Donnerstag, 12. Dezember 2013

Groll und Erwartungen verhindern authentische Beziehung



Die zwischenmenschlichen Themen brodeln ja bekanntlich besonders zur Weihnachtszeit, dem Fest der Liebe, wenn Paare, Familien und Freunde mehr Zeit miteinander verbringen.
Wenn es ruhiger wird – sowohl in der Natur als auch in uns – ist oftmals der Moment gekommen, Rückschau zu halten. Viele Menschen fragen sich dann, wie das Jahr gelaufen ist und nicht selten kommt in solchen Moment der Groll hoch, den sie das ganze Jahr über weggedrückt haben. Groll auf den Partner, den Chef, den Nachbarn, die Eltern, Geschwister oder Freunde. Wie können wir mit diesem Groll umgehen? Wie können wir ihn auflösen?

Eine Frage, die dieser Frage vorher geht ist „Wie entsteht Groll überhaupt?“ Groll entsteht meist dann, wenn Erwartungen, die Sie an eine Person stellen, nicht erfüllt werden. Die Krux bei Erwartungen ist, dass sie oftmals stillschweigend getroffen werden. Das bedeutet, Sie haben eine Erwartung z. B. an ihren Partner, wie er sich in einer bestimmten Situation zu verhalten hat. Vielleicht haben Sie die Erwartung, dass er jedes Mal, wenn Sie gemeinsam ausgehen, Ihnen die Tür aufhält, denn Ihrer Meinung gehört sich das schließlich so. Außerdem steht das ja auch im Knigge für gutes Benehmen, oder nicht? Gehört sich das tatsächlich? Wer bestimmt, was sich gehört? Worauf bauen Sie Ihre Erwartungen?

Hier ein ganz simples Beispiel: Neulich stand ich mit einer lieben Freundin bei mir in der Küche und kochte. In einem Topf garte Reis und ich hatte kurz vor Ende der Garzeit den Impuls den Reis einmal umzurühren. Ich griff also zum Kochlöffel und in dem Moment, als ich zum Umrühren ansetzte, sagte sie „Nein, nicht! Den darf man nicht umrühren.“ Ich schaute sie an und sagte: „Nach DEINEM Rezept darf ich ihn nicht umrühren.“ Es war also vorher die unausgesprochene Erwartung im Raum, dass ich den Reis genau auf die gleiche Art und Weise zubereite, wie sie es kannte.

Worauf bauen wir also unsere Erwartungen an andere Personen? Wir bauen Sie auf unsere Weltsicht, auf unsere Glaubenssätze, unsere Erfahrungen und Erlebnisse, unsere Erziehung. Nun gibt es jedoch so viele Weltanschauungen und Erfahrungen, wie es Menschen gibt. Da wird es also zwangsläufig zu einem Problem, wenn Sie Erwartungen haben, denn es ist relativ unwahrscheinlich, dass Ihr Partner oder wer auch immer, die Dinge GENAU SO machen wird, wie sie es machen würden. Wir bauen unsere Erwartungen auf unseren eigenen Gewohnheiten auf. Im Alltag kann sich das in sogenannten Nissen ausdrücken. Nissen sind im ursprünglichen Sprachgebrauch die kleinen, nahezu unzerstörbaren Eier die Läuse in Haare legen. Im übertragenen Sinnen können Sie als Nissen jedoch die eigenwilligen Meinungen, Vorlieben und Vorurteile betrachten, die Teil Ihrer Weltsicht sind.

Es gibt eine unzählige Anzahl solcher Nissen, die schnell zu Erwartungen werden und sich unbewusst im Alltag ausbreiten. Vielleicht haben Sie eine ganz bestimmte Erwartung z. B. in Bezug auf folgendes:

  • Wie die Spülmaschine einzuräumen ist.
  • Wie laut die Musik sein darf.
  • Wie stark ein guter Espresso sein muss.
  • Wie ein richtiger Espresso oder auch Kaffee überhaupt zubereitet wird.
  • Was „ordentlich“ bedeutet bzw. als „Saustall“ deklariert wird (für manche ist es schon ein Saustall, wenn der Partner die Socken auf dem Boden liegen lässt).
  • Wie lange man unter der Dusche stehen darf und wie oft.
  • Wie oft man sich die Zähne putzen soll.
  • Wie die Zahnpasta-Tube auszudrücken ist.
  • Ob der Toilettendeckel bei Nicht-Benutzung oben oder unten sein soll.
  • Ob beim gemeinsamen Restaurant-Besuch das Handy an- oder ausgemacht wird.
  • Wie wichtig es ist, die Nachrichten zu schauen.
  • Was Spaß ist.
  • Was ein guter Witz ist.
  • Was guter Sex ist.
  • Was in den Kühlschrank kommt.
  • Wie das Brot, die Karotten, die Zwiebeln, etc. zu schneiden sind.
  • Wie Speisen zuzubereiten sind.
  • Ob Pfannen vor oder nach den Gläsern per Hand gespült werden.
  • Wie oft die Familie zu besuchen ist.
  • Wer den Wasserkasten aus dem Auto zu holen hat.
  • Ob überhaupt und wenn ja wie die Kleidung im Schrank zu hängen/liegen hat.

