Donnerstag, 12. April 2012

Burnout - Killer auf leisen Sohlen


Es ist erschreckend: die häufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit und Frührente sind psychische Krankheiten. Einen Spitzenreiterplatz nimmt dabei der sogenannte Burnout ein. In Deutschland beträgt die Zahl der offiziell gemeldeten Burnout-Fälle gut 9 Millionen, Tendenz steigend. Die Dunkelziffer liegt weit höher. Burnout kann jeden treffen, ganz egal ob Manager, Werksarbeiter, CEO, Sekretärin oder Buchhalter. Vor dem leisen Killer ist keiner gefeit.  

Burnout ist wie viele andere psychische Symptome eine Krankheit der Moderne, der schnell-lebigen Zeit. Wir leben in einer Zeit, in der sich die Dinge immer schneller verändern, der Druck im Job immer größer wird, die Anforderungen steigen, und mehr denn je Leistung gefordert wird. Burnout ist vor allem deswegen so tückisch, weil er schleichend kommt. Meist merken die Betroffenen die ersten Anzeichen gar nicht, bis sie schließlich derart psychisch angeschlagen sind, dass sie ihrem täglichen Job nicht mehr nachgehen können.  

Doch was ist Burnout denn nun genau? Burnout heißt ja einfach übersetzt nichts anderes als ausgebrannt sein. Und genau dieses Ausgebrannt-Sein beschreiben die Klienten, die mit Burnout in meine Coachings kommen, gerne auch mit folgenden Begriffe:  

·         Müde
·         Schlapp
·         Ausgelaugt
·         Depressiv
·         Lethargisch
·         Entscheidungsunfähig
·         Gereizt
·         Genervt
·         Unmotiviert
·         Nicht mehr belastbar
·         Alles ist zu viel
·         Unkonzentriertheit
·         Fehlende Fokussierung
·         Angst zu versagen

 Die Liste an Begriffen könnten wir an dieser Stelle sicher noch weiterführen, doch geht es hier nur darum, einige beispielhaft zu erwähnen.  

Doch wie kommt es nun zum Burnout und was kann man vor allem dagegen tun?

Es ist sicher schon viel über dieses Thema geschrieben worden. Warum also ein weiterer Artikel? Aus dem Grund, weil mir bei allen Berichten und Untersuchungen, die erstellt werden, bisher ein ganz entscheidender Aspekte fehlt und zwar das Thema Gefühle. Denn ganz ehrlich: meines Erachtens sind Burnout Kandidaten in keinster Weise psychisch krank. Ihnen hat bloß noch keiner etwas über Gefühle und die Vermischung von verschiedenen Gefühlen erzählt, geschweige denn, sie über bewusste Gefühlsarbeit wieder zu ihrer ursprünglichen Kraft zurück geführt. 

Burnout ist nichts anderes als eine Vermischung von verschiedenen Gefühlen über einen sehr langen Zeitraum. Der Vorbote davon ist permanenter Stress. Doch bevor wir uns dem Kernthema widmen, ist es notwendig, zunächst einige Überlegungen zum Thema Gefühle anzustellen, ein Thema, das in der Arbeitswelt tabu ist. Unsere moderne Gesellschaft trainiert uns dahingehend, dass es nicht okay ist zu fühlen. Besonders im Job ist es nicht angemessen, Gefühle zu zeigen, denn das gilt in der Regel als unprofessionell und unseriös. Und genau da fängt das Dilemma an. 

Warum ist es zum Beispiel nicht okay, wütend zu sein? Nun, Wut wird allgemein als zerstörerisch, gefährlich, kindisch, negativ, unprofessionell, destruktiv und verletzend angesehen. Da ist man gut beraten, nicht zu zeigen, dass man wütend ist.  

Wie wird Traurigkeit in der Regel gesehen? Traurigkeit ist ebenfalls kindisch und unprofessionell, zieht andere herunter, verbreitet schlechte Stimmung und ist unlogisch. Im Job hat sie außerdem gar nichts verloren, denn was sollen die Kollegen denken? 

