Dienstag, 16. April 2013

Aufmerksamkeit & Präsenz - Die Basis für außergewöhnliche Beziehung.



Das Thema Beziehung scheint ein Dauerbrenner zu sein. Wen wundert’s, schließlich sind wir ständig in Beziehung, sei es mit unserem Partner, unseren Nachbarn, den Arbeitskollegen, oder Freunden. Zwischenmenschlicher Kontakt birgt per se ein großes Fettnäpfchen-Potenzial. Dabei sind es insbesondere die subtilen Gesten, Worte und Handlungen, die darüber entscheiden, ob eine Beziehung auf der gewöhnlichen Ebene stecken bleibt, oder die außergewöhnliche Ebene erreicht. Das betrifft die Beziehung zu ihrem Partner genauso wie zu Menschen, die Sie gerade erst kennengelernt haben.

Es gibt zahlreiche Aspekte, die miteinander verwoben sind und darüber entscheiden, ob Sie eine gewöhnliche oder eine außergewöhnliche Beziehung erschaffen. Lassen Sie uns heute einmal den Aspekt der Aufmerksamkeit und Präsenz im Detail betrachten.

Mit der Aufmerksamkeit fängt bereits alles an. Damit steht und fällt die Beziehungsebene, auf der Sie sich bewegen. Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie sitzen mit Ihrem Partner im Restaurant an einem Tisch und freuen sich auf einen schönen, gemeinsamen Abend. Nun haben Restaurants die Eigenschaft, dass sich dort mehrere Leute tummeln und etwas los ist. Der Kellner rennt durch das Sichtfeld, dort vorne kommen neue Gäste, dort hinten fällt ein Glas um, jemand lacht laut auf, das Handy klingelt zwischendrin, etc. Die Versuchung, sich ablenken zu lassen, ist enorm groß. Doch der Grad Ihrer Aufmerksamkeit entscheidet darüber, welche Art von Kontakt mit Ihrem Partner überhaupt möglich ist und ob Sie ihn/sie zum König/zur Königin oder zum Schwein machen.

Wenn Sie im Beispiel des Restaurants die Aufmerksamkeit von Ihrem Gegenüber abziehen und Ihren Blick auf das Drumherum richten (und sei es nur einige Male kurz für 3 Sekunden), dann vermitteln Sie der anderen Person auf subtile Art und Weise, dass Sie nicht hier und jetzt präsent mit ihr/ihm sind, was sehr schnell den Eindruck hinterlässt, dass Sie nicht wirklich Interesse am anderen haben. Ich habe das neulich seit langem wieder einmal erlebt. Ich saß in einem Café und der Bekannte mir gegenüber hat ständig geschaut, was für Leute rein und raus gehen, was der Kellner macht oder was am Nachbartisch gerade passiert. Es war sozusagen neurotisches Zuhören par Excellence und ich hätte mich besser  mit einer Parkuhr unterhalten können. Kennen Sie solch eine Situation? Es war ganz subtil und doch hatte ich nach kurzer Zeit keine Lust mehr, das Gespräch fortzusetzen.

Experiment:
SCHRITT 1:
Wenn Sie sich das nächste Mal mit Ihrem Partner oder einer anderen Person unterhalten, achten Sie einmal darauf, ob die Person präsent ist oder gelegentlich in der Weltgeschichte umherschaut.  Falls letzteres der Fall ist, spüren Sie einmal bewusst hin, was das mit Ihnen macht. Im Falle des eigenen Partners ist das eventuell noch massiver spürbar, als wenn es nur eine Bekannte ist. Spüren Sie einmal bewusst den Schmerz, den es verursacht und machen Sie sich klar, welches Gefühl es ist, das in dem Moment aufkommt? Ist es Wut, weil Ihr Partner nicht bei der Sache ist? Ist es Traurigkeit, weil Sie gerne mehr in Kontakt wären? Oder ist es vielleicht Angst davor, dass der andere Sie nicht interessant finden könnte?