Sie merken schon, wir könnten diese Liste eine Weile weiterführen. Es gibt viele unausgesprochene Erwartungen und Annahmen, die wir treffen. Doch leider sind Erwartungen und Annahmen dafür prädestiniert, enttäuscht zu werden und dann entsteht Groll. Groll auf den Partner, der es eben schon wieder nicht so gemacht hat, wie wir es erwartet haben, Groll auf den Chef, der nicht gesehen hat, wie viel Arbeit im letzten Monatsbericht steckt, Groll auf den Nachbarn, der ständig zu laut Musik hört und Groll auf diverse Familienmitglieder, die rumnörgeln, dass Sie sie zu wenig besuchen. Groll kommt von unerfüllten Erwartungen.

Es ist ziemlich leicht zu erkennen, wo Sie Erwartungen hatten, die nicht erfüllt wurden. Dann steckt der Groll nämlich noch in Ihnen. Groll, den Sie stillschweigend in sich hinein fressen und dann womöglich bei passender Gelegenheit wieder rausholen. Lassen Sie uns daher an dieser Stelle mit einem Experiment starten.

Experiment 1: Wem grollen Sie?
Schauen Sie einmal auf die vergangenen Monate zurück und beantworten Sie ehrlich und authentisch folgende Frage: Wem grollen Sie?

Ist es Ihr Partner, Ihre Mutter, Ihr Kollege? Seien Sie radikal ehrlich. Vielleicht ist es nur ein klitzekleiner Punkt, in dem Sie Ihrem Partner grollen. Vielleicht meinen Sie sogar, es sei gar nicht der Rede wert. Doch allein die Tatsache, dass Sie sich jetzt an diesen Punkt erinnern, zeigt, dass der Groll wie ein Angelhaken noch in Ihnen steckt, und zwar in Ihrem Herzen.

Schreiben Sie einmal die Namen der Personen auf, denen Sie grollen, auf die sie noch wütend sind oder wo sie sagen „das nervt wirklich, wenn er/sie das macht“.

Experiment 2: Welches sind Ihre unerfüllten Erwartungen?
Spüren Sie nun einmal in den Groll hinein und schreiben Sie unter jeden Namen die unerfüllten Erwartungen. Wo hat jemand nicht so agiert, wie es für Sie selbstverständlich gewesen wäre und Sie es erwartet hätten. Was tut Ihr Partner vielleicht wiederholt, das Sie stört, weil Sie es einfach anders machen. Schreiben Sie alles auf, was Ihnen einfällt. Es ist entscheidend sich darüber klar zu werden, welche Erwartungen Sie haben.

Erwarten Sie vielleicht, dass Ihr Partner Ihnen grundsätzlich in den Mantel hilft, wenn Sie ausgehen? Oder erwarten Sie von Ihrem Bruder, dass er doch bitteschön mal einen „gescheiten Job“ macht? Vielleicht erwarten Sie auch, dass Ihnen Ihre Freundin ein spezielles Geschenk zu Weihnachten macht, oder Ihr Chef von selbst auf die Idee einer Gehaltserhöhung kommt? Was immer es auch sein mag, kleine oder große Erwartungen, schreiben Sie sie einmal auf.

Das kritische an Erwartungen ist, dass sie oftmals seit langer Zeit in uns sitzen, so dass wir uns mit ihnen identifizieren und keine andere Option sehen. Doch mit jeder unerfüllten Erwartung und jedem Grollpunkt, den Sie damit gegen eine Person sammeln, verhindern Sie mehr und mehr authentische und verletzliche Beziehung und Intimität.

Haben Sie Ihre unerfüllten Erwartungen aufgeschrieben? Dann kommt hier eine spannende Frage:

Wer hat diese Erwartungen kreiert?

Richtig, SIE! Sie allein haben diese Erwartungen kreiert. Sie allein haben entschieden, dass etwas auf eine bestimmte Art laufen oder sich eine Person verhalten muss. Erwartungen sind wie ein Dogma, sie lassen keine andere Wahl. Sie sind starr, unflexibel, festgefahren.