Wie steht es um die Angst? Angst gilt es bitte gänzlich zu vermeiden, denn Angst ist ebenfalls unprofessionell, blockierend und negativ. Wer Angst hat, ist ein Feigling und Weichei und außerdem ist Angst keine Eigenschaft einer starken Führungskraft.  

Bleibt noch ein viertes Gefühl, die Freude? Freude ist für die meisten Menschen noch das einigermaßen „positive“ Gefühl. Was passiert jedoch, wenn Sie den ganzen Tag gut gelaunt und grinsend im Büro sitzen? Sie werden gefragt, ob Sie nicht genug Arbeit haben, einen Clown gefrühstückt haben, die Nachrichten noch nicht gehört haben oder gar auf Drogen sind. Zu viel Freude ist ebenfalls unprofessionell, ja kindisch, albern und macht andere sehr schnell neidisch.  

Und damit hätten wir alle Gefühlsbereiche schon durch. Es gibt nur diese 4 Gefühle: Wut, Traurigkeit, Angst und Freude. Dies sind sogenannte Gefühls-Territorien, d. h. es mag andere Begriffe für Gefühle geben, die jedoch allesamt einem dieser Territorien zugeordnet werden können. So wäre Hass zum Beispiel der Wut zuzuordnen, während Nervosität in den Bereich der Angst gehört. 

Soweit so gut. Was haben jetzt diese 4 Gefühle mit Burnout zu tun? Eine ganze Menge. Das Entscheidende ist nämlich, dass wir diese 4 Gefühle nicht nur unbewusst fühlen und unterdrücken, sondern auch noch miteinander vermischen. Gefühle miteinander zu vermischen ist nicht gut und nicht schlecht, es produziert einfach nur ganz bestimmte Ergebnisse, die eben im schlimmsten Fall zum Burnout oder nervlichen Zusammenbruch führen können.  

Im Folgenden finden Sie eine Darstellung über die Vermischung von Gefühlen nach Clinton Callahan*:

                                                              

Die Vermischung von Gefühlen führt in den meisten Fällen zu Krankheiten, die ihren Ursprung auf der psychisch-seelischen Ebene haben. Lassen Sie uns diese Vermischung einmal im Detail anschauen.

Vermischen Sie Wut und Traurigkeit miteinander, bekommen Sie das, was im Volksmund als Depression bekannt ist. Auch wenn es sicherlich einige Depressionsarten gibt, die genetisch bedingt sind, so sind doch die meisten Fälle auf eine Vermischung von Wut und Traurigkeit zurückzuführen und die fehlende Klarheit darüber, wie man bewusst diese Gefühle trennen und einzeln ausdrücken kann. Depressive Menschen fühlen sich hoffnungslos und sehen keinen Ausweg, was auch eine Folge von Arbeitsüberlastung sein kann.

Eine Vermischung von Traurigkeit und Angst ergibt das Gefühl der Isolation. In diesem Zustand möchte die Person niemanden sehen, zieht sich komplett zurück und will sich nur vergraben. Dies können in einem Unternehmen z. B. auch Eigenbrödler sein, die den Kontakt zu Kollegen vermeiden und sich dadurch selbst ausgrenzen.

Eine Vermischung von Freude und Angst führt zu Leichtsinn oder auch Übermut. Adrenalin-Junkies vermischen gerne Angst und Freude, sei es z. B. beim Achterbahnfahren, beim Schnellfahren mit dem Auto oder dem Motorrad oder beim Bungy-Jumping.

Eine Vermischung von Wut und Freude ist die sogenannte Schadenfreude. Dies tritt auf, wenn sich jemand freut, weil ein anderer Schaden oder Schmerzen hat. In Firmen ist Schadenfreude recht häufig zu finden, z. B. wenn sich jemand freut, dass ein anderer die Beförderung nicht erhalten hat, oder in einem Meeting vor versammelter Mannschaft einen Fehler macht. Schadenfreude kann stumm sein, also nur innerlich ablaufen oder ganz offensichtlich ausgespielt werden. Schadenfreude ist oftmals auch der Nährboden für Intrigen und Mobbing im Job.

