Das
Thema Beziehung scheint ein Dauerbrenner zu sein. Wen wundert’s, schließlich
sind wir ständig in Beziehung, sei es mit unserem Partner, unseren Nachbarn,
den Arbeitskollegen, oder Freunden. Zwischenmenschlicher Kontakt birgt per se ein
großes Fettnäpfchen-Potenzial. Dabei sind es insbesondere die subtilen Gesten,
Worte und Handlungen, die darüber entscheiden, ob eine Beziehung auf der
gewöhnlichen Ebene stecken bleibt, oder die außergewöhnliche Ebene erreicht.
Das betrifft die Beziehung zu ihrem Partner genauso wie zu Menschen, die Sie
gerade erst kennengelernt haben.
Es
gibt zahlreiche Aspekte, die miteinander verwoben sind und darüber entscheiden,
ob Sie eine gewöhnliche oder eine außergewöhnliche Beziehung erschaffen. Lassen
Sie uns heute einmal den Aspekt der Aufmerksamkeit und Präsenz im Detail betrachten.
Mit
der Aufmerksamkeit fängt bereits alles an. Damit steht und fällt die
Beziehungsebene, auf der Sie sich bewegen. Stellen Sie sich folgende Situation
vor: Sie sitzen mit Ihrem Partner im Restaurant an einem Tisch und freuen sich
auf einen schönen, gemeinsamen Abend. Nun haben Restaurants die Eigenschaft,
dass sich dort mehrere Leute tummeln und etwas los ist. Der Kellner rennt durch
das Sichtfeld, dort vorne kommen neue Gäste, dort hinten fällt ein Glas um, jemand
lacht laut auf, das Handy klingelt zwischendrin, etc. Die Versuchung, sich
ablenken zu lassen, ist enorm groß. Doch der Grad Ihrer Aufmerksamkeit
entscheidet darüber, welche Art von Kontakt mit Ihrem Partner überhaupt möglich
ist und ob Sie ihn/sie zum König/zur Königin oder zum Schwein machen.
Wenn
Sie im Beispiel des Restaurants die Aufmerksamkeit von Ihrem Gegenüber abziehen
und Ihren Blick auf das Drumherum richten (und sei es nur einige Male kurz für
3 Sekunden), dann vermitteln Sie der anderen Person auf subtile Art und Weise, dass
Sie nicht hier und jetzt präsent mit ihr/ihm sind, was sehr schnell den
Eindruck hinterlässt, dass Sie nicht wirklich Interesse am anderen haben. Ich
habe das neulich seit langem wieder einmal erlebt. Ich saß in einem Café und der
Bekannte mir gegenüber hat ständig geschaut, was für Leute rein und raus gehen,
was der Kellner macht oder was am Nachbartisch gerade passiert. Es war sozusagen
neurotisches Zuhören par Excellence und ich hätte mich besser mit einer Parkuhr unterhalten können. Kennen
Sie solch eine Situation? Es war ganz subtil und doch hatte ich nach kurzer
Zeit keine Lust mehr, das Gespräch fortzusetzen.
Experiment:
SCHRITT
1:
Wenn
Sie sich das nächste Mal mit Ihrem Partner oder einer anderen Person
unterhalten, achten Sie einmal darauf, ob die Person präsent ist oder
gelegentlich in der Weltgeschichte umherschaut.
Falls letzteres der Fall ist, spüren Sie einmal bewusst hin, was das mit
Ihnen macht. Im Falle des eigenen Partners ist das eventuell noch massiver
spürbar, als wenn es nur eine Bekannte ist. Spüren Sie einmal bewusst den
Schmerz, den es verursacht und machen Sie sich klar, welches Gefühl es ist, das
in dem Moment aufkommt? Ist es Wut, weil Ihr Partner nicht bei der Sache ist?
Ist es Traurigkeit, weil Sie gerne mehr in Kontakt wären? Oder ist es
vielleicht Angst davor, dass der andere Sie nicht interessant finden könnte?
