Steckst Du in dem einen
oder anderen Lebensbereich fest, oder hast Du in der Vergangenheit schon einmal
festgesteckt? Die meisten werden dies schon erlebt haben. Wenn Du feststeckst,
dann hast Du den Eindruck, es geht nicht vorwärts und nicht rückwärts.
Eventuell hast Du es auch schon erlebt, dass Sätze wie „Ich weiß nicht, was ich
tun soll“ oder „Ich weiß nicht, wie ich es verändern soll“ durch Deinen Kopf.
Hier sind zwei Beispiele:
Beispiel 1: „Ich stecke
im Job fest“
Stell Dir vor, Du hast
einen Chef oder eine Chefin, die enormen Druck ausübt, sodass Du Dich
letztendlich in Deinem Job gestresst fühlst. Du bekommst immer mehr Aufgaben
und versuchst dieser Aufgaben Herr zu werden, denn schließlich möchtest Du
Deinen Job nicht verlieren. Doch eigentlich fragst Du Dich, wie Du das nur
schaffen sollst. Du weißt nicht, wie Du aus dem Hamsterrad aussteigen kannst
und machst daher weiter wie bisher, möglicherweise so lange, bis Du völlig
erschöpft bist und krank wirst.
Beispiel 2: „Ich stecke
in meiner Beziehung fest“
Vielleicht steckst Du
auch in Deiner Beziehung fest, z. B. in der Form, dass Du Dich mit Deinem
Partner/Deiner Partnerin immer wieder in Streits oder Diskussionen
wiederfindest und Du mittlerweile der festen Überzeugung bist, dass nichts
anderes möglich ist. Eventuell passiert auch genau das Gegenteil und Du steckst
fest in der Situation, dass Ihr nicht mehr viel miteinander sprecht, Distanz da
ist und Du Dich fragst, welche gemeinsame Basis Ihr eigentlich habt. Du sagst
Dir: „Ich würde ja gerne eine andere Art von Nähe und Intimität leben, aber ich
weiß nicht wie. Mit ihm/ihr ist das nicht möglich. Jedes Mal, wenn ich es
probiere, kommen wir wieder in das alte Muster und streiten. Er/Sie sieht mich
einfach nicht.“
Es gibt noch viele
andere Beispiele des Feststeckens. Die spannende Frage ist jedoch, wie Du in
Bewegung kommst, wenn Du meinst, festzustecken. Dafür ist es notwendig kurz zu
beleuchten, wie Du überhaupt in eine festgefahrene Situation kommst.
Wenn Du feststeckst,
dann meinst Du in dem Moment, dass nichts anderes möglich ist. Du wünschst Dir
vielleicht etwas anderes, weißt aber nicht, wie Du aus der eigentlichen
Situation rauskommen sollst. Du deklarierst „Es IST so!“ „Nichts anderes ist
möglich.“ „Ich stecke fest“. Das bedeutet, dass Du komplett mit Deinen Gedanken
und Geschichten über die Situation identifiziert bist und auch fortlaufend
Gründe dafür findest, warum es so ist. Die Welt ist reich an Beweisen, und
welche Geschichte Du auch immer untermauern willst, Du wirst die Beweise
finden.
Hast Du die
festgefahrene Situation, dass Dein Chef ein Idiot ist, dann wirst Du jeden Tag
im Job Beweise finden, dass er z. B. schon wieder einen gemeinen Drall in der
Stimme hatte, oder nicht gegrüßt hat, oder was auch immer. Wenn Du die
festgefahrene Situation in Deiner Beziehung hast, dass Nähe mit Deinem
Partner/Deiner Partnerin nicht wirklich möglich ist, dann wirst Du eine Menge
Beweise finden, z. B. dass er/sie jeden Abend müde auf dem Sofa liegt, dass er
Dir vielleicht schon lange keine Blumen mehr mitgebracht hat, oder sie schon
lange nicht mehr „Ich liebe Dich!“ gesagt hat.
In dem Moment, wo Du
meinst Festzustecken, bist Du in einer Opfer-Haltung. Du bist Opfer der
Umstände, Opfer der Situation, Opfer des Feststeckens. Vielleicht sagst Du
jetzt „Ja, toll, und wie komme ich da raus?“ Hier sind 3 wichtigen Schritte, um
in Bewegung zu kommen.
