Sonntag, 15. Juli 2012

Abenteuer Beziehung: Welche Art von Partnerschaft leben Sie?


Das Thema Beziehung scheint wirklich ein brisantes zu sein. Mehr und mehr Menschen sind auf der Suche nach einer neuen Art von Beziehung, als scheinen Sie zu spüren, dass die bisherigen Beziehungen, die sie geführt haben, zwar nett, aber doch eher gewöhnlich waren. Viele tragen – bewusst oder unbewusst – eine tiefe Sehnsucht nach wahrer Verbindung in sich, nach außergewöhnlicher Beziehung. Doch wie kommen wir dahin? Wie können wir überhaupt anfangen, eine andere Art von Beziehung zu kreieren?

Lassen Sie uns zunächst einmal schauen, worauf gewöhnliche Beziehung basiert. Was ist ihr Zweck? Gewöhnliche Beziehung hat z. B. den Zweck:

  • geliebt zu werden,
  • Einsamkeit zu vermeiden,
  • sozial akzeptiert zu sein,
  • zu überleben,
  • einen „Kampfpartner“ oder „Diskussionspartner“ zu haben,
  • Rache am anderen Geschlecht zu üben,
  • Sicherheit und Schutz zu finden,
  • niedere Dramen zu haben,
  • unsere Eltern glücklich zu machen,
  • der Gesellschaftsnorm zu entsprechen („Man hat halt eine Beziehung und heiratet“)
 
Experiment 1: Vergangenheit ziehen lassen
Nehmen Sie einmal einen tiefen Atemzug und schließen Sie die Augen. Erinnern Sie sich einmal: haben Sie schon einmal den Kühlschrank aufgemacht und hinein gestarrt, um dann im nächsten Augenblick „aufzuwachen“ und zu denken „Was wollte ich denn hier eigentlich?“ Oder öffnen Sie vielleicht auch gelegentlich den Kühlschrank oder sonstige Küchenschränke, um einfach etwas zu futtern, ohne dass Sie Hunger haben? Haben Sie schon einmal gehofft, von Ihrem Partner Liebe und Zuneigung zu bekommen? Haben Sie vielleicht früher als Kind gehofft, von Ihren Eltern Liebe zu bekommen, aber leider waren diese zu beschäftigt?

Rufen Sie sich kurz Situationen ins Gedächtnis, wo Sie die Liebe und Anerkennung nicht bekommen haben, die Sie erhofft hatten. Lassen Sie die Augen weiterhin geschlossen. Spüren Sie diese Leere, diese fehlende Liebe als großes schwarzes Loch. Sehen Sie es vor sich.

Ebenfalls vor Ihnen ist nun der Fluss der Zeit. Sehen Sie, wie das Wasser vor Ihnen glitzert und an Ihnen vorbei fließt. Widmen Sie Ihre Aufmerksamkeit nun wieder dem schwarzen Loch von fehlender Liebe. Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht: Die schlechte Nachricht ist, dass Ihre Eltern nicht kommen werden, um dieses Loch zu füllen. Die gute Nachricht ist: Ihre Eltern werden nie kommen, um dieses Loch zu füllen. Das heißt, Sie können jetzt endlich aufhören, Ihren Partner dafür yerantwortlich zu machen, dieses Loch zu füllen. Das, was passiert ist, ist passiert. Punkt. Da kann auch Ihr Partner nichts dran ändern.

Häufig versuchen wir, vom Partner das zu bekommen, was wir in der Vergangenheit, insbesondere in der Kindheit nicht bekommen haben: Liebe und Aufmerksamkeit. Doch das ist wie mit dem Durst und der Flasche Wasser. Angenommen Sie hätten letzte Woche unerträglichen Durst gehabt und Sie würden sich heute noch an dieses Gefühl des Dursts erinnern. Würde es Ihnen heute helfen, eine Flasche Wasser zu trinken, um den Durst von letzter Woche zu löschen? ……… richtig, die Antwort lautet NEIN. Sie werden die Erinnerung an den Durst deswegen nicht auslöschen.

Sie können eine außergewöhnliche Beziehung nur führen, wenn Sie nicht aus einem unbewussten Bedürftigkeits-Drang heraus eine Partnerschaft leben. Ansonsten bewegen Sie sich in einem kindlichen Ego-Zustand (nach Dr. Eric Berne) und sind nicht klar und präsent im JETZT. Dann „brauchen“ Sie den Partner und Ihr Glück ist von ihm abhängig.