Wer hat letztendlich den Groll somit geschaffen?

Richtig, ebenfalls SIE!  Sie sehen schon, Sie kommen aus der Nummer nicht raus. Sie haben die Erwartungen und damit auch den Groll kreiert. Und der einzige, der da so richtig Spaß dran hat, ist Ihr Gremlin, Ihr kleines inneres Monster, Ihr innerer Schweinehund, der darauf aus ist, Nähe und Vertrautheit zu zerstören.

Wenn Sie Erwartungen haben, die dann letztlich nicht erfüllt werden, kreieren Sie jedoch nicht nur Groll, sondern Sie werden auch selbst unflexibel und können nicht mehr entsprechend der Umstände agieren, die JETZT da sind. Sie warten dann permanent darauf, dass Ihre Erwartungen erfüllt werden, anstatt aus dem gegebenen Moment heraus etwas völlig Neues zu kreieren.

In dieser Jahreszeit, wo sich alles dem Ende neigt, über Weihnachtsgeschenke und gute Vorsätze für das neue Jahr nachgedacht wird, lade ich Sie nun zu einem ganz besonderen Experiment ein. Sie können es als Weihnachtsgeschenk betrachten, das Sie sich selbst und anderen Menschen, gegen die Sie bisher Groll hegen, machen.


Experiment 3: Nehmen Sie Ihre Erwartungen zurück und lösen Sie den Groll auf
Der Groll besteht so lange weiter, wie Sie Ihre Erwartung aufrecht erhalten. Das größte Geschenk, das Sie sich selbst, Ihrem Partner, Ihrer Beziehung oder auch anderen Menschen, gegenüber denen Sie Erwartungen haben, machen können ist, diese Erwartungen zurück zu nehmen.

Sind Sie bereit für dieses Experiment? Nehmen Sie aus der vorher erstellten Liste von Erwartungen eine Erwartung heraus, von der Sie sagen würden, dass Sie bereit sind, sie zurück zu nehmen. Idealerwiese machen Sie dieses Experiment mit einer Person Ihres Vertrauens. Bitten Sie eine Freundin oder einen Freund, dass sie entsprechend die Person darstellen, gegenüber der Sie eine Erwartung haben. Es ist meist kraftvoller, noch jemanden im Raum zu haben, der auch hört, dass Sie eine Erwartung zurück nehmen.

Wenn es Ihnen jedoch leichter fällt, können Sie auch ein Blatt Papier nehmen und der Person schreiben, von der Sie Ihre Erwartungen zurück nehmen möchten. Sie müssen den Brief nicht abschicken. Es geht darum, dass Sie authentisch zu Papier bringen, welche Erwartungen Sie für immer von der Person zurück nehmen.

Hier ein Beispiel: Angenommen Ihre Freundin Maria, die sich für dieses Experiment zur Verfügung stellt, spielt Ihren Partner. Dann deklarieren Sie: „Du bist mein Partner Matthias.“ Und dann nehmen Sie die Erwartung wie folgt zurück. Sagen Sie: „Matthias, ich nehme die Erwartung an Dich, dass Du mir immer in den Mantel helfen und die Tür aufhalten musst, von Dir zurück und zwar FÜR IMMER!

Das Entscheidende ist, dass Sie die Person beim Namen nennen, die bisherige Erwartung und dann vor allen Dingen beim Zurücknehmen das „FÜR IMMER“ aussprechen (in einem Brief würden Sie schreiben „Liebe(r) …, ich nehme FÜR IMMER die Erwartung von Dir zurück, dass….“ Schreiben Sie für jede einzelne Erwartung diesen Satz). Wenn diese zwei kleinen Wörtchen fehlen, ist Ihr innerer Schweinehund sonst sehr clever und sagt insgeheim „okay, für heute nehme ich die Erwartung zurück, aber morgen….“

Sprechen Sie den Satz langsam und deutlich aus, sodass er in dem Raum, in dem Sie sich befinden, „landet“ und damit in Ihnen und auch in der anderen Person (falls Sie einen Rollenspieler dabei haben). Schauen Sie die andere Person dabei an.

