Intimität ist das A
und O, um erfüllende Beziehung zu erschaffen. Vielleicht hast Du schon einmal
den Satz gehört „Beziehungen sterben nicht aus Mangel an Liebe, sondern aus
Mangel an Intimität.“
Gerade in der
schnelllebigen Gesellschaft scheint es jedoch genug gute Gründe zu geben, Nähe
und Intimität zu vermeiden. Schließlich ist Zeit Geld und nicht Liebe. Einige
Menschen versuchen die Nähe und Intimität, die sie über das Jahr nicht in ihrer
Beziehung haben, zu besonderen Anlässen wieder herzustellen. Das beste Beispiel
ist der Valentins Tag. An diesem Tag drehen viele Leute durch und deklarieren
ihn als Beweis für Nähe und Intimität. Sie gehen romantisch essen, schenken der
geliebten Person Rosen und meinen dann, das sei Nähe und Intimität. Doch zieh
einmal in Betracht, dass dies nichts weiter als eine Illusion von Intimität
ist. Es ist ein Versuch, die fehlende Nähe und Intimität über den Rest des
Jahres an diesem Tag über Dinge im Außen zu kompensieren (romantisches Essen,
Rosen, Geschenke). Das ist ein bisschen wie Weihnachten: 1 Tage im Jahr, an dem
alles dem perfekten Bild entsprechen muss.
Um erfüllende
Beziehung zu erschaffen, ist es jedoch wichtig, achtsam zu sein und fortwährend
Momente von Intimität zu erzeugen. Bevor Du jedoch mehr Nähe und Intimität in
Deiner Beziehung erzeugen kannst, ist es notwendig, den Scheinwerfer zunächst
einmal darauf zu richten, wie Du bisher Nähe und Intimität vermieden hast bzw.
immer noch vermeidest. Wenn Du keine Klarheit über Deine bewussten und
unbewussten Strategien hast, durch die Du Intimität vermeidest, wird es
schwierig, mehr Intimität zu erzeugen und Deine Beziehung auf eine andere Ebene
zu bringen.
SCHRITT
1: Die Frage nach dem WIE
Es gibt sehr
unterschiedliche Strategien, Intimität zu vermeiden (und mit Intimität ist
nicht nur Sex gemeint, sondern nährendes, tiefgehendes Miteinander-Sein). Im
Folgenden sind einige Beispiele. Überprüfe einmal radikal ehrlich für Dich,
welche Aspekte auf Dich zutreffen. Wie verhinderst Du Nähe und Intimität?
·
Du arbeitest lange
Der Job ist eine der
offensichtlichsten Strategien, Intimität zu vermeiden. Wie oft bist Du schon
nach einem langen Arbeitstag nach Hause gekommen und warst so müde oder
erschöpft, dass Du am liebsten nur noch schlafen oder fernsehen wolltest? Oder
umgekehrt, Dein Partner/Deine Partnerin kam völlig erledigt nach Hause und war
für Nähe und Intimität nicht mehr offen. Vielleicht bringst Du gelegentlich
sogar Arbeit mit nach Hause?
·
Du bist ständig beschäftigt
Eine sehr häufige
Strategie ist, auch zuhause sehr beschäftigt zu sein. Wenn Du mit Deinem
Partner zuhause bist, fällt dir beispielsweise ein, dass:
o
das
Bad noch geputzt werden muss,
o
Du
den Müll noch raustragen wolltest,
o
die
Sachen im Keller stehen, die noch zum Wertstoffhof gebracht werden müssen
o
Du
eine Freundin/einen Freund noch anrufen könntest
o
der
Rasen noch gemäht werden muss (wenn Du in einem Haus mit Garten wohnst, ist es
besonders leicht Möglichkeiten zur Intimitätsvermeidung zu finden, denn es gibt
am, im und um das Haus herum jederzeit genug Dinge zu tun, in die Du Dich
flüchten kannst.
o
etc.
Du bist in Gedanken ständig in Deiner
To-Do Liste und verpasst dadurch die kostbaren Momente, in denen Intimität
möglich wäre.
·
Du schaust Fernsehen / liest Zeitung
lesen/ checkst Dein Handy / sitzt am Computer
Eine weitere Strategie, Intimität zu
vermeiden, ist die, Fernsehen zu schauen oder die Zeitung zu lesen, obwohl Dein
Partner/Deine Partnerin gerade auch zuhause ist und möglicherweise sogar mit
Dir gemeinsam auf dem Sofa sitzt. Vielleicht verspürst Du auch den Drang,
schnell noch auf Dein Handy zu schauen, um die neuesten Posts auf Facebook anzuschauen
oder Deine E-Mails zu checken. Möglicherweise tust Du das sogar, während Dein
Partner/Deine Partnerin gerade dabei ist, etwas Wichtiges mitzuteilen. Eine
andere Variante davon ist, dass Du stundenlang an Deinem Computer sitzt und im
Internet surfst oder Computerspiele spielst.