Auch wenn wir uns von anderen Menschen, z. B. den Eltern, Freunden, Kollegen, oder generell der Gesellschaft beeinflussen lassen, ob, wann, wie und mit wem wir eine Beziehung führen, sind wir nicht in der Lage eine wirklich außergewöhnliche Beziehung zu führen. Dann wären wir nach Eric Berne im sogenannten Eltern Ego-Zustand. Und wie massiv und schnell haken solche Beeinflussungen ein. Wie viele von Ihnen kennen Menschen, die den Partner nach seinem Status oder seinem Gehalt auswählen, danach was er HAT anstatt wie er in seinem Sein IST? Wir sind tagtäglich so vielen Manipulationen ausgesetzt, dass das Herz oft auf der Strecke bleibt. Unsere moderne Gesellschaft trainiert uns regelrecht darauf, die Herzverbindung zu kappen. In diesem Eltern Ego-Zustand lassen wir uns von anderen manipulieren. Dies können übrigens auch manipulative Stimmen in Ihrem Kopf sein, z. B. Ihr Vater der sagt: „Das muss so und so laufen“ oder Ihr Lehrer der gesagt hat: „Das gehört sich nicht“, etc.

Für eine außergewöhnliche Beziehung ist es notwendig, dass Sie im sogenannten erwachsenen Ego-Zustand sind. Denn in diesem Zustand sind Sie im JETZT und können klar, präsent, zentriert und eigenverantwortlich agieren. Weder im bedürftigen Kind-Ego, noch im manipulativen Eltern-Ego Zustand können Sie das. 

Eine außergewöhnliche, menschliche Beziehung basiert nicht auf Bedürftigkeit. Der Zweck dieser Beziehung ist z. B. vielmehr:

  •  zu lieben,
  • eine Partnerschaft zu erschaffen,
  • zu kommunizieren,
  • eine Familie zu gründen (aber nicht, weil die Eltern oder Gesellschaft es als Norm vorgeben)
  • gemeinsam zu lernen und zu wachsen,
  • Vertrautheit und Intimität zu erforschen,
  • wirklich zu leben,
  • die Gesellschaft des anderen zu genießen,
  • wertzuschätzen und zu genießen

Eine außergewöhnliche Beziehung zeichnet sich durch Respekt, gegenseitige Wertschätzung und konstruktives Miteinander aus. Und genau da ist der Ansatzpunkt, um von einer gewöhnlichen in eine außergewöhnliche Beziehung zu wechseln.

In gewöhnlichen Beziehungen sind sogenannte niedere Dramen allgegenwärtig. In einem niederen Drama nehmen Sie eine Täter, Retter oder Opfer-Rolle ein und spielen Ihr manipulatives Spielchen. Als Opfer verschanzen Sie sich hinter Ihrer Traurigkeit, um in Selbstmitleid zu versinken („Ich armes Würstchen. Mir geht’s ja so schlecht.“). Ein Täter hingegen nutzt seine unbewusste Wut, um das Opfer in gewisser Weise fertig zu machen. Sie kennen vielleicht Paare, wo der „Täter“ dem „Opfer“ z. B. sagt: „Hach, was hast Du denn da schon wieder gemacht. Ich habe doch gesagt, Du sollst die Tomaten in Würfel und nicht in Scheiben schneiden.“ Wenn die andere Person eingeschnappt ist, und die Opfer Rolle „annimmt“ ist das perfekte niedere Drama schon im Gange und es baut sich Groll auf. Als drittes gibt es dann noch die Retter Rolle. Der Retter sagt über die andere Person „Ich habe Angst, dass Du es nicht kannst und deswegen mache ich es für Dich.“ Kennen Sie Paare, wo der eine den anderen bevormundet? Das wäre eine perfekte Retter Rolle. Oder auch Paare, wo einer sich aufgibt, um dem anderen alles Recht zu machen und die Harmonie zu retten. Puuuuh, perfektes niederes Drama.

Das Ding ist, dass wir nicht nur bei einer Rolle bleiben, sondern oft in Lichtgeschwindigkeit die Rollen wechseln. Nachdem ein trauriges, armes Opfer nämlich genug geschmollt hat, ist es gut möglich, dass es zum Rachefeldzug antritt und dem Täter eins auswischen möchte.