SCHRITT 2:
Beobachten Sie sich im nächsten Schritt selbst. Wann tendieren Sie dazu, wegzuschauen und aus dem Kontakt zu gehen? Wann, wie oft, mit wem und warum passiert es? Schauen Sie in der Gegend umher, weil das Gespräch langweilig ist, oder weil Sie gerade lieber etwas anderes machen möchten? Oder ist es einfach Ihre Überlebensstrategie, um intensiven Kontakt nicht zuzulassen und nicht wirklich gesehen zu werden? Haben Sie vielleicht noch zig andere Dinge im Kopf, die Sie erledigen müssen? Beginnen Sie einmal damit, diesen Aspekt zu beobachten. Machen Sie sich den unbewussten Mechanismus bewusst und lassen Sie sich von dem Schmerz treffen. Dadurch wird Veränderung möglich.

Verstehen Sie das bitte nicht falsch, es ist nicht gut und nicht schlecht, wenn Sie umherschauen und aus dem Kontakt gehen, es produziert einfach nur ganz bestimmte Ergebnisse. Das Ergebnis lautet in dem Fall, dass Sie nicht präsent im Hier und Jetzt mit Ihrem Gegenüber sind und Sie damit die Gelegenheit verpassen, außergewöhnliche Beziehung zu kreieren.

Es gibt Menschen, die meinen, der Partner müsse sich lediglich verändern und aufmerksamer sein, damit es ihnen besser geht. Viel Erfolg! Darauf warten Sie unter Umständen ein Leben lang. Es geht darum, dass Sie Ihre eigene Aufmerksamkeit schulen. Sie wünschen sich mehr Aufmerksamkeit von Ihrem Partner? Wie wäre es, wenn Sie beginnen, selbst aufmerksamer zu werden? In dem Maße, in dem Sie sich verändern, verändert sich auch Ihr Umfeld.

Aufmerksamkeit ist das A und O, wenn Sie außergewöhnliche Beziehung erschaffen wollen. Der ein oder andere mag jetzt sagen „Ja ist doch klar, dass man mal aufmerksam sein muss.“ Doch wenn es so klar ist, warum gibt es dann so viele Menschen, die sich nach einer anderen Art von Beziehung sehnen? Wenn es so klar ist, dass Aufmerksamkeit wichtig ist, warum laufen dann nicht lauter strahlende, blühende Frauen und Männer umher?

Liebe Männer, wenn Sie die Göttin in Ihrer Frau/Freundin zum Blühen bringen wollen, dann legen Sie 100% Ihrer Aufmerksamkeit auf sie, wenn Sie Zeit mit ihr verbringen. Sonst wird Ihnen dieses Geschenk verwehrt bleiben. Eine Frau kann sich nur voll entfalten, wenn der Raum für sie sicher genug ist. Wenn Sie wild umherschauen und gedanklich mit anderen Dingen beschäftigt sind, ist der Raum nicht sicher. Es geht um die Qualität des Miteinanders, des Zusammenseins. Ihre Energie folgt Ihrer Aufmerksamkeit. Schauen Sie also, wo Ihre Energie und Aufmerksamkeit hingeht, zu ihrem Gegenüber, oder zu anderen Personen und Dingen?

Für Frauen gilt es umgekehrt gleichermaßen. Wenn Sie Ihren Mann zum König machen wollen, dann seien Sie aufmerksam und präsent im Hier und Jetzt mit ihm, so wie er gerade ist. 

Was machen Sie nun, wenn Sie eine andere Situation vorfinden, wenn Sie also z. B. jemand gegenüber haben, der alles andere als aufmerksam ist? Hier einige Möglichkeiten:

·       Wenn jemand offensichtlich gar nicht zuhört, dann können Sie Ihr kleines Monster nutzen (den Gremlin) und einfach mitten im Satz etwas völlig Schräges erzählen, z. B. „…und als ich von der Arbeit kam,… da schoss plötzlich dieses Krokodil um die Ecke und biss der Oma ins Bein. Das war vielleicht ein Getöse.“ Spätestens dann, ist Ihr Gegenüber vermutlich wieder bei Ihnen und schaut Sie mit großen Augen erstaunt an.