Falls Sie ein besonders hohes Risiko eingehen möchten, können Sie auch z. B. Ihren Partner direkt um ein Gespräch bitten und sagen: „Du, ich habe festgestellt, dass ich bisher eine Erwartung an Dich hatte, die nicht gerechtfertigt war. Es war die Erwartung, dass… (nennen Sie die Erwartung). Ich nehme hiermit diese Erwartung FÜR IMMER von Dir zurück.“

Wenn Sie eine Erwartung zurück genommen haben, spüren Sie, was in Ihnen passiert, was Sie fühlen. In einem Training war einmal ein Ehepaar, das sich gegenüber saß und genau diese Übung machte. Die Frau sagte „Ich habe die Erwartung, dass er sich endlich einmal einen viel lukrativeren Job sucht mit seinen Fähigkeiten.“ Sie hatte ziemlichen Groll in sich, weil er diese Erwartung seit mehreren Jahren nicht erfüllte und sie konnte nur noch „Beweise“ sehen, die ihre Geschichte untermauerten, dass er ein unfähiger Idiot war. Sie war jedoch bereit, das Experiment zu machen, diese Erwartung von ihrem Mann zurück zu nehmen, schaute ihn an und tat dies: „Ich nehme FÜR IMMER die Erwartung von Dir zurück, dass Du Dir einen viel lukrativeren Job suchen musst.“ In dem Moment, als sie das aussprach, konnte sich ihr Mann komplett entspannen und sie ebenfalls.

Erwartungen bauen unterschwellig eine Spannung auf, die die jeweils andere Person spürt, selbst, wenn Sie die Erwartung nie ausgesprochen haben. Sie tragen die Erwartung sozusagen sprichwörtlich vor sich her und strahlen damit eine spezielle Energie aus. Die andere Person spürt das. Gleichzeitig können jedoch weder Ihr Partner, noch Ihr Chef, noch Ihre Eltern noch Ihre Freunde erraten, was Sie erwarten.

Was für die Frau im Beispiel noch passierte – und das kann Ihnen gleichermaßen wiederfahren – war folgendes. Auf die Frage „Was fühlst Du jetzt, nachdem Du die Erwartung zurück genommen hast?“ sagte sie: „Zum einen fühle ich Angst, weil ich nicht weiß, wie es ohne diese Erwartung sein wird. Ich habe unsere ganze Beziehung in den letzten Jahren auf dieser Erwartung aufgebaut.“

Wohl wahr! Was bleibt, wenn Ihre Erwartungen an Gültigkeit verlieren? Es kann passieren, dass es sich anfühlt, als würde eine stabile Säule wegbrechen, auf die Sie sich lange gestützt haben. Lassen Sie es zu, sich in den freien Fall zu begeben ohne zu wissen, wie es ohne Erwartung funktioniert.

Das zweite Gefühl, dass die Frau wahrnahm war Freude. Sie sagte: „Ich fühle jetzt, da ich die Erwartung zurück gezogen habe, auch Freude, weil ich meinen Partner wieder als den Mann sehen kann, in den ich mich verliebt habe. Ich habe diesen Erwartungsfilter nicht mehr und ich erkenne gerade, dass ich diejenige war, die den Groll auf ihn gelegt hat und Nähe und  Vertrautheit zerstört hat.“

Es ist eigentlich so einfach und doch so herausfordernd, Erwartungen zurück zu nehmen. Ob Sie dieses Experiment durchführen und ohne einen schweren Rucksack voller Erwartungen in das neue Jahr starten möchten liegt bei Ihnen. Doch eins ist gewiss: Sie machen sich selbst und anderen dadurch ein unbezahlbares Geschenk, denn ohne Groll und Erwartungen wird authentische Beziehung, Nähe und Vertrautheit wieder möglich. Und das ist es doch im Prinzip, was die meisten Menschen sich im Herzen wünschen, oder nicht?

Ein interessanter Vorsatz für das neue Jahr könnte übrigens lauten, nur noch mit leichtem Gepäck zu reisen und keine Erwartungen mehr zu kreieren, sondern stattdessen ab sofort klar auszusprechen, was Sie brauchen und sich wünschen.

Viel Freude beim Experimentieren und herzliche Grüße,
Ihre Nicola Nagel

Montag, 18. November 2013

Weisheit versus Wissen - Koppeln Sie sich vom Verstand ab!



Wie treffen Sie im Leben Entscheidungen? Verlassen Sie sich auf Ihren Verstand oder nutzen Sie eine andere Weisheits-Quelle? Die meisten werden vielleicht antworten, dass sie den Großteil Ihrer Entscheidungen logisch nachvollziehbar mit dem Verstand treffen. Das haben wir schließlich jahrelang gelernt, angefangen in der Schule über Ausbildung oder Lehre bis hin zum Job. Wir sind darin trainiert, Wissen anzusammeln.