Doch Achtung, niederes Drama geht nicht einher mit wildem Geschrei und zerbrochenem Porzellan. Im Gegenteil. Die meisten Dramen laufen viel subtiler ab. Sie erkennen niederes Drama z. B. an

  • Rechtfertigungen,
  • Beschwerden,
  • Beschuldigungen,
  • Besserwisserei,
  • Entschuldigungen,
  • Vorwürfen,
  • Erwartungen (auch unausgesprochenen),
  • den anderen ins Unrecht setzen,
  • Witze auf Kosten des anderen,
  • Ironie,
  • Rechthaberei

Kommt Ihnen da etwas bekannt vor? Ehrlich, niederes Drama passiert sooo schnell. Der Einzige, der jedoch richtig Freude an niederem Drama hat, ist das kleine Monster in Ihnen, Ihr Gremlin. (Mehr dazu siehe auch Artikel vom 13.01.2012 bzw. 09.01.2011) Die Leibspeise des Gremlins ist es, Nähe und Vertrautheit zu zerstören. Er ernährt sich von niederen Dramen. Hegen Sie z. B. Groll gegen Ihren Partner und sei es in einem ganz kleinen Punkt? Jammi, der Gremlin freut sich über diesen Leckerbissen. Denn wenn es keinen Groll, keine Rechtfertigung, Diskussion oder Beschuldigung gibt, dann kann eine Beziehung sehr intensiv werden, was wiederum beängstigend sein kann.
Und bitte, niedere Dramen und der Gremlin sind nicht gut und nicht schlecht. Sie führen einfach nur zu bestimmten Ergebnissen. Die Frage ist also, welches Ergebnis wollen Sie in Ihrer Beziehung produzieren? Was ist wirklich Ihre Absicht?


Experiment 2: Radikale Ehrlichkeit
Lassen Sie uns ein Experiment in radikaler Ehrlichkeit machen. Lassen Sie die letzten 2 oder 3 Tage einmal Revue passieren. Seien Sie schonungslos ehrlich zu sich selbst. Wann haben Sie mit Ihrem Partner (oder auch anderen Menschen, mit denen Sie in Beziehung stehen) in den letzten Tagen niederes Drama inszeniert? Wann wollten Sie vielleicht unbedingt Recht haben? In welcher Situation haben Sie Ihrem Partner vielleicht Vorwürfe gemacht? Oder wann hatte Ihr Gremlin einfach Spaß daran, ironische Witze auf Kosten Ihres Partners zu machen? Wie oft haben Sie gesagt „Ja, ABER…“ und allein mit diesem Ausdruck alles gekillt, was Ihr Partner vorher gesagt hat? (Probieren Sie es das nächste Mal mit „Ja, UND…“).

Huuu, das ist schmerzhaft. Denn ja, niederes Drama ist allgegenwärtig. Vor einiger Zeit hielt ich einen Vortrag, in dem ein Teilnehmer war, dessen großer Gremlin versucht hat, den Vortrag mit ironischen Kommentaren zu torpedieren. Ich fragte ihn, ob er eine Beziehung habe. Er bejahte. Ich fragte weiter, ob er diese Art der Kommunikation auch in seiner Beziehung praktiziere. Er sagte „Ja klar, sonst macht’s ja keinen Spaß.“ Interessante Aussage. Raten Sie mal, wer diese Antwort gegeben hat. Genau, es war sein Gremlin. Für ihn ist es nämlich sehr gefährlich, wirklich in Beziehung zu sein und sich sehen zu lassen.

Wenn Sie wahrhaft in Beziehung sein wollen, dann müssen Sie bereit sein, Angst zu haben und gewissermaßen zu sterben. Die Maske fallen und Ihre Verteidigungsstrategie sterben zu lassen. Wahrhaft in Beziehung zu sein bedeutet, sich sehen zu lassen und den anderen zu sehen, in allen Facetten. Ihr Ego und Ihr Gemlin werden dabei ausflippen. Der Gremlin ist schließlich Wächter Ihrer perfekt antrainierten Verteidigungs- und Überlebensstrategie. Jeder Mensch hat so eine Strategie. Und jetzt raten Sie einmal, was passiert, wenn Sie Ihren Gremlin in Ihrer Beziehung ab sofort an die Leine nehmen…richtig, Sie werden plötzlich verwundbar.