·       Sprechen Sie das Thema an. Wenn es Ihnen am Herzen liegt, außergewöhnliche Beziehung zu erschaffen, dann setzen Sie ein Metagespräch auf und bringen Sie genau das zur Sprache. Sie können durchaus mitten in der Unterhaltung sagen, dass Sie den Eindruck haben, dass die andere Person nicht zuhört. Wichtig ist, dass Sie bei sich bleiben, wenn Sie sprechen. Erzählen Sie wie es Ihnen damit geht, was Ihr Eindruck ist, wie Sie sich fühlen. Sagen Sie auch, was Sie sich wünschen (Das gilt besonders für die Frauen. Liebe Frauen, Männer können unsere Gedanken nicht lesen. Sie lieben vielmehr klare Gebrauchsanweisungen, also bitten Sie um das, was Sie brauchen und befreien Sie den Mann von Ihrer unausgesprochenen Erwartung, dass er es erraten muss).

·         Wenn alles nicht hilft, beenden Sie das Gespräch. Denn mal ehrlich, wenn jemand nicht bei der Sache ist, wieso wollen Sie dann Ihre kostbare Zeit mit einem oberflächlichen Gespräch verbringen? Doch Achtung, mit „Gespräch beenden“ ist nicht gemeint, dass Sie die Drama-Königin oder den Drama-König rausholen, getreu dem Motto „Du hörst mir überhaupt nicht zu“ und dann beleidigt abzischen. Wählen Sie Ihre Worte achtsam. Sagen Sie Ihrem Partner z. B. „Du, ich würde mich sehr gerne mit Dir austauschen und gleichzeitig habe ich den Eindruck, dass Du nicht ganz bei der Sache bist. Wie wäre es, wenn wir später reden? Wann hättest Du Zeit für mich?“

Umgekehrt trifft das gleichermaßen zu. Wenn Sie merken, dass Sie gerade keine Lust und/oder Zeit haben, ein Gespräch zu führen, dann sagen Sie das Ihrem gegenüber. Oder wollen Sie sich halbherzig ein Ohr abkauen lassen, während Ihr Wutpegel steigt, weil Sie eigentlich etwas anderes machen möchten? Ehrlich, es bringt niemanden weiter, weder Sie noch den anderen, wenn es gerade nicht die richtige Zeit ist, zu sprechen.

Timing ist wirklich alles. Zum Beispiel sind Männer vom Denken her nicht nur anders gestrickt, sondern sie haben auch eine geringere Wortkapazität pro Tag zur Verfügung als Frauen (4000 Wörter im Gegensatz zu weiblichen 8000). Fragen Sie Ihren Partner also lieber, wann es ihm passt, zu sprechen, anstatt einfach loszuplappern. Denn wenn er seine Anzahl Wörter schon verbraucht hat, oder gerade noch seine Firmen-Präsentation für morgen fertigstellen möchte, dann ist es einfach nicht der richtige Moment, um zu reden. Sie können spüren, ob es stimmig ist, ein Gespräch zu führen, oder nicht. Entwickeln Sie auch hier Ihre Aufmerksamkeit, um die feinen Nuancen wahrzunehmen.

(Zur weiteren Unterscheidung von Männer- und Frauengehirnen lade ich Sie ein, sich das kurze, aussagekräftige und gleichzeitig sensationelle Youtube Video von Marc Gungor anzuschauen: http://www.youtube.com/watch?v=ulP6f9zXtTs).


Aufmerksamkeit versus Retten
Mangelnde Aufmerksamkeit birgt ein enormes Potenzial für Groll. Doch jeder einzelne Grollpunkt, den Sie gegen den anderen sammeln, verhindert und zerstört Nähe, Intimität und Vertrautheit. Außergewöhnliche Beziehung zu kreieren erfordert permanente Arbeit und Achtsamkeit. Es ist nicht damit getan, dass Sie einmal aufmerksam waren. Aufmerksamkeit hat nichts damit zu tun, dass Sie Ihrer Frau einmal im Quartal Blumen kaufen und es damit gut ist.

