Die Bäume haben die Blätter von sich
geworfen, die Temperaturen sinken gegen Null, die Natur zeigt uns an, dass
alles vergänglich und der Tod allgegenwärtig ist. Doch es scheint, dass das
Bewusstsein für Vergänglichkeit in vielen Köpfen nicht existiert. Vielmehr
scheint das Thema Vergänglichkeit ein regelrechtes Tabu zu sein. Durch das
moderne, von der Natur getrennte Leben, begreifen wir die natürlichen
Kreisläufe immer weniger, sodass Vergänglichkeit und Tod viele Menschen umso
mehr erschrecken. Stattdessen verkaufen uns die Fitness-, Mode-, Schönheits-,
und Wohlstands-Ideale der Medien die Illusion der Unsterblichkeit.
Die Krux daran ist, dass mit dieser
Illusion die Gefahr besteht, inauthentisch zu werden, in Bezug darauf, was uns
wirklich wichtig ist und wir uns mit Dingen beschäftigen, die wir eigentlich
nicht tun möchten. Dabei ist es eigentlicher fester Bestandteil des Lebens,
Dinge immer wieder sterben zu lassen, damit neues entstehen kann. Die spannende
Frage ist daher: Wie aufrichtig bist Du zu Dir selbst? Wie authentisch bist Du
in Bezug auf Deine eigene Inauthentizität? Lass uns schauen, was das konkret
bedeutet.
Möglicherweise hast Du bisher gedacht,
dass es entweder Dinge gib, die Du akzeptierst, oder Dinge, die Du nicht
akzeptierst. Wenn Du etwas ganz klar zu 100% akzeptierst, bist Du in Bezug
darauf authentisch. Ebenso bist Du authentisch, wenn Du Dinge ganz klar zu 100%
nicht akzeptierst. Ist dir jedoch schon einmal aufgefallen, dass es Momente
gibt, in denen Du so tust, als würdest du Dinge akzeptieren, obwohl Du sie in
Wirklichkeit nicht akzeptierst? Das nennt sich falsche Akzeptanz (dieser Begriff stammt aus Thomas Gordon Buch Familienkonferenz). Wenn Du so tust, als
ob du etwas akzeptierst, was du eigentlich nicht akzeptierst, bist du nicht
authentisch. Dabei kann es sich um kleinere oder größere Dinge handeln. Du bist
beispielsweise nicht authentisch, wenn:
- Du ja sagst, aber innerlich eigentlich nein meinst oder spürst.
- Du nein sagst, aber innerlich eigentlich ja meinst oder spürst.
- Du Dich angepasst und höflich verhältst, obwohl es angemessen wäre, Dinge anzusprechen, die unbequem (für Dich oder andere) sind.
- Du meinst, scheinbar wichtigen Verpflichtungen nachkommen zu müssen, die Dir aber tatsächlich Energie rauben.
- Dein Partner/Deine Partnerin eine andere Meinung zu einem Thema hat, Du jedoch klein beigibst, um geliebt zu werden und bloß keinen Konflikt hervorzurufen.
- Du Verabredungen eingehst, obwohl Du keine Lust hast.
- Du genervt vom Geschwätz Deiner Nachbarin bist, aber das Gespräch dennoch fortsetzt.
- Du Dich für Nachhaltigkeit einsetzt, aber weiterhin Produkte von Großkonzernen kaufst, die die Umwelt zerstören.
- Du Dich hinter Luxusgütern versteckst, um Dein fehlendes Selbstwertgefühl zu verdecken.
- etc.
Normalerweise bist Du nicht ehrlich zu
Dir selbst oder anderen in Bezug auf Deine falsche Akzeptanz. Du bist nicht
authentisch in Bezug auf Deine eigene Inauthentizität. Das ist weder gut noch
schlecht. Wir haben es einfach nicht gelernt. Wenn Du jedoch untersuchst, wo Du
nicht authentisch bist, kannst Du anfangen, authentisch in Bezug auf Deine
eigene Inauthentizität zu werden. Es kann sehr schmerzhaft sein, Dir selbst - und
auch anderen -gegenüber einzugestehen, wo Du nicht authentisch bist, zumal es
in der modernen Gesellschaft so wichtig zu sein scheint, jederzeit eine gute
Figur zu machen (vor allem im Job). Doch wie viel wertvolle Lebenszeit lässt Du
verstreichen, indem Du Dinge tust oder Situationen, Gespräche etc. duldest, wo
Du eine falsche Akzeptanz hast? Authentisch in Bezug auf Deine eigene
Inauthentizität zu werden, eröffnet eine neue Spielwelt.
Experiment
1: Erstelle Deine persönliche Inauthentizitäts-Liste
Erstelle eine persönliche
Inauthentizitäts-Liste und schreibe einmal radikal ehrlich bzw. aufrichtig auf,
in welchen Situationen Du eine falsche Akzeptanz hast. Interessante Fragen
könnten in diesem Zusammenhang auch folgende sein:
- Wo sagst Du ja, aber meinst nein (oder umgekehrt)?
- Was würdest Du aus Deinem alltäglichen Leben gerne streichen?
- Wo hast Du Dir bisher selbst in die Tasche gelogen?
- Was ist für Dich eigentlich nicht mehr stimmig?
- Wenn die Umstände irrelevant wären und Geld keine Rolle spielen würde, was würdest Du dann am liebsten tun?
Authentisch
in Bezug auf die eigene Inauthentizität zu werden, hängt sehr eng mit radikaler
Ehrlichkeit bzw. Aufrichtigkeit zusammen. Jedoch ist der herkömmliche Begriff Ehrlichkeit oftmals mit einer bestimmten
Bedeutung verknüpft, die es nicht sehr attraktiv macht, ehrlich in Bezug auf unsere
eigene Inauthentizität zu werden. Es kann daher hilfreich sein, sich den
Unterschied von Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit einmal klar zu machen.