SCHRITT
2:
Beobachten
Sie sich im nächsten Schritt selbst. Wann tendieren Sie dazu, wegzuschauen und
aus dem Kontakt zu gehen? Wann, wie oft, mit wem und warum passiert es? Schauen
Sie in der Gegend umher, weil das Gespräch langweilig ist, oder weil Sie gerade
lieber etwas anderes machen möchten? Oder ist es einfach Ihre
Überlebensstrategie, um intensiven Kontakt nicht zuzulassen und nicht wirklich
gesehen zu werden? Haben Sie vielleicht noch zig andere Dinge im Kopf, die Sie
erledigen müssen? Beginnen Sie einmal damit, diesen Aspekt zu beobachten.
Machen Sie sich den unbewussten Mechanismus bewusst und lassen Sie sich von dem
Schmerz treffen. Dadurch wird Veränderung möglich.
Verstehen
Sie das bitte nicht falsch, es ist nicht gut und nicht schlecht, wenn Sie
umherschauen und aus dem Kontakt gehen, es produziert einfach nur ganz
bestimmte Ergebnisse. Das Ergebnis lautet in dem Fall, dass Sie nicht präsent
im Hier und Jetzt mit Ihrem Gegenüber sind und Sie damit die Gelegenheit
verpassen, außergewöhnliche Beziehung zu kreieren.
Es
gibt Menschen, die meinen, der Partner müsse sich lediglich verändern und
aufmerksamer sein, damit es ihnen besser geht. Viel Erfolg! Darauf warten Sie
unter Umständen ein Leben lang. Es geht darum, dass Sie Ihre eigene Aufmerksamkeit
schulen. Sie wünschen sich mehr Aufmerksamkeit von Ihrem Partner? Wie wäre es,
wenn Sie beginnen, selbst aufmerksamer zu werden? In dem Maße, in dem Sie sich
verändern, verändert sich auch Ihr Umfeld.
Aufmerksamkeit
ist das A und O, wenn Sie außergewöhnliche Beziehung erschaffen wollen. Der ein
oder andere mag jetzt sagen „Ja ist doch klar, dass man mal aufmerksam sein
muss.“ Doch wenn es so klar ist, warum gibt es dann so viele Menschen, die sich
nach einer anderen Art von Beziehung sehnen? Wenn es so klar ist, dass
Aufmerksamkeit wichtig ist, warum laufen dann nicht lauter strahlende, blühende
Frauen und Männer umher?
Liebe
Männer, wenn Sie die Göttin in Ihrer Frau/Freundin zum Blühen bringen wollen,
dann legen Sie 100% Ihrer Aufmerksamkeit auf sie, wenn Sie Zeit mit ihr
verbringen. Sonst wird Ihnen dieses Geschenk verwehrt bleiben. Eine Frau kann
sich nur voll entfalten, wenn der Raum für sie sicher genug ist. Wenn Sie wild
umherschauen und gedanklich mit anderen Dingen beschäftigt sind, ist der Raum
nicht sicher. Es geht um die Qualität des Miteinanders, des Zusammenseins. Ihre
Energie folgt Ihrer Aufmerksamkeit. Schauen Sie also, wo Ihre Energie und
Aufmerksamkeit hingeht, zu ihrem Gegenüber, oder zu anderen Personen und
Dingen?
Für
Frauen gilt es umgekehrt gleichermaßen. Wenn Sie Ihren Mann zum König machen
wollen, dann seien Sie aufmerksam und präsent im Hier und Jetzt mit ihm, so wie
er gerade ist.
Was
machen Sie nun, wenn Sie eine andere Situation vorfinden, wenn Sie also z. B.
jemand gegenüber haben, der alles andere als aufmerksam ist? Hier einige
Möglichkeiten:
· Wenn
jemand offensichtlich gar nicht zuhört, dann können Sie Ihr kleines Monster
nutzen (den Gremlin) und einfach mitten im Satz etwas völlig Schräges erzählen,
z. B. „…und als ich von der Arbeit kam,… da schoss plötzlich dieses Krokodil um
die Ecke und biss der Oma ins Bein. Das war vielleicht ein Getöse.“ Spätestens
dann, ist Ihr Gegenüber vermutlich wieder bei Ihnen und schaut Sie mit großen
Augen erstaunt an.