Und Achtung: Aufmerksamkeit hat erst recht nichts damit zu tun, dass Sie alles für den anderen tun und ihn pempern und betüteln. Ich war neulich auf einer Veranstaltung, wo eine Person meinte, sie wäre besonders zuvorkommend und aufmerksam, indem sie mir ungefragt Wasser einschenkt, einen Kaffee bringt und mir einen Teller mit Essen reicht. Was soll ich sagen, ich bin fast durchgedreht. Diese Person hat permanent versucht, mich zu retten und zu manipulieren, weil sie die ungeprüfte Annahme hatte, dass ich doch die gleichen Dinge zur gleichen Zeit mögen muss, wie sie. Dabei wollte ich weder Kaffe, noch Wasser, noch sonst etwas. Die aufsteigenden 5% Wut habe ich genutzt, um eine klare Grenze zu setzen.

Aufmerksamkeit und Retten sind zwei völlig unterschiedliche Dinge! Aufmerksamkeit bedeutet, dass Sie mit Ihrer Präsenz, mit Ihrer ganzen Energie voll bei der anderen Person sind. Sie SIND mit ihr. Sie genießen die Gesellschaft und den Kontakt. Sie verpflichten sich in dem Moment der Person gegenüber (nicht dem Nachbarn, nicht dem Kellner, nicht dem Fernseher, dem Handy oder der Zeitung und auch nicht Ihrem Hund).

Retten hingegen ist sogenanntes niederes Drama, mit dem sie der anderen Person den Eindruck vermitteln, dass die andere Person – flapsig ausgedrückt – es nicht auf die Reihe kriegt und Sie besser wissen, was für sie gut ist. Sie geben in dem Moment komplett Ihr Zentrum und Ihre Autorität an die andere Person ab. Wenn Sie aufmerksam sein wollen und z. B. sehen, dass Ihr Partner nichts mehr zu trinken hat, dann fragen Sie ihn, ob er/sie noch etwas trinken möchte und stellen Sie es ihm/ihr nicht einfach vor die Nase.

Wenn Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit voll und ganz bei dem anderen sind, geht es auch nicht darum, seine/ihre unerfüllten Kindheitsbedürfnisse zu erfüllen bzw. Ihren Partner dahingehend zu manipulieren, dass er Ihr Aufmerksamkeits-Loch füllt. Lassen Sie dieses Loch in die Vergangenheit driften. Sie haben in der Vergangenheit nicht genug Liebe und Aufmerksamkeit bekommen? Okay. Das ist so und es ist vorbei. Wenn Sie letzte Woche unglaublich Durst hatten und sich heute noch an dieses Durstgefühl erinnern können, hilft es dann, wenn Sie heute einen Liter Wasser trinken, um den Durst von letzter Woche zu löschen? Nein. Also können Sie endlich aufhören, Ihren Partner dafür verantwortlich zu machen, Löcher aus der Vergangenheit stopfen zu müssen.

Bei dem erschaffen von außergewöhnlicher Beziehung ist die Absicht von Aufmerksamkeit nicht die, alte Löcher zu stopfen. Es geht darum, sich dem Zusammensein mit der anderen Person zu verpflichten. Diese Art Aufmerksamkeit ist nährend und erfüllend. Sie können den Unterschied spüren. Die Nähe und Vertrautheit, die durch diese Art Aufmerksamkeit entsteht, kann intensiv sein. Wenn Ihr Gegenüber voll präsent und aufmerksam bei Ihnen und mit Ihnen ist, kann das sogar unglaublich intensiv sein. Versuchen Sie es auszuhalten. Wenn es sehr intensiv wird, atmen Sie einfach weiter. Gehen Sie nicht aus dem Kontakt, indem Sie zum Smartphone greifen, ein Witzchen machen oder irgendeinen lapidaren Spruch loslassen. Versuchen Sie langsam Ihren Intensitätslevel zu erhöhen und durch die Aufmerksamkeit, die Ihnen entgegengebracht wird bzw. die Sie entgegenbringen, den Grad an Nähe und Vertrautheit zu erhöhen. Es lohnt sich.

Herzliche, aufmerksame Grüße,
Ihre Nicola Nagel



Wenn Sie zum Thema Aufmerksamkeit und außergewöhnliche Beziehung erfahren möchten, empfehle ich Ihnen als Buch-Tipp: „Wahre Liebe im Alltag“ von Clinton Callahan.


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