Wir haben gelernt unseren Verstand zu gebrauchen. Mehr noch, wir glauben, wir sind unser Verstand. „Ich denke, also bin ich“ heißt das weit verbreitete Motto. Das ist durchaus nicht verwerflich, denn schließlich haben wir oft genug erfahren, welche Konsequenzen es haben kann, wenn wir etwas nicht wissen. Dann nämlich gab es entweder schlechte Schulnoten oder jemand anderes hat den begehrten Job bekommen. Sobald Sie sagen „Ich weiß es nicht“ werden Sie schräg angeschaut. Denn bitteschön, in unserer hoch-technisierten Zeit, wo man ständig über Smartphone, Internet und GPS Zugriff auf alle Daten haben kann, ist es doch fast schon ein Frevel, etwas nicht zu wissen. Die Angst, bloßgestellt zu werden, sitzt tief und wurde bei den meisten seit frühester Kindheit genährt.

Es ist zu einem sonderbaren Phänomen der Gesellschaft geworden zu glauben, dass wir unser Verstand sind. Doch was, wenn das nur eine Illusion ist? Was, wenn der Verstand lediglich vergleichbar ist mit einer außer Kontrolle geratenen Maschine, die endlose Wissens- und Gedankenschleifen dreht, sich unserer bemannt hat und uns von unserer wahren Weisheits-Quelle abschneidet? Was ist überhaupt diese andere Quelle? Und wie kann ich daran wieder andocken?

Oftmals wird jemand als weise bezeichnet, der ein gewisses Alter erreicht und eine gehörige Portion Lebenserfahrung gesammelt hat. Wie wäre es jedoch für Sie zu wissen, dass jeder von uns weise ist, unabhängig davon, wie alt eine Person ist? Wir sind es tatsächlich. Wir haben lediglich verlernt, auf die innere Weisheit zuzugreifen. Wie viele von Ihnen hatten schon einmal einen Impuls etwas zu tun oder zu sagen und haben es im Endeffekt doch nicht getan, weil die Vorstellung davon zu gefährlich war? Es scheint jedoch nur deswegen so gefährlich, weil wir dermaßen mit unserem Verstand verhaftet sind. Sobald der Verstand etwas nicht logisch begründen kann, generiert er den Gedanken „Das geht nicht. Das kenne ich nicht. Das ist nicht sicher.“ Wie oft ist es Ihnen passiert, dass der erste Impuls den Sie hatten, jedoch womöglich aus Verstandes-Angst nicht verfolgt haben, sich letztendlich doch als der richtige herausgestellt hat? Fragen über Fragen.

Lassen Sie uns an dieser Stelle einmal gemeinsam schauen, was überhaupt der Unterschied zwischen Weisheit und Wissen ist.


Weisheit
Wissen/Verstand
Intuitiv
Logisch
Unbegrenzt
Begrenzt
Vielfältig
Analytisch
Weich
Hart
Spielerisch
Strukturiert
Irrational
Rational
Nicht erklärbar
Erklärbar
Basiert auf Impulsen
Basiert auf Fakten
Flexibel
Starr
Fließend
Eckig
Unendlich
Endlich
Lebendig
Tot. Basiert auf Konzepten
Vertrauen
Planen
Verbunden mit dem Lebensfluss.
Vom Lebensfluss abgeschnitten. Das Leben planen. Zielgerichtet, erfolgsorientiert.
Zentriert
(energet. Zentrum liegt auf phys. Zentrum)
Unzentriert
(energetisches Zentrum liegt im Kopf)
Zugriff auf Unbekanntes
Zugriff auf bereits Bekanntes
Sich entfaltend
Sich wiederholend
Freiheit
Sicherheit
Verbindung
Trennung
Schafft Nähe
Schafft Distanz
Authentisch in Kontakt sein, Herzverbindung
Kopf-gesteuert, fehlende Herzensverbindung
Präsent im Jetzt
Ausgerichtet auf die Zukunft
Fördert Gemeinschaft und Prinzipien
Fördert Konkurrenz und Positionierung.
Basiert auf Erfahrungs-Realität.
Basiert auf verbaler Realität.
Ich bin.
Ich weiß.

Verstehen Sie das bitte nicht falsch. Die obige Gegenüberstellung meint nicht, Weisheit ist gut und Wissen/Verstand ist schlecht. Die Frage ist einfach, was Ihr Leben bestimmt und was dadurch möglich oder nicht möglich ist.

Der Verstand ist wichtig. Entscheidend ist jedoch, dass Sie aufhören, sich von Ihrem Verstand beherrschen und sich alles logisch vorgeben zu lassen, denn dadurch begrenzen Sie sich selbst. Der Verstand, der nach Konzepten und Sicherheit strebt hält Sie quasi in Ihrem eigenen Gefängnis gefangen. Die gute Nachricht ist: Bei diesem Gefängnis steckt der Schlüssel innen. Es liegt also in Ihrer Hand ein neues Experiment zu wagen und an eine Weisheitsquelle anzudocken, die zwar auf den ersten Blick (aus Sicht des Verstandes) weniger stabil zu sein scheint, die sich jedoch als absolut verlässlich entpuppt, sobald Sie ihr vertrauen. Verlässlicher, als der Verstand es jemals sein könnte.