·
Du trinkst Alkohol oder nimmst andere
Drogen zur vermeintlichen Entspannung
Dies geht häufig
einher mit einem langen Arbeitstag. Für viele Menschen ist Alkohol die
Möglichkeit sich vermeintlich zu entspannen. Wenn es jedoch zur Regelmäßigkeit
wird, kann es schnell Teil einer Strategie sein, keine Intimität zulassen zu
müssen, Dinge „zu vergessen“ und Gefühle zu unterdrücken, die ein Tor zu mehr
Nähe wären. Gleiches trifft zu, wenn Du genau dann raus gehst zum Rauchen oder
andere Drogen nimmst, wenn sich die Tür für tiefere Gespräche und einen höheren
Grad an Intensität öffnet.
·
Du lädst ständig Leute ein oder bist
ständig unter Leuten
Es gibt auch Paare, die ständig Leute
zu sich nach Hause einladen oder sich mit Freunden zum Essen oder in der Kneipe
treffen. Dies ist eine perfekte Möglichkeit, sich im außen zu verlieren und
keinen Raum für Intimität zu schaffen. Wenn andere Menschen um Dich herum sind,
kannst Du mit Deinem Partner/Deiner Partnerin an der Oberfläche bleiben.
·
Deine Aufmerksamkeit ist nur noch auf
den Kindern
Falls Du Kinder hast, kann eine sehr
clevere Strategie sein, Intimität mit Deinem Partner zu vermeiden, indem Du
Deine Aufmerksamkeit nur noch auf die Kinder legst. Kinder brauchen schließlich
Aufmerksamkeit. Gleichzeitig ist es sehr leicht – und für den ein oder anderen
eine willkommene Möglichkeit - sich in den Kindern zu verlieren und die
Beziehung zum Partner aus den Augen zu verlieren.
·
Es dreht sich nur noch um logistische
Details
Eine Falle in Sachen Intimität ist
auch, dass Du mit Deinem Partner/Deiner Partnerin nur noch über alltägliche, logistische
Details sprichst. Wenn Ihr beide nach einem langen Arbeitstag nach Hause kommt,
geht es möglicherweise nur noch darum, wer das Auto in die Werkstatt, die
Kinder zum Wanderausflug und die Schwiegermutter zum Arzt bringt. Das Gemeine
daran ist, dass Du möglicherweise denkst, dass aber doch genau diese Dinge so
ungemein wichtig und klärungsbedürftig sind. Diese Art von miteinander sprechen
kann sich sogar ansatzweise so anfühlen, als wäre es ein intimer Moment (immerhin
sprecht Ihr überhaupt miteinander). Doch zieh einmal in Betracht, dass es einen
Punkt gibt, an dem die Logistik eigentlich geklärt ist und sich eine andere Tür
auftun könnte, die Du nicht nutzt. Stattdessen ist es sicherer in der Logistik
stecken zu bleiben.
·
Du brennst für ein Projekt / Ihr
brennt beide für ein Projekt
Vielleicht stutzt Du jetzt! Warum
vermeidest Du Intimität, wenn Du für ein Projekt brennst? Nun, die Gefahr ist
folgende: Wenn Du für ein Projekt wirklich brennst, Deine Kraft und Energie
dort wirklich gerne hinein gibst und so begeistert bist, dass es Dich auch noch
erfüllt, dann kann es sehr schnell passieren, dass Dich dieses Projekt komplett
einnimmt. Dann fühlt es sich möglicherweise so an, als könntest Du nicht
aufhören, daran zu arbeiten. Dann denkst Du ständig daran, erzählst nur noch
davon und bist in einer Art energetischer Projektwolke absorbiert.
Dies kann übrigens auch passieren,
wenn Du mit Deinem Partner/Deiner Partnerin gemeinsam für ein Projekt brennst
und Ihr gemeinsam dafür arbeitet. In dem Fall kann es passieren, dass Ihr das
gemeinsame Arbeiten auf Dauer mit Intimität verwechselt, vor allem wenn Ihr
außerhalb Eures Projekts keine anderen Paar-Räume habt und z. B. in den Urlaub
fahrt und das Projekt Projekt sein lasst.