In dem Moment, in dem Sie Ihren Gremlin nicht mehr offenes oder subtiles niederes Drama spielen lassen, erreicht Ihre Beziehung eine neue Ebene. Sie erreichen eine neue Ebene an Vertrautheit, Intimität und Nähe. Und das kann sehr intensiv sein und Angst machen. Wenn Sie an diesen Punkt kommen, versuchen Sie es auszuhalten. Atmen Sie weiter. Angst ist nur Angst. Sie zeigt Ihnen einfach, dass Sie sich in unbekanntes Gebiet begeben, nichts weiter. Vertrauen Sie dieser Angst, atmen Sie weiter und bleiben Sie mit Ihrem Partner in dem Moment in Kontakt. Lassen Sie sich sehen.

Sie können JETZT und in jedem Moment entscheiden, ein anderes Spiel zu spielen. Wie wäre es, wenn Sie sich entscheiden, Ihren Gremlin woanders Gassi zu führen? (Sie können den Gremlin z. B. Schokolade oder eine Klatsch-Zeitung geben, Sie können ihm erlauben, den Verkäufer an der Tür radikal abzuwimmeln oder ihn beauftragen, Bescheid zu geben, sobald jemand anderes mit Ihnen Drama spielen möchte).

Da mag der ein oder andere sagen „Moment, alles schön und gut, aber zu einer Beziehung gehören ja immer zwei.“ Richtig. Küssen können Sie nicht alleine. Wenn Sie sich jedoch verändern, verändert sich damit der Kontext Ihrer Beziehung und damit Ihre Beziehung an sich. Wenn Sie die Bühne für niederes Drama nicht mehr bereitstellen, wo soll es dann stattfinden?

Dramen zwischen Männern und Frauen kommen übrigens sehr häufig zustande, weil die Frauen meinen, die Männer müssten die Dinge doch genauso wahrnehmen wie sie, bzw. umgekehrt. Das funktioniert aber nicht.

Ladies, wir sind von Natur aus Sammlerinnen. Das heißt wir haben Feldfokussierung und sehen auf einer Wiese alle Blumen, Pilze und Kräuter. Vor allem aber sehen wir genau den einen Pilz, der giftig ist und den man besser nicht essen sollte. Um es auf die Moderne zu übertragen: Die Frauen finden immer genau DEN Punkt, den der Mann nicht richtig gemacht hat. Kürzlich hatte ich eine Klientin, die sich darüber beschwerte, dass Ihr Mann z. B. im Haus schon wieder nicht gesehen hat, dass der Berg Wäsche rumliegt und gewaschen werden muss. Das muss er doch sehen! Dass er in der Zwischenzeit aber etwas für sie gekocht hatte, die Wohnung geputzt hatte und frische Blumen auf dem Tisch standen, hat sie nicht gesehen. Das liegt wirklich an der weiblichen Feldfokussierung. Wir Frauen finden die Stecknadel im Heuhaufen, denn früher hätte genau der eine giftige Pilz womöglich unsere ganze Sippe vergiftet.

Männer haben hingegen eine Zielfokussierung, denn sie sind von Natur aus Jäger. Wenn sie früher auf das Wild gezielt haben, konnten sie sich nicht noch zusätzlich auf die schönen Bäume und Blümchen konzentrieren. Ansonsten hätten sie nämlich das Wild verfehlt und dann wäre das Dilemma groß gewesen. Deswegen machen Männer immer eins nach dem anderen.

Respektieren Sie einfach diesen kleinen aber feinen Unterschied. Frauen sind Frauen. Männer sind Männer. Punkt.  

Wie wäre es, wenn Sie Ihre Beziehung ab sofort zu einem Experimentierfeld für Respekt und gegenseitige Wertschätzung machen? Wie wäre es, wenn Sie Ihrem Partner das nächste Mal sagen wie sehr Sie seine Aufmerksamkeit, Sorgfalt, Zuverlässigkeit oder Lebendigkeit schätzen? Schätzen Sie die Seins-Qualitäten wert (also nicht den Pulli oder die Frisur). Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das, was Ihr Partner für Sie und Ihre Beziehung tut, anstatt das, was Ihnen nicht passt. Wie wäre es, wenn Sie Ihren Partner zum König bzw.  zur Königin machen, anstatt zum Schwein?

Es liegt an Ihnen. Wie wäre es also, wenn Sie niederes Drama beenden und sich JETZT entscheiden, das Experiment zu machen, eine außergewöhnliche Beziehung zu erschaffen?

Herzliche, wertschätzende Grüße,
Ihre Nicola Nagel


*Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, wie Sie außergewöhnliche oder gar archetypische Beziehung erschaffen, empfehle ich Ihnen das Buch „Wahre Liebe im Alltag“ von Clinton Callahan.


POTENZIALE LEBEN!

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