· Sprechen
Sie das Thema an. Wenn es Ihnen am Herzen liegt, außergewöhnliche Beziehung zu
erschaffen, dann setzen Sie ein Metagespräch auf und bringen Sie genau das zur
Sprache. Sie können durchaus mitten in der Unterhaltung sagen, dass Sie den
Eindruck haben, dass die andere Person nicht zuhört. Wichtig ist, dass Sie bei
sich bleiben, wenn Sie sprechen. Erzählen Sie wie es Ihnen damit geht, was Ihr
Eindruck ist, wie Sie sich fühlen. Sagen Sie auch, was Sie sich wünschen (Das
gilt besonders für die Frauen. Liebe Frauen, Männer können unsere Gedanken nicht
lesen. Sie lieben vielmehr klare Gebrauchsanweisungen, also bitten Sie um das,
was Sie brauchen und befreien Sie den Mann von Ihrer unausgesprochenen
Erwartung, dass er es erraten muss).
·
Wenn alles nicht hilft, beenden Sie das
Gespräch. Denn mal ehrlich, wenn jemand nicht bei der Sache ist, wieso wollen
Sie dann Ihre kostbare Zeit mit einem oberflächlichen Gespräch verbringen? Doch
Achtung, mit „Gespräch beenden“ ist nicht gemeint, dass Sie die Drama-Königin
oder den Drama-König rausholen, getreu dem Motto „Du hörst mir überhaupt nicht
zu“ und dann beleidigt abzischen. Wählen Sie Ihre Worte achtsam. Sagen Sie
Ihrem Partner z. B. „Du, ich würde mich sehr gerne mit Dir austauschen und
gleichzeitig habe ich den Eindruck, dass Du nicht ganz bei der Sache bist. Wie
wäre es, wenn wir später reden? Wann hättest Du Zeit für mich?“
Umgekehrt trifft das
gleichermaßen zu. Wenn Sie merken, dass Sie gerade keine Lust und/oder Zeit
haben, ein Gespräch zu führen, dann sagen Sie das Ihrem gegenüber. Oder wollen
Sie sich halbherzig ein Ohr abkauen lassen, während Ihr Wutpegel steigt, weil
Sie eigentlich etwas anderes machen möchten? Ehrlich, es bringt niemanden
weiter, weder Sie noch den anderen, wenn es gerade nicht die richtige Zeit ist,
zu sprechen.
Timing ist wirklich alles.
Zum Beispiel sind Männer vom Denken her nicht nur anders gestrickt, sondern sie
haben auch eine geringere Wortkapazität pro Tag zur Verfügung als Frauen (4000
Wörter im Gegensatz zu weiblichen 8000). Fragen Sie Ihren Partner also lieber,
wann es ihm passt, zu sprechen, anstatt einfach loszuplappern. Denn wenn er
seine Anzahl Wörter schon verbraucht hat, oder gerade noch seine
Firmen-Präsentation für morgen fertigstellen möchte, dann ist es einfach nicht
der richtige Moment, um zu reden. Sie können spüren, ob es stimmig ist, ein
Gespräch zu führen, oder nicht. Entwickeln Sie auch hier Ihre Aufmerksamkeit,
um die feinen Nuancen wahrzunehmen.
(Zur
weiteren Unterscheidung von Männer- und Frauengehirnen lade ich Sie ein, sich
das kurze, aussagekräftige und gleichzeitig sensationelle Youtube Video von
Marc Gungor anzuschauen: http://www.youtube.com/watch?v=ulP6f9zXtTs).
Aufmerksamkeit versus Retten
Mangelnde
Aufmerksamkeit birgt ein enormes Potenzial für Groll. Doch jeder einzelne
Grollpunkt, den Sie gegen den anderen sammeln, verhindert und zerstört Nähe,
Intimität und Vertrautheit. Außergewöhnliche Beziehung zu kreieren erfordert permanente
Arbeit und Achtsamkeit. Es ist nicht damit getan, dass Sie einmal aufmerksam
waren. Aufmerksamkeit hat nichts damit zu tun, dass Sie Ihrer Frau einmal im
Quartal Blumen kaufen und es damit gut ist.
Und
Achtung: Aufmerksamkeit hat erst recht nichts damit zu tun, dass Sie alles für
den anderen tun und ihn pempern und betüteln. Ich war neulich auf einer
Veranstaltung, wo eine Person meinte, sie wäre besonders zuvorkommend und
aufmerksam, indem sie mir ungefragt Wasser einschenkt, einen Kaffee bringt und
mir einen Teller mit Essen reicht. Was soll ich sagen, ich bin fast durchgedreht.
