach in schöner Beziehung mit ihren Lieben verbunden sind, doch dann bitter erkennen, dass die Beziehung irgendwie nicht so toll, authentisch, erfüllend und innig ist, obwohl sie die andere Person doch lieben?

Das liegt daran, dass Beziehungen nicht aus Mangel an Liebe sondern aus Mangel an Intimität sterben. Lassen Sie das einmal sacken:

Beziehungen sterben nicht aus Mangel an Liebe.
Beziehungen sterben aus Mangel an Intimität.

Um eine Beziehung aufrecht zu erhalten, ist es wichtig Intimität zu leben und zwar in allen 4 Körpern. So wie es 4 Körper gibt, gibt es auch 4 unterschiedliche Arten von Intimität. Diese Unterscheidung ermöglicht Ihnen, auf eine völlig neue Art und Weise Ihre Beziehungen zu nähren.

1. Physische Intimität:
Diese beinhaltet z. B. gemeinsam singen, tanzen, kochen, Geschirr spülen, gärtnern, Schlittenfahren, Händchen halten, spazieren gehen, den Weihnachtsbaum schmücken, einen Schneemann bauen, Skifahren, die Haare des anderen kämmen oder die Zähne des anderen putzen, ein gemeinsamer Saunabesuch, sich gegenseitig massieren und Sex.

2. Intellektuelle Intimität:
Diese Art Intimität beinhaltet miteinander reden, diskutieren, der gemeinsame Besuch eines Theaters, eines Museums, der Oper, eines Workshops, Geschichten erzählen und Bücher vorlesen oder auch Spiele spielen.

3. Emotionale Intimität:
Dazu gehört Verletzlichkeit, Offenheit, tiefes Zuhören, Wärme, Mitgefühl, Leidenschaft, der offene, vertrauensvolle Austausch der vier Gefühle („Ich fühle mich wütend, ängstlich, traurig, froh, weil…“), Feingefühl, die authentische, aufrichtige Kommunikation „ohne Maske“ (d. h. ohne die Vorgabe des Egos, gut aussehen zu müssen).

4. Energetische Intimität:
Diese Art Intimität beinhaltet z. B. mit jemandem zu SEIN, präsent und in Kontakt zu sein, gemeinsam meditieren und Rituale abzuhalten (Partnerschafts-Rituale, ein spezielles Weihnachtsritual, Meditationsritual etc.), in Gemeinschaft sein (ohne die Absicht, jemanden verändern zu wollen), Einssein, gemeinsame Entwicklung, sich in der Geschwindigkeit der Liebe bewegen.

Wenn der Intimität in einer Beziehung kein Raum geben wird, dann bricht die Beziehung auseinander oder bleibt nur an der Oberfläche. Sicher hat jede Beziehung ihre Art der Intimität. Mit ihrem Partner tauschen Sie zum Beispiel andere physische Intimität aus, als mit Ihrer besten Freundin oder Ihrem besten Freund. Eine Beziehung kann jedoch nur dann über das oberflächliche Maß hinausgehen, wenn sie regelmäßig in den verschiedenen Bereichen genährt wird. Gerade in einer Partnerschaft ist es entscheidend, idealerweise alle 4 (mindestens jedoch 2) Arten von Intimität bewusst zu leben. Würde die Partnerschaft zum Beispiel nur auf physischer Intimität beruhen, so wäre die Beziehung langfristig nicht stabil und würde irgendwann zerbrechen, weil die anderen 3 Körper nicht genährt werden.

Ich möchte Sie nun gerne zu folgendem Experiment einladen:

Experiment: Bringen Sie Ihre Beziehung auf eine neue Ebene
Es ist ein riskantes, vielleicht sogar gefährliches Experiment, denn Ihr Ego wird eventuell auf die Barrikaden gehen. Wenn Sie einmal auf Ihre Beziehungen schauen, zu wem würden Sie Ihre Beziehung gerne verbessern? Mit wem haben Sie eine Beziehung, die an der Oberfläche vor sich hin dümpelt, von der Sie sich aber tatsächlich wünschen, sie auf eine tiefere Ebene zu bringen? Haben Sie eine Person? (Ich ermutige Sie, jemanden zu nehmen, den Sie in den nächsten Tagen tatsächlich auch physisch sehen und nicht Ihren Großonkel aus Südamerika, den Sie zuletzt vor 15 Jahren getroffen haben).

Jetzt lade ich Sie ein, ein Blatt Papier zunehmen und dieses durch das Aufzeichnen zweier Linien in 4 Quadranten aufzuteilen. Beschriften Sie die Quadranten jeweils mit physischer, intellektueller, emotionaler und energetischer Intimität. Nun schreiben Sie auf, welcher der 4 Bereiche genährt wird. Schreiben Sie in den jeweiligen Quadranten, was genau Sie mit der Person austauschen (z. B. physisch: gemeinsam Tennisspielen, Joggen, intellektuell: Diskussion über Bergsport, emotional: ---, energetisch: ---)

Schauen Sie nun, welcher Bereich nicht genährt ist und dazu führt, dass die Beziehung nur an der Oberfläche bleibt. Um eines gleich vorweg zu nehmen: Es liegt nicht nur an der anderen Person, dass die Beziehung oberflächlich bleibt. Wenn Ihr Verstand jetzt gerade das Argument auffährt, dass der andere sich nicht öffnet und sich nicht verletzlich zeigt, dann ist die Person in Wahrheit nur ein Spiegel für Sie. Stellen Sie sich also in dem Fall die Frage, wo Sie nicht offen und verletzlich sind. Sobald Sie etwas verändern, verändert sich Ihr Umfeld automatisch.