·
Du redest zu viel
Intimität kannst Du auch vermeiden,
indem Du ständig redest. Du redest über alles und nichts, über andere Personen,
den Job, die neuesten Gerüchte aus der Stadt, Klatsch und Tratsch, Politik, Du nörgelst
an Deinem Partner/Deine Partnerin herum und beschwerst Dich, etc. Du redest,
damit bloß keine Stille aufkommen und die Intensität steigen kann.
·
Du machst übermäßig viel Sport
Eine weitere Strategie, um Intimität
zu vermeiden kann auch die sein, dass Du extrem viel Sport machst, möglicherweise
sogar Sport, der viel Zeit in Anspruch nimmt (Du trainierst für einen Marathon
nach dem anderen, gehst jeden Tag 3 Stunden in die Fitnessbude, etc.).
·
Du wahrst die Harmonie und sammelst
Groll
Wenn Du versuchst, die Harmonie in
Deiner Beziehung zu wahren und Dinge nicht ansprichst, die Dir am Herzen
liegen, oder die Dich möglicherweise stören, dann vermeidest Du ebenfalls
Intimität. Dann lebst Du in der Illusion von Friede-Freude-Eierkuchen,
erreichst jedoch keinen höheren Grad an Intimität über möglicherweise intensive
Gespräche. Es kann auch passieren, dass Du Groll herunterschluckst, um den
Frieden nicht zu stören. Die Krux ist nur, dass jeder einzelne Grollpunkt, den
Du sammelst, Nähe und Intimität ein stückweit zerstört, egal wie groß der
Grollpunkt ist.
·
Du machst schlichtweg zu viele Dinge
auf einmal:
Wenn Du zu viele Dinge auf einmal
anpackst, dann kann es schnell passieren, dass Du flatterig wirst und in Deiner
Geschwindigkeit und all dem Trubel vergisst, dass es Räume für Intimität und
Liebe gibt, die eine völlig andere Geschwindigkeit haben. Insbesondere, wenn
Dir die Dinge auch noch Spaß machen, kann dies eine Falle sein, denn Du fühlst
Dich möglicherweise lebendig bei all Deinen Aktivitäten.
Es gibt noch viele weitere Strategien,
um Nähe und Intimität zu vermeiden. Schreibe einmal auf, welches Deine
Strategien sind. Frage auch Deinen Partner/Deine Partnerin, welche Strategien
Du hast (das könnte übrigens eine sehr interessante Tür für ein tiefgehendes
Gespräch sein, durch das mehr Nähe und Intimität entsteht!).
SCHRITT
2: Die Frage nach dem WARUM
Nachdem Du nun ein Bild davon hast,
wie leicht es im Alltag ist, Intimität und Nähe zu vermeiden, ist die zweite
Frage: WARUM machst Du das? Was genau vermeidest Du damit? Was steckt dahinter?
Überlege wirklich einmal für Dich,
warum Du die Strategien zur Vermeidung von Intimität anwendest. Vielleicht
möchtest Du verdrängen, dass Deine Beziehung Dich nicht wirklich erfüllt. Ein anderer
Grund kann sein, dass Du vor Deinen eigenen Emotionen, Gefühlen und alten
Wunden wegläufst, oder vor denen Deines Partners/Deiner Partnerin. Wenn Du
Intimität und Nähe immer wieder vermeidest, kann es sein, dass ein Teil in Dir
nicht wahrnehmen möchte, was gerade ist. Lieber entfremdest oder distanzierst
Du Dich, anstatt diese Gefühle und Stimmungen als Tür zu mehr Intimität zu
nutzen.
Die Krux ist, dass sich viele Menschen
mehr Nähe und Intimität wünschen, gleichzeitig jedoch die Intensität, die durch
Nähe entsteht, nicht aushalten wollen oder können. Sobald Du im Hier und Jetzt
mit Deinem Partner/Deiner Partnerin präsent bist, es still wird und Ihr authentisch
und verletzlich miteinander seid und sich die Tür für mehr Nähe und Intimität
auftut (und das heißt nicht zwangsläufig Sex), können Gefühle in Dir auftauchen.
Vielleicht nimmst Du diese zunächst als Unbehagen wahr, doch hinter einem
Unbehagen verstecken sich meist unterdrückte Gefühle wie Wut, Freude,
Traurigkeit oder Angst.
Wenn Du Räume für Nähe und Intimität
öffnen möchtest, geht es darum, dem verletzlichen Teil in Dir zu erlauben, sich
zu zeigen. Mit der Sichtweise, dass Gefühle nicht okay sind (wie wir es häufig
lernen) kann das jedoch auch schmerzhaft sein oder sich gefährlich anfühlen.