Ehrlichkeit (Alte Sichtweise)
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Aufrichtigkeit (Neue Sichtweise)
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Dumm.
Naiv. Nicht hilfreich
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Schafft
Klarheit (ich fühle, ich brauche, Grenzen setzen)
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Verletzend.
Unhöflich. Unbequem
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Respektvoll.
Würdevoll. Integer
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Es
geht um gut/schlecht, richtig/falsch, positiv/negativ
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Wertfrei.
Es geht um Mitteilen und Unterscheidungen
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Versuchen
zu wissen, zu erklären, zu verstehen, zu analysieren.
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·
Kommt
vom Nichtwissen – ist eine direkte Erfahrung
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Basiert
auf Phrasen, Glaubenssätze, Meinungen
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Basiert
auf Gefühlen im Hier und Jetzt
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·
“Ich
habe die Wahrheit. Jetzt sag ich Dir mal was“. Unberechenbar
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Je
aufrichtiger ich bin (zu mir selbst und anderen) desto sicherer bin ich
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Ein
Werkzeug, um Deine Ego zu schützen. Machtinstrument
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Ein
Werkzeug um Klarheit und Möglichkeit zu schaffen
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Wird
oft als Kritik, Verurteilung oder Beschuldigung gesehen
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Wertschätzung
aus Liebe
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Du-Botschaften
(z. B. „Du solltest…“)
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Ich-Botschaften
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Besserwisserei
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Selbst-kritisch.
Reflektierend. Innenschau
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Kreiert
Distanz. Trennt
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Kreiert
Offenheit und Verletzlichkeit
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Zerstört
Nähe und Vertrautheit
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Öffnet
einen Raum von Nähe und Vertrautheit
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Ist
eng und limitiert. Nur bis zu einem gewissen Grad okay, bis zu dem Du die
Kontrolle hast
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Bedeutet
Weite. Sich ganz zeigen
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Nicht
attraktiv
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Sehr
attraktiv
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In dem Film „Das Brandneue Testament“
sorgt ein kleines Mädchen dafür, dass alle Menschen auf der Welt per Smartphone
ihre individuelle, noch verbleibende Lebenszeit als Count-Down und mit dem
jeweils spezifischen Todes-Datum erhalten. Was ist die Reaktion von vielen? Sie
beginnen die Dinge zu tun, die ihnen wirklich wichtig sind. Sie hören auf, Wünsche,
Bedürfnisse, Träume aufzuschieben. Sie setzen sich nicht länger Menschen oder
Situationen aus, die ihnen Energie rauben. Sie kündigen die Jobs, die sie nicht
erfüllen. Sie gehen in authentischen Kontakt mit Menschen, die sie schätzen.
Interessanterweise erleben wir dieses
Phänomen im realen Leben oftmals, wenn wir uns der Vergänglichkeit bewusst
werden, was in unserer Gesellschaft meist erst mit Krankheiten oder dem Tod
Menschen passiert, die uns wichtig sind. Würden wir also mit größerer
Bewusstheit und Achtsamkeit durchs Leben gehen, würden wir uns mehr auf die
wirklich wichtigen Dinge im Leben konzentrieren. Wie wichtig nehmen wir uns
stattdessen und meinen, aus Pflicht, Karrieredenken, Geltungsbedürfnis oder
ähnlichem heraus Dinge tun zu müssen, die uns eigentlich nicht entsprechen und
uns nicht erfüllen?
Experiment
2: Verbinde Dich wieder mit dem Rhythmus der Natur
Verbinde Dich wieder mit der Natur und
nutze die aktuelle Jahreszeit dazu, Dinge loszuwerden, die Dich nicht erfüllen,
Dir Energie rauben und die Du eigentlich nicht akzeptierst. Wirf die Blätter
von Deinem Baum ab. Lasse die Dinge sterben. Kreise von Deiner oben erstellten
Inauthentizitätsliste 3 Punkte ein, die Du in den nächsten 4 Wochen verändern wirst.
Kläre Deinen Raum, miste aus, hol Dir Deine Energie zurück, lasse Dinge
sterben, die für Dich nicht mehr funktionieren.
Experiment
3: Teile Deine Inauthentizität mit
Dieses Experiment könnte bedeuten,
dass ein Teil von Dir selbst sterben muss, damit ein neuer Teil geboren werden kann.
Möglicherweise stirbt der Teil, der anderen bisher vorgegaukelt hat, alles im
Griff zu haben und alles zu können. Dir selbst gegenüber authentisch in Bezug
auf Deine Inauthentizität zu werden ist das eine. Diese jedoch einer anderen
Person mitzuteilen und Dich dadurch verletzlich zu zeigen, ist das andere. Das
Experiment besteht darin, dass Du einer vertrauten Person die 3 Punkte mitteilst
und sie bittest, Dein Buddy zu sein. Bitte sie, Dich immer wieder an diese
Punkte zu erinnern, sodass Du sie tatsächlich innerhalb der nächsten 4 Wochen
veränderst und Dich nicht selbst beschummelst. Sobald Du Deine eigene
Inauthentizität mitteilst passiert zudem etwas Großartiges: Deine Beziehung zu
der Person geht auf eine neue Ebene, allein dadurch, dass Du aufrichtig in
Bezug auf Deine eigene Inauthentizität bist und erreicht dadurch eine neue
Tiefe.
Bist Du bereit für mehr Authentizität
in Deinem Leben?
Herzlich authentische Grüße,
Nicola Nagel
GIB DEINEM LEBEN EINE NEUE RICHTUNG!
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