Überlegen Sie nun anhand der oben genannten Beispiele, welche Art Intimität angemessen wäre und Sie hinzufügen könnten, um die Beziehung auf eine neue Ebene zu bringen. Vielleicht könnte ein gefährliches Experiment für Sie darin bestehen, der Person einmal offen Ihre Gefühle mitzuteilen und sich verletzlich zu zeigen („Ich fühle mich wütend, ängstlich, traurig, froh, weil…).

Lassen Sie sich bei diesem Experiment nicht von Ihrem Ego (Ihrer Box) täuschen. Wenn Sie den Mangel an Intimität in Ihrer Beziehung zu der Person ausfindig gemacht haben, spüren Sie vielleicht Angst, dieses neue Terrain zu betreten. Das Ego wird womöglich mit diversen Gründen und Ausreden aufwarten, warum es besser ist, dieses Experiment doch nicht zu machen. Ich lade Sie ein, der Angst zu vertrauen. Fangen Sie mit kleinen Intimitäts-Experimenten an. Sie werden erstaunt sein, wie bereits kleine Schritte, eine Beziehung auf eine neue Ebene bringen können.

Ich habe zum Beispiel folgendes erlebt: Zur Weihnachtszeit saß ich in einer Runde, in der das Gespräch sehr oberflächlich lief. Es ging ausschließlich darum, welcher Nachbar welche Krankheit hatte, welcher Kollege Probleme machte und wie das Wetter in den Bergen war. Ich dachte nach relativ kurzer Zeit, ich sei im falschen Film. Ich saß dort mit Menschen, die ich mochte, die ich nicht gerade häufig sah und es wurde oberflächliches Geplänkel ausgetauscht. Ich spürte, wie ich wütend wurde und dachte: „Mmmh… dafür ist mir meine Zeit wirklich zu schade.“ Der klassische Ausweg wäre gewesen, aufzustehen, sich zu verabschieden und etwas anderes zu machen. Doch das wäre nur der sichere, ungefährliche Weg für mein Ego gewesen. Stattdessen entschied ich mich für das obige Experiment.

Ich hatte Angst, denn es bedeutete, dass ich zuerst das Gespräch in eine neue Richtung steuern musste. Ich musste als erste in unbekanntes Gebiet gehen. Also gab ich mir einen Ruck und sagte: „Ich bin froh, mit Euch hier zu sein und gleichzeitig bin ich traurig, weil wir uns so selten sehen und ich mit Euch gerne über ganz andere Dinge sprechen würde. Zum Beispiel würde ich gerne mit Euch teilen, was mich gerade beschäftigt und würde gerne hören, wie es Euch im Herzen geht.“ Zack-Bumm. Es kehrte diese klassische Stille ein, in der man eine Stecknadel fallen hört und jeder versucht, einfach weiter zu atmen. Intimität ist für das Ego gefährlich, denn Intimität bedeutet, dass Sie die andere Person hinter Ihre Maske blicken lassen. Also machte ich wieder den Anfang. Ich erzählte, was mich beschäftigte, gab Gefühle und Verletzlichkeit von mir Preis und auf einmal klinkten sich alle anderen 3 Freunde ein. Es wurde eine sehr berührende Konversation, in der es plötzlich um die Träume und Wünsche jedes einzelnen ging, darüber, was jedem Sorgen machte oder auch Freude bereitete, welche Vision jeder hatte und was ihn oder sie begeisterte. Dieses Gespräch gewann so an Dynamik, dass wir bis spät in die Nacht am Tisch saßen und hinterher alle übereinstimmten, dass sie schon lange nicht mehr ein so bereicherndes Gespräch geführt hatten. Es war spürbar, das ein neues Vertrauen und eine tiefere Beziehung zwischen uns entstanden war.

Es lohnt sich also, über den eigenen Schatten zu springen. Warten Sie nicht länger darauf, dass die Beziehung zu einer Person, die Ihnen am Herzen liegt, sich vielleicht irgendwann bessern wird. Sie wissen nun etwas über die 4 Körper und die 4 Arten von Intimität. Sie haben den Schlüssel in der Hand und können ihn jederzeit anwenden (nicht nur zur Weihnachtszeit).

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine möglichkeitsreiche Weihnachtszeit und besinnliche Stunden in aufrichtiger Beziehung.

Herzlichst,
Ihre Nicola Nagel


Nicola Nagel ist Possibility Management Trainerin aus Berufung und bietet außergewöhnliche Trainings an, in denen die Teilnehmer in einem geschützten Raum nachhaltig ihr Potenzial entfalten können.


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