SCHRITT
1: Gesteh Dir ein, dass Du feststeckst
Dir einzugestehen,
dass Du feststeckst, ist der erste Schritt. Dir das einzugestehen, kann
möglicherweise schmerzhaft sein, vor allem wenn Du zu den Menschen gehörst, die
normalerweise alles im Griff haben und gerne für alles eine Lösung haben. Um
Dir einzugestehen, dass Du feststeckst, mache einmal folgendes Experiment:
·
Schreibe
die Lebenssituation auf, in der Du feststeckst. Wer sind die Beteiligten? Worum
geht es genau? In welcher Form steckst Du fest? Was passiert da genau?
·
Dann
schreibe Deine ganzen Beweise für diese Situation auf. Welches sind konkret die
Beweise, die Deine Geschichte des Feststeckens untermauern? Sie präzise. Und
sei vor allem radikal ehrlich, auch wenn Du Beweise anführst, die Dir
vielleicht peinlich sind. Es liest ja niemand außer Dir. Hier geht es darum,
dass Du es Dir selbst eingestehst.
SCHRITT
2: Dein Nutzen, festzustecken
Nun da Du Klarheit
über Deine Situation und die ganzen Gründe hast, geht es ans Eingemachte. Ein
Teil in Dir möchte diesen zweiten Schritt vielleicht gar nicht machen. Wenn Du
wirklich in Bewegung kommen willst, mach ihn trotzdem!
In Schritt 1 hast Du
gerade aufgeschrieben, wo Du Opfer des Feststeckens bist. Jetzt geht es darum,
dass Du aufschreibst, was Dein Nutzen davon ist. Was ist der Nutzen davon, dass
Du feststeckst und immer wieder Beweise für die festgefahrene Situation
findest? Möglicherweise sagt eine Stimme in Dir „Wie, Nutzen? Ich habe davon
doch keinen Nutzen! Das Feststecken ist Mist! Ich will ja etwas anderes.“ Und
doch hast Du einen Nutzen davon, sonst hättest Du bereits etwas anderes im
Leben. Es geht darum, dass Du beginnst, Verantwortung für Dein
Feststecken zu übernehmen. Beantworte dazu folgende Fragen:
- Wie hast Du dazu beigetragen, dass Du feststeckst?
- Was konntest Du durch das Feststecken bisher vermeiden?
- Was musstest Du nicht tun?
- Was hast Du dadurch eventuell bekommen?
- Was war bisher der Nutzen?
Es geht bei diesem Schritt also nicht
um die anderen beteiligten Personen, sondern um Dich. Was ist DEIN Nutzen des
Feststeckens. Verantwortung für Dein Feststecken zu übernehmen, scheint im
ersten Moment nicht fair. Doch wenn Du in Bewegung kommen willst, kommst Du um
diesen Schritt nicht herum. Im Folgenden findest Du Schritt 2 angewandt auf die
beiden oben genannten Beispiele.
Beispiel 1: Der Nutzen, im Job
festzustecken
Lass uns das obige Beispiel wieder
hernehmen. Vielleicht hast Du in der Form zum Feststecken im Job beigetragen,
dass Du nie glasklar NEIN gesagt und eine Grenze gesetzt hast, als das
Arbeitspensum längst erreicht war. Du bist nicht für Dich eingestanden, sondern
hast Deine Autorität an Deinen Chef abgegeben und Dich angepasst verhalten. Möglicherweise
ist Dein sehr großer Nutzen auch der, dass Du Anerkennung und Aufmerksamkeit
von Kollegen oder Deinen Lieben bekommst, wenn Du gestresst nach Hause kommst,
weil Du wieder so viel gearbeitet hast. Aufmerksamkeit ist ein toller Nutzen!
Vielleicht musst Du Dir bei so viel Stress auch nicht eingestehen, dass Du den
Job eigentlich gar nicht machen möchtest. Dadurch musst Du Dich nicht der Angst
aussetzen, was passiert, wenn Du kündigst. … und so weiter. Sei radikal
ehrlich.