Diese Person hat permanent versucht, mich zu retten und zu manipulieren, weil
sie die ungeprüfte Annahme hatte, dass ich doch die gleichen Dinge zur gleichen
Zeit mögen muss, wie sie. Dabei wollte ich weder Kaffe, noch Wasser, noch sonst
etwas. Die aufsteigenden 5% Wut habe ich genutzt, um eine klare Grenze zu
setzen.
Aufmerksamkeit
und Retten sind zwei völlig unterschiedliche Dinge! Aufmerksamkeit bedeutet,
dass Sie mit Ihrer Präsenz, mit Ihrer ganzen Energie voll bei der anderen
Person sind. Sie SIND mit ihr. Sie genießen die Gesellschaft und den Kontakt. Sie
verpflichten sich in dem Moment der Person gegenüber (nicht dem Nachbarn, nicht
dem Kellner, nicht dem Fernseher, dem Handy oder der Zeitung und auch nicht
Ihrem Hund).
Retten
hingegen ist sogenanntes niederes Drama, mit dem sie der anderen Person den
Eindruck vermitteln, dass die andere Person – flapsig ausgedrückt – es nicht
auf die Reihe kriegt und Sie besser wissen, was für sie gut ist. Sie geben in
dem Moment komplett Ihr Zentrum und Ihre Autorität an die andere Person ab. Wenn
Sie aufmerksam sein wollen und z. B. sehen, dass Ihr Partner nichts mehr zu
trinken hat, dann fragen Sie ihn, ob er/sie noch etwas trinken möchte und stellen
Sie es ihm/ihr nicht einfach vor die Nase.
Wenn
Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit voll und ganz bei dem anderen sind, geht es auch
nicht darum, seine/ihre unerfüllten Kindheitsbedürfnisse zu erfüllen bzw. Ihren
Partner dahingehend zu manipulieren, dass er Ihr Aufmerksamkeits-Loch füllt.
Lassen Sie dieses Loch in die Vergangenheit driften. Sie haben in der
Vergangenheit nicht genug Liebe und Aufmerksamkeit bekommen? Okay. Das ist so
und es ist vorbei. Wenn Sie letzte Woche unglaublich Durst hatten und sich
heute noch an dieses Durstgefühl erinnern können, hilft es dann, wenn Sie heute
einen Liter Wasser trinken, um den Durst von letzter Woche zu löschen? Nein.
Also können Sie endlich aufhören, Ihren Partner dafür verantwortlich zu machen,
Löcher aus der Vergangenheit stopfen zu müssen.
Bei
dem erschaffen von außergewöhnlicher Beziehung ist die Absicht von
Aufmerksamkeit nicht die, alte Löcher zu stopfen. Es geht darum, sich dem
Zusammensein mit der anderen Person zu verpflichten. Diese Art Aufmerksamkeit
ist nährend und erfüllend. Sie können den Unterschied spüren. Die Nähe und
Vertrautheit, die durch diese Art Aufmerksamkeit entsteht, kann intensiv sein.
Wenn Ihr Gegenüber voll präsent und aufmerksam bei Ihnen und mit Ihnen ist,
kann das sogar unglaublich intensiv sein. Versuchen Sie es auszuhalten. Wenn es
sehr intensiv wird, atmen Sie einfach weiter. Gehen Sie nicht aus dem Kontakt,
indem Sie zum Smartphone greifen, ein Witzchen machen oder irgendeinen
lapidaren Spruch loslassen. Versuchen Sie langsam Ihren Intensitätslevel zu
erhöhen und durch die Aufmerksamkeit, die Ihnen entgegengebracht wird bzw. die
Sie entgegenbringen, den Grad an Nähe und Vertrautheit zu erhöhen. Es lohnt
sich.
Herzliche,
aufmerksame Grüße,
Ihre
Nicola Nagel
Wenn
Sie zum Thema Aufmerksamkeit und außergewöhnliche Beziehung erfahren möchten,
empfehle ich Ihnen als Buch-Tipp: „Wahre Liebe im Alltag“ von Clinton Callahan.
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