Die Krux an der Geschichte ist jedoch, dass Sie an diese Weisheit nur unter einer Bedingung andocken können:
Um auf Ihre innere Weisheit zugreifen zu können ist es entscheidend, dass Sie sich von Ihrem Verstand abkoppeln. Uaaaaah, wie bitte? Sie haben richtig gelesen:

Weisheit kommt durch die Abkopplung vom Verstand.

Allein diese Vorstellung kann sehr beängstigend sein. Sie sollen plötzlich nicht mehr alles wissen, planen, logisch denken, analysieren und ein Konzept haben? Yep! So ist es. Und das ist bereits alles an schlechter Nachricht. Die gute Nachricht ist, dass Sie und alle anderen dann nur gewinnen können.

Lassen Sie mich ein Beispiel geben:
Kürzlich war ich auf einer Geburtstagsfeier eingeladen und kannte die Gastgeberin noch nicht lange. Rein vom Verstand her und anhand gesammelter Fakten konnte ich definitiv nicht sagen, was ich ihr zum Geburtstag mitbringen sollte. Also habe ich meiner inneren Weisheit die Frage gestellt „Was ist das passende Geburtstagsgeschenk?“ Postwendend kam die Antwort „Das Acryl-Bild, das Du vor einiger Zeit auf Leinwand gemalt hast.“

Es war spannend, was direkt im Anschluss passierte. Dieser erste Impuls fühlte sich absolut stimmig an. 5 Sekunden später hat sich jedoch der Verstand eingeklinkt und angefangen zu argumentieren: „Also Moment mal. Ich kenne sie ja nicht wirklich und weiß gar nicht, welchen Geschmack sie hat. Und ein Bild…also bitte, das ist ja wirklich gewagt. Was, wenn sie es scheußlich findet? Das wäre ja sehr peinlich. Nein, also ich kann doch einer quasi fremden Person kein Bild schenken, das zudem noch sehr wilde Farben und Muster hat.“ Der Geburtstag rückte näher. Einen Tag vor der Einladung holte ich das Bild aus dem Keller. Der Verstand versuchte die gleiche Gedankenschleife wieder und wieder runter zu leiern. Der Teil von mir, der gerne eine absolut sichere Lösung parat hat, hatte Angst. Doch ich habe mich entschieden, dem ersten, sehr klaren Impuls zu folgen und packte das Bild schön in Geschenkpapier ein. Am nächsten Tag kam die Stunde der Wahrheit. Die Gastgeberin packte das Bild aus und …… hat sich vor Begeisterung nicht mehr eingekriegt. Es seien genau ihre Farben und überhaupt fänd sie das Bild gigantisch. Einen Tag später schickte sie mir eine E-Mail und schrieb, dass sie das Bild nachts nach der Feier noch aufgehängt habe und sie es nun direkt von ihrem Schreibtisch aus den ganzen Tag sehen könne.

Wusste ich mit meinem analytischen Verstand, dass das Bild genau „ihre Farben“ enthielt? Nein. Wusste ich zuvor rein von der Logik, dass sie einen besonderen Bezug zu einer bestimmten Form auf dem Bild haben würde? Nein. Wusste ich mit meinem strukturierten Hirn überhaupt irgendetwas über ihren Geschmack? Nein. Aber meine innere Weisheits-Quelle wusste es. Hatte der logische Verstandes-Teil in mir Angst, diese völlig irrationale Idee umzusetzen? Ja.