Möglicherweise hast Du Angst, weil Du nicht weist, wie Dein Partner/Deine
Partnerin reagieren wird, wenn Du mitteilst, dass Du gerne etwas anderes im
Bereich Sexualität ausprobieren möchtest. Oder es könnte eine Wut bzw. Groll an
die Oberfläche kommen, weil Du einige Dinge, die in Deiner Beziehung nicht in
Ordnung sind, bisher nicht ausgesprochen hast. Vielleicht gründet sich Dein
Unbehagen aber auch darauf, dass Du Selbstzweifel hast („Ich bin nicht gut
genug, nicht schön genug, nicht schlank genug, nicht stark genug….“). Oder Du
fühlst Angst oder bist traurig über Deine eigene Schwäche und Unsicherheit. Sei
radikal ehrlich mit Dir selbst. Es ist wirklich wertvoll, genau hinzuschauen,
warum Du Intimität vermeidest. Das WARUM
ist der Schlüssel zu mehr Intimität.
Um Intimität und Nähe in Deiner
Beziehung herzustellen, ist es entscheidend, im Jetzt präsent zu sein,
wahrzunehmen was ist (inklusive der Gefühle) und das was ist zu nutzen, um die
Tür zu nährendem Miteinander zu öffnen.
Hier ein Experiment, wie Du in Deiner
Beziehung wieder mehr Nähe und Intimität erschaffen kannst:
Experiment
in Nähe
Vereinbare gemeinsam mit Deinem
Partner/Deiner Partnerin eine Paar-Zeit, d. h. eine Zeit nur für Euch, ohne
Kinder, ohne Freunde, ohne Logistik oder ToDo Listen. Setzt Euch gegenüber
voneinander hin (für mehr Intensität ist idealerweise kein Tisch zwischen
Euch). Schaut Euch zunächst einmal 3-5 Minuten nur in die Augen. Lasst Euch
gegenseitig sehen. Es geht nicht darum, wer es länger aushält oder wer zuerst
lacht. Das ist eine andere Absicht. Die Absicht hierbei ist, dass Ihr wieder miteinander
andockt und Euch seht.
Nach den Minuten stillen Sitzens, eröffnet
Ihr einen Mitteilungs-Raum. Du beginnst, authentisch aufrichtig zu teilen, wie
es Dir gerade geht. Was fühlst Du? Was bewegt Dich? Wo stehst Du gerade. Der
andere hört nur zu und sagt NICHTS! Idealerweise zeigt die andere Person auch
keinerlei Mimik oder Gestik, die Dich manipulieren könnte, in einer bestimmten
Richtung weiter zu erzählen (also kein Nicken, kein Lächeln…). Du teilst
aufrichtig und verletzlich aus Deinem Herzen, wie es Dir geht. Wenn Du zu Ende
gesprochen hast, ist Dein Partner/Deine Partnerin dran und Du hörst nur zu.
Es geht nicht darum, zu diskutieren,
zu analysieren oder zu psychologisieren. Es geht darum, dass Ihr Euch
authentisch, verletzlich und aufrichtig mitteilt. Hier und Jetzt. Es zählt nur
dieser Moment. Kein Morgen, kein Gestern. Diese Art des Teilens wird bereits
für einen großen Unterschied in Deiner Beziehung sorgen. Wenn Du Angst spürst
dies zu tun, so ist es absolut angemessen. Du begibst Dich in unbekanntes
Gebiet. Du weißt vielleicht nicht, wie es geht. Vertraue dieser Angst. Vertraue
den Gefühlen in Dir und sprich sie aus (Du kannst sogar die Angst darüber
teilen, dass Du nicht weißt, wie es geht). Gefühle sind neutrale Energie und
Information, die Dir dienen und sie sind ein großartiger Schlüssel für Räume
voller Nähe und Vertrautheit.
Intimität und Nähe sind nicht etwas,
das Du einmal in Deiner Beziehung erschaffst und dann für immer hast. Das wäre
schön. Doch es ist notwendig, achtsam zu sein und diese Räume immer wieder
bewusst zu erschaffen, von Moment zu Moment, damit Deine Beziehung weiterhin
blühen kann. Bist Du Bereit die Verantwortung für mehr Intimität und Nähe in
Deiner Beziehung zu übernehmen?
In diesem Sinne, viel Spaß beim Experimentieren.
Nicola
GIB DEINEM LEBEN EINE NEUE RICHTUNG!
www.viva-essenza.com