Eine Vermischung von Wut und Angst ergibt Hysterie, ein Gefühl, das in unterschiedlichster Ausprägung ebenfalls häufig bei Mitarbeitern vorkommt. Denken Sie nur an Besprechungen, in denen plötzlich jemand laut wird, weil ein Kollege Fakten liefert, die die eigenen Interessen hinfällig werden lassen. Hysterie muss dabei nicht immer in schrillem Kreischen enden, wie es Frauen sehr gerne nachgesagt wird, doch ist diese Vermischung oft sehr gut am Tonfall erkennbar. Hysterie bei Männern kann sich z. B. durch einen gewissen Panik-Ton bemerkbar machen, während man ihnen ansieht, dass sie innerlich vor Wut kochen.

Die Vermischung von Freude und Traurigkeit ist nichts anderes als Sentimentalität, Melancholie oder Nostalgie. Dies kann in Unternehmen u. a. im Rahmen eines Change Management Projektes auftreten. Wenn z. B. 4 Kollegen lange ein Büro geteilt haben und aufgrund einer Umstrukturierung nun in neue Büros aufgeteilt werden, so kann zum einen Freude bei den Betroffenen da sein, dass sie in ein neues Büro ziehen. Andererseits kann aber auch gleichzeitig Traurigkeit da sein, dass sie nicht mehr in der gewohnten Konstellation zusammensitzen.

Und noch einmal: die Vermischung von Gefühlen ist nicht gut und nicht schlecht. Sie produziert lediglich bestimmte Ergebnisse. Wenn Sie Gefühle vermischen, dann ist das wie ein Gefühlsschleim, der sich innerlich zu einem Kloß formt und Sie träge macht. Sie sind dann nicht mehr im Fluss, sind geistig und physisch nicht mehr so beweglich.  

Nun kommt die Steigerung: die Vermischung von 3 Gefühlen (z. B. Wut, Traurigkeit und Angst) führt zu Eifersucht, Habgier oder Neid. Dabei können die Zusammensetzungen der jeweiligen Gefühle individuell recht unterschiedlich sein (z. B. 35% Wut, 40% Angst, 25% Traurigkeit). Und Sie können über ein und dieselbe Sache wütend, ängstlich und traurig sein.  

Lassen Sie uns nun zurückkommen auf unser eigentliches Thema. Wenn Sie 4 Gefühle über einen längeren Zeitraum miteinander vermischen, dann kommt es zum Burnout oder nervlichen Zusammenbruch. Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter ist wütend, weil er immer mehr Arbeit auf den Tisch bekommt und jeden Tag bis 20 Uhr im Büro sitzt. Er hat gleichzeitig Angst, weil er befürchtet, die Arbeitslast nicht termingerecht bewältigen zu können. Er ist traurig, weil er kaum noch Zeit für seine Familie hat. Stellt sich die Frage, wie Freude in diese Vermischung noch reinspielt. Nun, ein Burnout Kandidat kann z. B. ein Workaholic sein, der unbewusst Freude empfindet, wenn er wieder eine Aufgabe fertig bekommen hat. Oder er fühlt sich froh, weil er in 6 Monaten für 2 Wochen mit seiner Frau in den Urlaub fährt. Die Auslöser für die 4 Gefühle können ganz unterschiedlicher Natur sein.  

Fakt ist, dass beim Burnout diese 4 verschiedenen Gefühle über einen längeren Zeitraum vermischt werden. Der Vorbote vom Burnout ist übrigens Stress. Damit fängt es meist an.

Und da es in der Regel als nicht angemessen angesehen wird, Gefühle zu zeigen, drücken viele Menschen ihre Gefühle weg, um ein professionelles und seriöses Bild abzugeben.   