Hier ein weiteres, etwas praktischeres Beispiel für die Herren unter Ihnen:
Kürzlich brauchte ich neue Winterreifen für mein Auto. Also informierte ich mich im Internet, welche Möglichkeiten es gab. Für diese Recherche nutzte ich zunächst einmal meinen analytischen Verstand; ich habe ihn also nur für diese Aktion bewusst eingeschaltet, um verschiedene Angebote zu vergleichen. Schließlich stieß ich auf eine Internetseite eines Reifenhändlers, der meine gewünschten Kompletträder zu einem sensationellen Preis anbot, der 100 Euro unter den Standardangeboten lag. Prima. Jetzt konnte ich meinen Verstand wieder ausschalten. Da ich noch einen Termin hatte, entschied ich mich, die Räder am nächsten Tag in Ruhe zu bestellen. Am nächsten Tag ging ich also wieder auf diese Internetseite und sah, dass der Preis gestiegen war. Auf meine Nachfrage bei besagtem Händler stellte sich heraus, dass es sich um Tagespreise handelte, die praktisch wie Börsenkurse schwanken können. Ergo: je mehr das Wetter Richtung Schnee tendiert und je mehr von den Reifen gekauft werden, desto mehr schnellt der Preis in die Höhe. Mein Verstand sagte also: „Sieh zu, dass Du die Dinger kaufst, bevor der Preis noch weiter steigt.“ Eine andere Weisheit in mir sagte jedoch „Warte bis morgen.“ Mein Verstand war in dem Moment total verwirrt, da ich ja live verfolgen konnte, wie der Preis stieg. Was tun? Ich spürte Angst, dem ersten Impuls zu folgen. Die finanziellen Beweise lagen schließlich auf der Hand. Letztendlich ließ ich mich von meinem Verstand überreden, zu dem noch einigermaßen günstigen Preis zu kaufen, bevor dieser weiter stieg. Dreimal dürfen Sie raten, was am nächsten Tag passiert ist. Ich schaute aus Neugier noch einmal auf der Internetseite nach und der Preis war um 15% unter meinen Kaufpreis gefallen, obwohl er am Vorabend noch um weitere 10% über meinen Preis gestiegen war. Die innere Weisheit hatte wieder einmal ihre Verlässlichkeit gegenüber dem rationalen Verstand bewiesen. Das war eine kleine Lehre für mich, direktes Feedback vom Universum sozusagen.

Diese Weisheits-Quelle wohnt in jedem von uns, in Männern wie in Frauen. Und: Sie können Sie jederzeit anzapfen. Wir müssen lediglich wieder Bewusstheit darüber erlangen, dass es diese Weisheit in uns gibt, diesen Teil in uns, der jederzeit mit allem verbunden ist, was im Universum existiert. Wir können sozusagen in jedem Moment alle Informationen herunterladen, die im jeweiligen Moment benötigt werden. Es funktioniert in jedem Lebensbereich, sei es im Job, zuhause mit der Familie oder beim Sport mit Freunden. Egal, ob Sie eine Präsentation beim Kunden halten müssen, eine schwierige Aufgabe zu lösen haben oder gerade eine neue Wohnung suchen.

Die Quizfrage die sich nun stellt ist: „Wie können Sie sich vom Verstand abkoppeln und ihn nur bei absoluter Dringlichkeit einschalten, während Sie sich ansonsten aus ihrer Weisheit heraus bewegen?“

Eine Möglichkeit ist, sich mit folgenden Übungen an die Abkopplung heranzutasten.

Experiment 1: Neuverkabelung von Angst
Als aller erstes ist es entscheidend, dass Sie einen neuen Bezug zur Angst entwickeln. Wenn für Sie Angst bedrohlich oder gefährlich ist, oder Sie den Glaubenssatz haben, dass man Angst um jeden Preis vermeiden sollte, weil man sonst als Feigling bezeichnet wird, stehen Sie sich selbst im Weg. Wenn Sie an Ihre innere Weisheit andocken wollen, bedeutet das zwangsläufig, dass Sie mehr und mehr im Nichts stehen. Das heißt, Sie WISSEN nicht mehr wie es geht. Es nicht zu wissen, keinen Plan zu haben, etwas nicht erklären zu können kann beängstigend sein. Somit ist es hilfreich Ihre Definition von Angst zu überprüfen. Welchen Begriff haben Sie mit Angst verbunden.

Sagen Sie einmal den Satz „Angst ist…“ und ergänzen Sie das fehlende Wort. Die meisten werden Definitionen haben wie „Angst ist schlecht“, „Angst ist bedrohlich“, „Angst ist blockierend.“ Wie auch immer ihre Definition lautet, in Ihrem Gehirn ist das rote Kabel mit der Aufschrift „Angst“, mit einem andersfarbigen Kabel mit einer Definition verbunden, was eine wenig zielführende Querverbindung darstellt. Suchen Sie einmal diese Kabelverbindung. Dann schneiden Sie das andersfarbige Kabel mit der Definition ab, sodass Sie nur noch das rote „Angst“-Kabel übrig haben. Welches Kabel würde genau zu dem roten „Angst“-Kabel passen?....Richtig, das andere rote Kabel mit der Aufschrift „Angst“. Suchen Sie es einmal in Ihrem Kopf. Wenn Sie es gefunden haben, stecken Sie diese beiden Kabel zusammen und verlöten Sie diese, damit die Verbindung stabil ist. Das ist wie eine energetische Operation. Wie heißt nun die neue Definition? „Angst ist…?“ Richtig, „ANGST IST ANGST“. Nur das. Angst ist Angst. Nichts weiter. Angst ist Angst. Ein Gefühl, das Sie für sich nutzen können.