Beispiel 2: Der Nutzen, in Deiner
Beziehung festzustecken
Wenn Du mit Deinem
Partner immer wieder streitest oder Ihr umgekehrt nicht mehr viel miteinander
sprecht und Du in dieser Situation feststeckst, wie hast Du dazu beigetragen
und was könnte Dein Nutzen sein? Möglicherweise hast Du in der Form dazu
beigetragen, dass Du irgendwann aufgehört hast, Deinen Partner wertzuschätzen.
Vielleicht teilst Du auch nicht mehr mit, welche Dinge Dich bewegen. Der Nutzen
davon könnte sein, dass Du Dich nicht verletzlich zeigen musst und dadurch
nicht riskieren musst verletzt zu werden. Du kannst im Bekannten bleiben. Ein
weiterer Nutzen kann auch sein, dass Du Mitleid von Deinen Freunden bekommst,
wenn Du Dich bei ihnen über Deine Beziehung beschwerst. Außerdem musst Du Dich
nicht der Angst stellen, die aufkommt, wenn echte Nähe und Intensität entsteht.
Du siehst, auch da gibt es einen interessanten Nutzen, wenn Du radikale
Verantwortung übernimmst.
Schreibe einmal genau
auf, was Dein Nutzen ist, wenn Du radikale Verantwortung für Dein Feststecken
übernimmst.
SCHRITT
3: Wie lautet Deine Entscheidung?
Nachdem Du nun
Klarheit über die Situation, die Beweise dafür und Deinen Nutzen des
Feststeckens hast, besteht Schritt 3 darin, eine gefährliche Frage zu
beantworten, und zwar aus Deinem Körper heraus, nicht aus Deinem Verstand.
Atme, komm in Deinen Körper, spüre in Deinem Körper den Schmerz des
Feststeckens ganz bewusst und beantworte aus dem heraus folgende Frage:
Hast
Du lange genug festgesteckt?
Stelle Dir diese Frage
ernsthaft und beantworte sie aus Deinem Körper heraus, nicht aus dem Verstand.
Falls Deine Antwort JA lautet, kannst Du beginnen, Deine Geschichte zu
verändern. Dann bist Du bereit, Deinen bisherigen vermeintlichen Nutzen
aufzugeben und etwas völlig neues zu wagen. Dann ist Dir klar, dass Du zu
dieser Situation und dem Feststecken beigetragen hast und somit auch
Verantwortung übernehmen kannst, etwas Neues zu kreieren.
Ist Deine Antwort
NEIN, dann ist das nicht gut und nicht schlecht. Es bedeutet einfach, dass es
einen Teil in Dir gibt, der nicht bereit ist, Verantwortung für die Situation
zu übernehmen, weil Dein Nutzen noch zu groß ist. Vielleicht erfindest Du dann
Geschichten wie „Ja, vielleicht ändert er/sie/die Situation sich ja und dann
ist alles anders!“ In dem Fall ist es bequemer für Dich, weiter festzustecken
und das Leben an Dir vorbei ziehen zu lassen. Dann machst Du Dir den Schmerz
des Feststeckens nicht in seinem vollen Ausmaß bewusst, denn sonst würdest Du
etwas verändern. Sei Dir einfach bewusst, dass es Deine kostbare Lebenszeit
ist, die Du durch das Feststecken vergeudest. Du bekommst sie nicht zurück.
Etwas zu verändern und
aus dem Feststecken herauszukommen kann beängstigend sein. Du verlässt
bekanntes Gebiet und probierst vielleicht etwas Neues aus. Es ist absolut
angemessen Angst zu haben. Doch anstatt sich von der Angst blockieren zu
lassen, kannst Du sie einfach als Indikator dafür nehmen, dass Du aus etwas
Bekanntem ausbrichst und nicht weißt, was dann passiert. Das braucht Mut.
Vielleicht hilft es Dir, an dem Punkt dann folgendes in Betracht zu ziehen:
Mut ist nicht das Ausbleiben von
Angst.
Mut ist die Entscheidung, dass etwas
anderes wichtiger ist, als die Angst.
Ziehe zudem einmal in
Betracht, dass Du nicht bereits wissen musst, wie das Neue geht. Du musst es
auch nicht alleine tun, sondern kannst Dir jederzeit Unterstützung holen in
Form von Freunden, erfahrenen Trainer, oder was es auch immer braucht. Die
einzige Frage, die zählt, ist:
War es jetzt lange
genug?
In diesem Sinne,
herzlich bewegende Grüße,
Nicola