Um einem Burnout zu entkommen, ist es entscheidend, Klarheit über die 4 Gefühle zu bekommen und zu lernen, sie wieder klar getrennt voneinander zu fühlen und zum Ausdruck zu bringen. Die Gefühle sind im Menschen fest installiert und dienen uns eigentlich als Navigations-System, das uns zielsicher durch das Leben führt. Nur leider gibt es in der Schule oder im Studium kein Fach „Gefühle – wie sie uns professionell dienen“. Stattdessen lernen wir, die Gefühle wegzudrücken und eine möglichst hohe Taubheitsschwelle zu erreichen.  Lang unterdrückte Gefühle sind jedoch wie ein Vulkan, der im Stillen brodelt. Irgendwann explodiert er. Das können dann plötzliche, unkontrollierte Gefühlsausbrüche sein, Burnout oder andere Krankheiten, die entstehen. Von Ausschlägen, über Bluthochdruck bis hin zu Krebs ist alles denkbar. Warum denken Sie, werden die meisten Menschen krank, wenn sie endlich länger Urlaub haben oder schließlich in Rente gehen? Weil sie dann das starre Konstrukt, dass sie den Rest der Zeit mit viel Energie aufrecht erhalten, etwas lockern und der Körper endlich einmal sprechen kann, wie es ihm geht.  

Burnout ist ein Killer auf leisen Sohlen. Die meisten merken es erst, wenn es schon zu spät ist. Stress im Job und im Familienleben sind heute so selbstverständlich, dass es schon fast unnormal ist, wenn man nicht gestresst ist. Eine Einstellung in unserer Gesellschaft, die den Burnout sehr fördert, ist die, dass viele meinen, sie gelten erst etwas, wenn sie erzählen können, wie gestresst sie sind. Dann nämlich, haben sie viel zu tun, sind wichtig, nicht abkömmlich und erhalten so von anderen die notwendige Anerkennung und Bewunderung. Dass der Zusammenbruch  - in welcher Schwere auch immer – vorprogrammiert ist, ist vielen nicht klar.  

Wenn ein Burnout-Kandidat (und auch jeder andere) jedoch wieder lernt, die Gefühle bewusst zu fühlen, klar voneinander getrennt, dann dockt er wieder an seine ursprüngliche Kraft an. Der erwachsene, menschliche Körper ist darauf ausgelegt, 100% Maximum aller Gefühle zu fühlen und diese Energie zu nutzen. Denn Gefühle sind neutrale Energie und Information, die uns professionell dienen.  

Ich empfehle übrigens, nicht zu versuchen, die Gefühle zuhause auf dem Sofa nach Feierabend selbst auszupacken und damit zu experimentieren, wie Sie diese wieder klar fühlen können. Der Schuss kann sehr schnell nach hinten losgehen. Lang unterdrückte Gefühle können mit einer enormen Wucht zurück kommen. Für diese Arbeit ist daher ein geschützter Raum notwendig, in dem ein professioneller Trainer und Coach Sie unterstützt. Sie brauchen jemanden, der selbst vollen Zugang zu der Kraft der Gefühle hat und weiß, wo Sie gerade sind. Es geht nicht um Katharsis, also darum, einfach die Gefühle wild raus zu lassen. Es geht um bewusste Gefühlsarbeit und die Erschließung der darin liegenden Kraft und des Potenzials. 

Ein Raum, in dem die Mitarbeiter regelmäßig genau diese Arbeit machen können, wäre für jedes Unternehmen ein Gewinn. Ein Raum, in dem sie lernen, ihre Gefühle wieder in Besitz zu nehmen und für ihren Job zu nutzen, anstatt sie wegzudrücken. Ein Raum, in dem die Mitarbeiter wieder lernen die Kraft und das Potenzial der Gefühle zu erschließen und für das Unternehmen einzubringen. Was für ein unglaubliches, kreatives Potenzial würde dadurch in den Firmen zum Tragen kommen! Wenn Ihre Firma für dieses Experiment bereit ist, lassen Sie es mich wissen. Die Erfahrung zeigt, dass die Mitarbeiter nach genau diesem Raum suchen, um nicht in die Burnout Falle gezogen zu werden.

                                                                                              (Autorin: Nicola Nagel)



*Buchtipp: Falls Sie mehr über die Weisheit und Kraft der Gefühle wissen möchten, empfehle ich Ihnen das Buch „Die Kraft des bewussten Fühlens“ von Clinton Callahan.



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