Wenn Sie also Ihre innere Weisheit anzapfen und die Informationen, die sie von dort erhalten, nicht erklären können und folglich Angst spüren, sagen Sie einfach „Angst ist Angst. Ich fühle Angst, weil ich keinen Plan habe.“ Die Angst sagt Ihnen in dem Moment einfach nur, dass Sie sich in unbekanntes Gebiet begeben. Angst ist Angst.

Experiment 2: Sagen Sie „Ich weiß es nicht“
Ist es okay für Sie, „nicht zu wissen“? Beobachten Sie einmal im Alltag, wie Sie versuchen, Dinge zu erklären, oder eine Antwort zu haben, obwohl Sie vielleicht nicht wirklich eine klare Aussage treffen können. Der Mechanismus, eine Antwort parat zu haben, sitzt so tief in unseren Nervenzellen, dass die meisten Menschen Mühe damit haben, zu sagen „Ich weiß es nicht.“ In der Schule gab es dafür schließlich schlechte Noten. Ich lade Sie ein, diese Erinnerung den Abfluss hinunter zu spülen. Wenn Sie also das nächste Mal jemand etwas fragt und Sie die Antwort nur vage kennen, dann sagen Sie einfach einmal „Ich weiß es nicht“, anstatt sich eine halbgare Erklärung abzuringen. Üben Sie sich im Nichtwissen. Was kann schon passieren? Vielleicht werden Sie verdutzt angeschaut, doch im gleichen Moment sind Sie Vorbild für eine neue authentische Lebensart. Und vielleicht werden Sie sogar zunehmend feststellen, wie entspannend es ist, endlich nicht mehr alles logisch wissen zu müssen.

Experiment 3: Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Weisheits-Quelle
Sobald Sie mit der Angst und dem Nicht-Wissen ein wenig vertraut sind, verbinden Sie sich mit Ihrer Weisheits-Quelle. Jemand stellt Ihnen eine Frage? Halten Sie erst inne, bevor Sie antworten. Werden Sie still. Antworten Sie nicht blitzschnell aus dem Verstand. Schauen Sie stattdessen die Person an und atmen Sie weiter. Benutzen Sie dann Ihre Absicht, um Ihre Aufmerksamkeit auf die Weisheits-Quelle zu legen, die die Antwort auf die gestellte Frage kennt. Sprechen Sie dann, ohne vorher mit dem Verstand zu analysieren. Es könnte sein, dass Sie selbst überrascht sind, was aus Ihrem Mund kommt.

Oder Sie haben eine Frage, die Sie für sich beantwortet haben möchten? Stellen Sie Ihre Frage der inneren Weisheit und WISSEN SIE NICHT VORHER, was die Antwort wohl sein könnte. Üben Sie sich in absoluter Gelassenheit und Empfänglichkeit für den Impuls der kommt. Zu Beginn wird Ihr Verstand vielleicht noch versuchen dazwischen zu funken. Sobald die logisch, analytische Maschine anspringt, sagen Sie sofort „Ich weiß es nicht“. Dann ist der Verstand mit diesem Satz beschäftigt und die eigentliche Information von der Weisheits-Quelle kann zu Ihnen durchdringen. Es braucht ein wenig Übung.

Ich lade Sie ein, jeglichem Impuls zu vertrauen (sofern er nicht Ihr Leben gefährdet). Wenn Sie auf dem Heimweg den Impuls haben eine andere Straße entlang zu fahren, ohne dass es einen logischen Grund gibt, tun Sie das. Wenn Sie spontan den Impuls haben, auf eine bestimmte Veranstaltung zu gehen, obwohl Ihr Plan für den Abend eigentlich war, einen ruhigen Abend zuhause zu verbringen, gehen Sie zu der Veranstaltung. Seien Sie im Jetzt präsent. Denken Sie nicht in der Vergangenheit und nicht in der Zukunft. Nur im Jetzt, in diesem Moment haben Sie Zugang zur Quelle. Nur wenn Sie im Jetzt präsent sind ohne bereits alle Antworten parat zu haben, können Sie authentisch mit anderen Menschen in Kontakt sein und die Notwendigkeit erkennen, die der jeweilige Augenblick enthüllt.

Denn Weisheit hat nichts mit dem Alter zu tun, sondern mit der Fähigkeit, sich mit dem Sein und der Quelle dessen, was jetzt gebraucht wird, zu verbinden. Sie werden erstaunt sein, was dann möglich wird.

Herzliche Grüße, 
Ihre Nicola Nagel


POTENZIALE LEBEN!

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